Nicht amtliche Leitsätze des BGH, Urteil des X. Zivilsenats vom 30.9.2014 - X ZR 126/13 - :
Verspätet sich der Flug, so darf deswegen zwar gleichzeitig ein Ausgleich bei der Fluggesellschaft und zudem Minderung des Reisepreises bei dem Reiseveranstalter verlangt werden; jedoch ist der Ausgleich nach dem europäischen Flugrecht auf den Minderungsbetrag nach dem deutschen Reiserecht anzurechnen.
Die Klägerin buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Der Abflug verzögerte sich um sage und schreibe 25 Stunden. Aufgrund dieser Verspätung machte sie gegenüber der Airlines einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 600 € erfolgreich geltend (nach Fuggastrechteverordnung (EU-Verordnung Nr. 261/2004/EG). Gleichzeitig minderte sie gegenüber dem Reiseveranstalter, bei welchem sie diese Pauschalreise buchte, den Reisepreis in Höhe von 5 % des anteiligen Tagesreisepreises ab der fünften Stunde der Verspätung. Es kam, wie es kommen musste: Der Reiseveranstalter erkannte die Minderung nicht an und verweigerte eine Rückerstattung.
Im Prinzip müssen sowohl Reiseveranstalter als auch die Fluggesellschaft haften, jedoch kann die "Entschädigung" nicht doppelt verlangt werde.
Im Einklang mit den Vorinstanzen entschied der BGH nun, dass aufgrund einer Verspätung gleichzeit Minderung des Reisepreises nach dem deutschen Reiserecht von dem Reiseveranstalter und zudem
Ausgleich nach dem europäischen Flugrecht von der Fluggesellschaft verlangt werden kann. Allerdings ist der eine Ausgleichsbetrag auf den anderen anzurechnen.
"Da die verlangte Minderung im Streitfall ausschließlich zum Ausgleich derselben, durch den verspäteten Rückflug bedingten Unannehmlichkeiten dienen sollte, für die bereits die Ausgleichsleistungen erbracht waren, war die Anrechnung geboten" (Pressemitteilung Nr. 138/14 vom 30.9.2014).
Betroffene sollten daher genau überprüfen lassen, von wem sie in einem solchen Fall einen Ausgleich verlangen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich direkt an denjenigen zu wenden, gegenüber dem der höhere Betrag geltend gemacht werden kann: so kann bereits in einem Verfahren das größtmögliche geltend gemacht werden.
Im Zweifel sollte vorsorglich zunächst der Reiseveranstalter angegangen werden, da im deutschen Reiserecht verkürzte Verjährungsfristen von einem Monat nach Reiseende bestehen (siehe § 651 g BGB).