Ohne Vorwarnung und Ankündigung darf Instagram den Account grundsätzlich nicht sperren. Zu Unrecht deaktivierte Accounts sind unverzüglich wieder freizuschalten. Dies gilt umso eher, als
dass der Algorithmus, der für solche "automatische Sperren" verantwortlich ist, oft fehlerhaft arbeitet und ein Konto nicht selten ohne ersichtlichen Grund sperrt (siehe LG
Dresden, Einstweilige Verfügung vom 13.03.2023 - EV 3 O 494/23).
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Ihr Social Media-Konto wurde gesperrt und deaktiviert? Sie sind der Meinung, dass dies zu Unrecht
geschah? Haben Sie gar nichts getan, was die Sperre und Deaktivierung von Instagram, Facebook, TikTok Twitter, etc. rechtfertigen könnte? - Zögern Sie nicht und lassen Sie sich
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Zum Sachverhalt: der Instagram-Algorithmus sperrte und deaktivierte das Instagram-Profil unserer Mandantin ohne ersichtlichen Grund!
Unsere Mandantin ist Erotikdarstellerin. Für Models -gleich aus welcher Branche- ist Instagram enorm wichtig, um sich gegenüber möglichen Auftraggebern zu präsentieren und für "Shootings" oder Drehs gebucht zu werden. In diesem Sinne hat Instagram die klassische "Sedcard" als Portfolio schon seit Jahren ersetzt. Ein gut laufender Instagram-Kanal ist ein starkes Argument, Auftraggeber für sich zu gewinnen.
Eines Tages wurde der Account auf Instagram von jetzt auf gleich und vollkommen unerwartet gesperrt.
"Informationen zum Konto
Dein Konto wurde deaktiviert, da es gegen unsere Gemeinschaftsrichtlinien verstößt. Infolgedessen kannst du dich nicht mehr bei diesem Konto anmelden und auch andere Nutzer können dein Konto nicht mehr sehen. Sexuell anzügliche Inhalte sind auf Instagram nicht erlaubt."
Auf Instagram zeigte sich unsere Mandantin entsprechend sexy, aber niemals nackt. Der ins Feld geführte Sperrgrund machte keinen Sinn. Die Sperre konnte sich unsere Mandantin gar nicht erklären.
In den sogenannten Facebook-Gemeinschaftsstandards heißt es zu "Nacktheit und sexuelle Handlungen von Erwachsenen") wie folgt:
"Folgende Inhalte sind untersagt:
- Bilder von realen nackten Erwachsenen, wenn Folgendes abgebildet ist: [..]
- Bilder mit sexuellen Handlungen, einschließlich: [..]
- Erweitertes Audiomaterial sexueller Handlungen"
Unsere Mandantin konnte in der Folgezeit keine "Überprüfung beantragen". Diese Möglichkeit hatte sie nicht, was sehr unüblich ist.
Deswegen beauftragte sie uns. Wir forderten Instagram dazu auf, die Sperre aufzuheben. Trotz Mahnung
geschah jedoch nichts, was wir auf Kapazitätsengpässe bei Meta schieben. Dies sollte aber nicht das Problem unserer Mandantin sein
und so rieten wir ihr dazu, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen.
LG Dresden: Meta darf den Instagram-Account nicht ohne berechtigten Grund sperren. Ein grundlos deaktiviertes Profil ist zu entsperren!
Das Gericht folgte unserer Auffassung sehr zur Freude unserer Mandantin. Demnach stellte es fest, dass eine Sperre des Social Media-Account grundsätzlich nur rechtens ist, wenn vorher eine Ankündigung bzw. Warnung erfolgte. Dies geschah jedoch nicht. Außerdem sah es das Gericht als nachvollziehbar an, dass ein berechtigter Grund zur Sperre gar nicht vorlag.
"Ein Verstoß gegen die mit der Kontoeröffnung vertragliche vereinbarten Nutzungsbedingungen liegt, wie von der Antragstellerin dargetan und glaubhaft gemacht (eidesstattliche Versicherung, K1) nicht vor. Hinzu kommt, daß das Konto ohne vorherige Anhörung deaktiviert wurde, was grundsätzlich unzulässig ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021, Az. III ZR 179/20, Rn. 87; OLG Dresden Urteil vom 08.03.2022 - 4 U 1050/21, GRUR-RS 2022, 5106 = NJW 2022, 1207)."
- zit. LG Dresden, Einstweilige Verfügung vom 13.03.2023 - EV 3 O 494/23
Die Entscheidung des LG Dresden (Einstweilige Verfügung vom 13.03.2023 - EV 3 O 494/23) gibt es hier:
(Anmerkung: Diese Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig.)
Tenor:
1.
Die Antragsgegnerin wird - einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache - verpflichtet, das seit dem 19.02.2023 gesperrte und deaktivierte Instagram-Konto der Antragstellerin mit dem aktuellen Nutzernamen „XXX“ (URL bis zu Sperre: XXX) wiederherzustellen und ihr die Nutzung ihres Kontos wieder zu ermöglichen.
2.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3.
Streitwert: 6.000,00 €
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin betreibt das soziale Netzwerk mit dem Namen „Instagram“.
Die Antragstellerin ist Nutzerin dieser Plattform und verfügt auf Instagram über das im Antrag näherbezeichnete Konto. Das Konto der Antragstellerin ist mit folgenden Daten verknüpft, die insoweit dazu diesen, sich in den streitgegenständlichen Account einzuwählen:
Name : XXX
Geburtstag: XXX
Anschrift: XXX
mit dem Account verknüpfte E-Mail-Adresse: XXX
URL zum gesperrten Profil: XXX
Am 19.02.2023 sperrte und deaktivierte die Antragsgegnerin das Konto der Antragstellerin. Die Deaktivierung und Sperrung führten dazu, dass das Profil der Antragstellerin sogleich nicht mehr existent war. Die Antragstellerin kann sich wegen der Sperrung fortan nicht mehr in ihr Instagram-Konto einwählen, um es zu nutzen. Darüber hinaus wurde das Konto auch für Dritte deaktiviert, was bedeutet, daß es für Dritte seitdem nicht mehr auffind- und aufrufbar ist.
Ein „Widerspruch“ der Antragstellerin hiergegen bei der Antragsgegnerin blieb ebenso erfolglos wie das anwaltliche Schreiben vom 20.02.2022 (K4) mit fruchtloser Fristsetzung und Nachfristsetzung (K5).
Der Sperre der Antragsgegnerin ging keine vorherige Anhörung einher; vielmehr stellte sich die Sperre aus Sicht der Antragstellerin als vollkommen überraschend dar. Konkrete Gründe wurden der Antragstellerin auch infolge der Sperre, also nachträglich nicht mitgeteilt. Vielmehr wurde der Antragstellerin nur durch eine Fehlermeldung, die infolge des aufgrund der Sperre gescheiterten Anmeldeversuche nur als Hinweis erfolgte, insoweit mitgeteilt, dass sie gegen die „Nutzungsbedingungen“ verstoßen habe. Die Sperre ist dauerhaft.
Die Antragstellerin ist als Erotikmodell tätig, hat sich auf Instagram selbst aber nie nackt gezeigt. Sexuelle Darstellungen und/oder nackte „Tatsachen“ hat sie nicht veröffentlicht. Die Antragstellerin hat sich durchaus sexy gezeigt, aber nackt war sie nicht gewesen.
II.
Der Antragstellerin steht der Anspruch auf Freischaltung des Accounts bzw. auf Aufhebung der Sperrung und Deaktivierung schon gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB zu (OLG Dresden Urteil vom 08.03.2022 - 4 U 1050/21, GRUR-RS 2022, 5106 = NJW 2022, 1207).
Ein Verstoß gegen die mit der Kontoeröffnung vertragliche vereinbarten Nutzungsbedingungen liegt, wie von der Antragstellerin dargetan und glaubhaft gemacht (eidesstattliche Versicherung, K1) nicht vor.
Hinzu kommt, daß das Konto ohne vorherige Anhörung deaktiviert wurde, was grundsätzlich unzulässig ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021, Az. III ZR 179/20, Rn. 87; OLG Dresden Urteil vom 08.03.2022 - 4 U 1050/21, GRUR-RS 2022, 5106 = NJW 2022, 1207). Ferner blieb der Widerspruch der Antragstellerin selbst gegenüber der Antragsgegnerin ebenso fruchtlos wie die daran anschließenden anwaltlichen Aufforderungen mit Frist- und Nachfristsetzung.
III.
Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, daß der mögliche Einwand der Antragsgegnerin, sie könne die Zustellung verweigern, weil ihr die Klage nicht in gälischer oder englischer Sprache zugestellt worden sei nach Rechtsauffassung des Gerichts wie folgt rechtlich einzuordnen sein wird: Da Deutsch keine Amtssprache in Irland ist, kommt es darauf an, ob die Beklagte Deutsch versteht. Dabei ist bei Unternehmen für die Sprachkenntnisse nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung abzustellen, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt (vgl. MüKoZPO/Rauscher, 5. Aufl., EG-ZustellVO Art. 8 Rn.12; Schlosser/Hess/Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht, 4. Aufl., EuZVO Art. 8 Rn. 2a; Geimer in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, Art. 8 EuZVO, Rn. 3). Entscheidend ist insoweit, ob aufgrund Art und Umfangs der Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Land davon ausgegangen werden kann, daß im Unternehmen Mitarbeiter vorhanden sind, welche sich um rechtliche Auseinandersetzungen mit den Kunden in der Landessprache kümmern können. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl. EuGH, Beschluß vom 28. April 2016 – C - 384/14 -, Rn. 79). Daran gemessen, ist davon auszugehen, daß auf Seiten der Antragsgegnerin ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sind. Sie verfügt über mehrere Millionen Kunden in Deutschland und stellt diesen eine in deutscher Sprache gehaltene Plattform-Oberfläche zur Verfügung. Zudem sind im Verhältnis zwischen den Parteien verwendeten Dokumente in deutscher Sprache gehalten, etwa die Nutzungsbedingungen und die sog. Gemeinschaftsstandards (K2, K3). Folglich erwiese sich die Verweigerung der Annahme der nicht übersetzten Schriftstücke als rechtsmißbräuchlich (vgl. EuGH, Beschl.v. 28.04.2016, C - 384/14, Rn. 78 m.w.N., und insgesamt zum Vorstehenden AG Berlin-Mitte, Urt. v. 08.03.2017 - 15 C 364/16 -, Rn. 9 ff.; LG Offenburg 2 O 310/18, Rn. 34 ff.)
IV.
Die vorläufige Streitwertfestsetzung folgt aus 3 § ZPO. Bei einstweiligen Verfügungen ist 1/3 des Hauptsachestreitwertes anzusetzen, der vorliegend also auf 6.000,00 € festgesetzt wird.
Die Entscheidung als Druckversion gibt es hier:
(Anmerkung: Die vorbezeichnete Entscheidung ist anonymisiert, um die Prozessbeteiligten unkenntlich zu machen. Sie ist noch nicht rechtskräftig.)
Die Entscheidung können Sie hier herunterladen:
Erfahrungen mit Social Media - Accountsperren:
Die großen Social Media - Anbieter wie Instagram, Facebook, TikTok, Twitter, etc. hören Ihre Nutzerinnen und Nutzer nur selten an, bevor der Account gesperrt wird. Dies stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung dar. Unberechtigte Sperre sind jedoch aufzuheben. Wenn der Support nicht reagiert, lassen sich Rechtsansprüche auf Freischaltung oftmals auch bei Gericht durchsetzen.
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