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Facebook-Konto wegen eines Beitrags, der angeblich gegen die "Gemeinschaftsrichtlinien" verstoßen soll, gesperrt? - Meta hat die Meiungsfreiheit zu beachten!

Erfahrung zu Social Media Accounts wie Instagram, Facebook, TikTok, Twitter, Snapchat ohne Grund gesperrt und wie sich die Sperre wieder aufheben lässt

Beiträge auf Facebook unterliegen der Meinungsfreiheit. Dies hat auch Meta zu beachten. Wird ein Beitrag wegen einem angeblichen Verstoß gegen die Nutzungs-, Gemeinschaftsrichtlinien oder Gemeinschaftsstandards entfernt, hat Meta dies im Nachgang zu prüfen und den Beitrag wiederherzustellen, wenn er von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Wird hingegen das gesamte Facebook-Konto gesperrt und deaktiviert, dann geht diese Maßnahme zu weit, vor allem wenn der Beitrag mit dem Hinweis  (siehe LG Köln, Einstweilige Verfügung vom 27.03.2023 - 28 O 144/23).



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Zum Sachverhalt: Kristischer Beitrag auf Facebook wurde wegen angeblichem Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards entfernt und darüber hinaus wurde der Facebook-Account gesperrt und deaktiviert!

Unsere Mandant ist bereits lange auf Facebook. Seinen Account nutzt er auch, um sich an politischen und gesellschaftlichen Debatten zu beteiligen. Seine Beiträge sind mitunter auch kritisch. Im konkreten Fall veröffentlichte unser Mandant ein Videobeitrag der BILD-Zeitzeitung und prangerte die dort angesprochenen gesellschaftlichen Missstände an. Er beleidigte niemanden.

 

Gleichwohl wurde der Beitrag zunächst mit folgender Bemerkung entfernt:

"Informationen zum Konto   Dein Konto wurde deaktiviert, da es gegen unsere Gemeinschaftsrichtlinien verstößt. Infolgedessen kannst du dich nicht mehr bei diesem Konto anmelden und auch andere Nutzer können dein Konto nicht mehr sehen. Sexuell anzügliche

"Beim nächsten Verstoß gegen unsere Gemeinschaftsstandards wird dein Konto möglicherweise eingeschränkt oder deaktiviert.

Wenn du der Meinung bist, dass wir etwas missverstanden haben, kann du unserer Entscheidung widersprechen."

 

Im weiteren Verlauf wurde unser Mandant auf Facebook gesperrt. Sein Account wurde deaktiviert, obgleich er seit der Beitragsentfernung keine neuen Beiträge mehr veröffentlichte

 

Er wandte sich an Facebook um die "Überprüfung zu beantragen". Der Meta-Support reagierte aber nicht. Das Facebook-Profil blieb versperrt und so suchte unser Mandant uns auf.

 

Wir forderten Meta zu Freischaltung des Kontos aus und wiesen darauf hin, dass der Beitrag unseres Mandanten zwar kritisch ist, jedoch niemanden beleidige. Gerade in gesellschaftlichen Diskussionen ist es von der Meinungsfreiheit gedeckt, sich kritisch zu äußern. Nachdem Meta aber nicht reagierte, empfahlen wir unserem Mandanten, bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.


LG Köln: Meta darf den Facebook-Account nicht ohne berechtigten Grund sperren. Ein grundlos deaktiviertes Profil ist zu entsperren!

Das Gericht folgte unserer Auffassung sehr zur Freude unseres Mandanten. Demnach stellte es fest, dass eine Sperre des Facebook-Kontos zu Unrecht erfolgt. Meta darf Facebook-Accounts nicht ohne berechtigten Grund sperren.

"Hierzu war sie nicht berechtigt, nachdem sie nach einem Beitrag des Antragstellers vom 23.02.2023 diesem mitteilte: "beim nächsten Verstoß gegen unsere Gemeinschaftsstandards" werde sein „Konto möglicherweise eingeschränkt oder deaktiviert", und der Antragsteller, wie von ihm glaubhaft gemacht wurde, bis zur Sperrung keine weiteren Beiträge einstellte."

 

- zit. LG Köln, Einstweilige Verfügung vom 27.03.2023 - 28 O 144/23



Die Entscheidung des LG Dresden (Einstweilige Verfügung vom 13.03.2023 - EV 3 O 494/23) gibt es hier:

(Anmerkung: Diese Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig.)

Tenor:

 

I. Im Wege der

 

einstweiligen Verfügung

 

wird angeordnet:

 

Der Antragsgegnerin wird - bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache - aufgegeben, das seit dem 24.02:2023 gesperrte und deaktivierte Facebook-Konto des Antragstellers mit dem aktuellen Nutzernamen wiederherzustellen und dem Antragsteller die Nutzung seines Kontos wieder zu ermöglichen.

 

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

 

III. Streitwert: 10.000,- €

 

Gründe:

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 20.03.2023 ist zulässig und begründet.

 

Der Antragsteller hat insoweit das Vorliegen des Verfügungsgrundes und des Verfügungsanspruchs glaubhaft gemacht.

 

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) liegen vor, zumal der Antragsteller das Verfahren zügig betrieben hat. Die Antragsgegnerin hat auf die Aufforderung der Kammer zur. Benennung einer Faxnummer zur Übermittlung der Antragsschrift zwecks Stellungnahme nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert.

 

Der Antragsteller hat gegenüber der Antragsgegnerin aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag einen Anspruch darauf, dass diese sein Facebook-Konto wieder herstellt.

 

Bei dem Vertrag der Parteien handelt es sich um einen als Dauerschuldverhältnis geregelten Austauschvertrag. Die Antragsgegnerin stellt dem jeweiligen Nutzer ihre IT-Infrastruktur zur Verfügung. Im Gegenzug willigt der Nutzer in die Speicherung und Verwendung seiner Daten durch die Antragsgegnerin ein, die diese Daten u.a für Werbezwecke vermarktet. Durch die Sperrung des Facebook-Accounts hat die Antragsgegnerin gegen die Verpflichtung, dem Antragsteller ihre Infrastruktur als Plattform zur Verfügung zu stellen, verstoßen.

 

Hierzu war sie nicht berechtigt, nachdem sie nach einem Beitrag des Antragstellers vom 23.02.2023 diesem mitteilte: "beim nächsten Verstoß gegen unsere Gemeinschaftsstandards" werde sein „Konto möglicherweise eingeschränkt oder deaktiviert", und der Antragsteller, wie von ihm glaubhaft gemacht wurde, bis zur Sperrung keine weiteren Beiträge einstellte.

 

Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt infolge der Beschränkurig der Anordnung „bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache" nicht vor. Soweit die Kammer der Antragsgegnerin nicht nur ein Unterlassen, sondern ein aktives Tätigwerden auferlegt hat, verkennt sie nicht, dass grundsätzlich an den Erlass von Leistungsverfügungen strenge Anforderungen zu stellen sind. Bei Würdigung aller Umstände, insbesondere mit Blick auf die besondere Interessenlage in sog. sozialen Netzwerken, bei denen der Betroffene mit seinen individuellen Kontakten und Vernetzungen regelmäßig keine (zumutbare) Möglichkeit hat, kurzfristig auf andere Anbieter auszuweichen, und mit Blick auf den Umstand, dass Auslandszustellungen an die Antragstellerin die, Gewährung von Eil-Rechtsschutz noch innerhalb des aktuell laufenden Nutzungsentzugs oft fast unmöglich machen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 15,9.2022, 15 U 43/22), erscheint es der Kammer indes geboten, im Falle der seitens der Antragsgegnerin nicht begründeten Deaktivierung eines Nutzungskontos vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Leistungsverfügung auszugehen. Gleiches gilt, wenn sich die Antragsgegnerin wie im vorliegenden Fall widersprüchlich verhält, indem sie Maßnahmen für den Fall eines weiteren Verstoßes in den Raum stellt, dann aber ohne einen weiteren Verstoß verhängt. Ob der Beitrag des Antragsstellers om 23.2.2023 als Anknüpfungspunkt für Maßnahmen der Antragsgegnerin geeignet war, bedarf daher keiner Entscheidung. Die Kammer entnimmt der Entscheidung des OLG Köln (a.a.O.), dass der Erlass einer Leistungsverfügung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht von vornherein ausscheidet [,,ist aus Sicht des Senats jedenfalls die Titulierung (nur) von Unterlassungsansprüchen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchaus gerechtfertigt" - Unterstreichung durch die Kammer].

 

Soweit der Tenor der einstweiligen Verfügung von dem gestellten Antrags abweicht, hat die Kammer den Antrag ausgelegt bzw. von dem ihr durch § 938 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht, ohne dass damit eine Teilzurückweisung erfolgt wäre.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.


Die Entscheidung als Druckversion gibt es hier:

(Anmerkung: Die vorbezeichnete Entscheidung ist anonymisiert, um die Prozessbeteiligten unkenntlich zu machen. Sie ist noch nicht rechtskräftig.)

Die Entscheidung können Sie hier herunterladen:

Download
LG Köln, Einstweilige Verfügung vom 27.03.2023 - 28 O 144/23 - vertreten von RA Sven Nelke
Meta darf keine Beiträge auf Facebook löschen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Wird der Beitrag nicht nur entfernt, sondern das Facebook-Konto sogar wegen "Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards" gesperrt, dann ist die Sperre aufzuheben. Durch die Beitragsentfernung verbunden mit der Drohung, das Konto "beim nächsten Verstoß (..) möglicherweise" einzuschränken oder zu deaktivieren, hat Facebook sich per se das Recht, den Account deswegen zu sperren, verwirkt. - LG Köln, Einstweilige Verfügung vom 27.03.2023 - 28 O 144/23
Facebook_Sperre_Meinungsfreiheit_Verstos
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Erfahrungen mit dem Facebook-Support und Beitragsentfernungen sowie Kontosperren:

Meta entfernt auf Facebook natürlich Beiträge, die gegen das Regelwerk oder sogar gegen das Gesetz verstoßen. Dies ist auch gut so. Allerdings stellt nicht jeder kritische Beitrag auch einen Verstoß dar. Was auffällt: Die Meinungsfreiheit wird hierbei nicht immer beachtet oder richtig angewendet. Beiträge, die der Meinungsfreiheit unterliegen, sind jedenfalls keine Verstöße und dürfen auf Facebook auch nicht entfernt werden. Liegt kein Verstoß vor, darf Meta das Facebook-Konto erst recht nicht sperren und deaktiviert werden.

 

Von Betroffenen wird uns oft berichtet, dass der Facebook-Support seine Fehler nicht immer einsieht. Oft tut sich nichts, obwohl die endgültige Löschung des Facebook-Accounts droht. In diesen Fällen können Betroffene ihre gesetzlichen Rechte beanspruchen und sich gegen Meta zur Wehr setzen.


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