Pfando-Urteil: Pfando darf das Auto nicht ohne Einwilligung abholen - Bei Wegnahme des PKW durch Pfando dürfen Betroffene Herausgabe und Schadensersatz fordern!

Pfando darf das Auto nicht gegen den Willen abholen - Ist der Wagen weg dann hat Pfando Schadensersatz zu zahlen und den PKW zurück zu geben - Rechtsanwalt Sven Nelke

Nimmt Pfando das Fahrzeug gegen den Willen des Betroffenen weg, so stellt dies verbotene Eigenmacht dar, selbst wenn jener mit den Mieten oder Raten in Zahlungsrückstand geraten ist. Pfando hat das Auto zurückzugeben und Schadensersatz in Form von Nutzungsausfall zu leisten. Diese Rechtslage gilt unabhängig davon, ob das Auto wirksam an Pfando veräußert wurde oder nicht  (OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 165/21 = "Pfando-Urteil").



KOSTENLOSE ERSTEINSCHÄTZUNG DIREKT VOM ANWALT ANFORDERN!

 

Sie haben Probleme mit Pfando? Pfando droht Ihnen, das Auto abzuholen? Ist der Wagen bereits weg? - Das müssen Sie sich nicht gefallen lassen: Ihnen steht die Rückgabe und auch Schadensersatz zu! - Wenn Sie eine rechtliche Ersteinschätzung benötigen, dann können Sie uns gerne kontaktieren. Unsere Ersteinschätzung ist unverbindlich und für Sie vollkommen kostenlos.

Alternativ können Sie uns auch gerne anrufen, um Ihre kostenlose Ersteinschätzung direkt vom Rechtsanwalt am Telefon zu erhalten. Gerne sind wir für Ihre kostenlose Ersteinschätzung auch über WhatsApp erreichbar:

 

02232 / 30 484 60


Orientierungssätze des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 165/21 = "Pfando-Urteil"):

  1. Die Selbstabholung eines vermieteten Fahrzeugs durch den Vermieter bei Zahlungsrückstand des Mieters stellt verbotene Eigenmacht dar. Veräußert der Vermieter das Fahrzeug schuldet er Wertersatz und eine Nutzungsentschädigung für einen angemessenen Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung.
  2. Eine Mietvertragsklausel, die den Vermieter ermächtigt, den Mieter dem Besitz an der Mietsache ohne dessen Willen und ohne Ankündigung (auch zur Nachtzeit) zu entziehen und das Fahrzeug in Besitz zu nehmen, während der Mieter auf die Geltenmachung von Ansprüchen aus verbotener Eigenmacht verzichtet, ist unwirksam.

Das Urteil (OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.05.2023 - 2 U 165/21 = "Pfando-Urteil") gibt es hier:

Tenor

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.10.2021, Az. 2-31 O 62/21, teilweise abgeändert.

 

Die Beklagte bleibt unter Aufrechterhaltung der Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils verurteilt, an die Klägerin 11.408,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2021 zu zahlen.

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

 

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 39 % und die Beklagte 61 % zu tragen.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des nach dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Klägerin in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des nach dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 22.220,50 € festgesetzt. Hiervon entfallen

 

- auf die Berufung der Klägerin: 8.712,50 €

- auf die Berufung der Beklagten unter Berücksichtigung der Hilfsaufrechnung 13.508,00 €

 

Gründe

 

I.

 

Die Beklage betreibt bundesweit mit mittlerweile mindestens 25 Filialen ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Sie verfolgt neben dem klassischen Pfandleihgeschäft alternativ das „X-Modell“. Dieses Geschäftsmodell hat zum Inhalt, dass sie Eigentümern von Kraftfahrzeugen diese Kraftfahrzeuge abkauft und sie ihnen für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt unmittelbar zur Miete überlässt. Nach Ende der Mietzeit soll sie das Fahrzeug öffentlich versteigern. Hierfür wirbt sie mit einem unkomplizierten Modell für einen kurzfristigen Liquiditätsengpass bei fehlender Kreditwürdigkeit mit dem Erhalt von Bargeld. Das Prinzip biete eine hervorragende Alternative zum Pfandhaus oder einem üblichen Kredit bei einer Bank. „Weniger Gebühren, Zinsen - dafür sofort Bargeld und gleichbleibende Mobilität!“


Ein früheres ähnliches Geschäftsmodell wurde auf Initiative des Zentralverbandes des Deutschen Pfand- und Kreditgewerbes durch Bescheid vom 10.11.2014 untersagt und die hiergegen gerichtete Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29.11.2016 (Az. M 16 K 14.5826) rechtskräftig abgewiesen. Durch Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 01.02.2018 (Az. 6 U 940/17) wurde der gewerblich vorgenommene Ankauf von Kraftfahrzeugen unter Einräumung eines befristeten Rücktrittsrecht des Verkäufers bei gleichzeitigen Abschluss eines Mietvertrages über das gekaufte Fahrzeug mit dem Verkäufer bis zur Ausübung des Rücktrittsrechts als wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO unzulässiger und damit nach § 3 a) OWiG unlauterer Rückkaufhandel untersagt, weil im Falle des Rücktritts der vom Verkäufer über die Rückzahlung des Kaufpreises hinaus zu entrichtende Mietzins den Nutzungsersatz für das überlassene Fahrzeug und das zur Verfügung gestellte Kapital übersteige.

 

2. Die Klägerin suchte wegen akuten Geldbedarfs eine Niederlassung der Beklagten auf, um ihren Hyundai i20 mit dem amtlichen Kennzeichen ..., FIN: ..., Erstzulassung 17.04.2009, zu verpfänden. Zu diesem Zeitpunkt wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 42.486 km auf. Sie unterzeichnete am 12.11.2018 eine Vertragsurkunde. Diese besteht in ihrem ersten Teil aus einem „Kaufvertrag" (Bl. 101 ff. der beigezogenen Akte des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. ... = Landgericht Frankfurt am Main, Az. ..., im folgenden BA genannt). Danach veräußerte die Klägerin das Fahrzeug zum Preis von 1.500,00 € an die Beklagte (§ 4 KV).

 

Unter § 6 heißt es dort:

 

„§ 6 Besonderheiten

 

a. Der Verkäufer beabsichtigt das Fahrzeug von der Käuferin zur Nutzung zurückzumieten. Die Vertragsparteien vereinbaren hierzu, dass das Fahrzeug während der Dauer der Nutzung durch den Käufer noch nicht umgemeldet werden soll. Einzelheiten sind in einem gesonderten Mietvertrag geregelt.

 

b. Der Verkäufer wurde zudem auf § 34 Absatz 4 Gewerbeordnung hingewiesen, der besagt, dass der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts verboten ist. Der Verkäufer bestätigt ausdrücklich, dass ihm während der Vertragsverhandlungen weder schriftlich oder mündlich zugesagt, noch der Eindruck vermittelt wurde, dass er das von ihm an die Käuferin verkaufte Fahrzeug durch einseitige Erklärung dieser gegenüber zurückkaufen könne.“

 

§ 9 des Kaufvertrages verweist auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Käufers, wobei der Verkäufer durch die Unterschrift bestätigte, dass ihr diese bekannt gemacht und ausgehändigt worden seien, er diese gelesen habe, von dieser Kenntnis genommen und sie verstanden habe und diese für den Kaufvertrag gelten sollten. Nach § 10 wurden keine Nebenabreden getroffen. § 12 enthält eine salvatorische Klausel.

 

Der zweite Teil der mehrseitigen Vertragsurkunde (Anl. K1, Bl. 3 ff. sowie Bl. 101 BA) besteht aus einem „Mietvertrag über ein gebrauchtes Fahrzeug“, der die „entgeltliche Gebrauchsüberlassung des Fahrzeugs im Rahmen des Vertragsmodells „Sale-and-rent-back“ zum Gegenstand haben sollte, wonach die Vermieterin dem Mieter das vorgenannte Fahrzeug entgeltlich zur privaten Nutzung (§ 2 MV) überlasse, der allerdings Versicherungsnehmer und auf den das Fahrzeug während gesamten Vertragslaufzeit zugelassen bleiben sollte (§ 7 lit. b) MV). Der Nutzungsvertrag sollte am 12.11.2018 beginnen und durch Zeitablauf am 12.05.2019 enden Die Klägerin verpflichtete sich nach § 5 MV zur Zahlung einer monatlichen Miete i.H.v. 269,82 €, „rabattiert“ durch § 7 lit. d) des Vertrages um eine monatliche Pauschale für Steuern/Versicherung/Wartungsreparaturen um 121,32 € auf 148,50 €, die monatlich im Voraus zu zahlen waren (§ 5 lit. c) bis h) MV). Insofern sahen § 7 lit. c) und d) MV die Wahlmöglichkeit vor, dass sich die Vermieterin an den anteiligen Kosten für Kfz-Versicherung und Kfz-Steuer beteilige und dies am Schluss der Laufzeit erstattet werde oder der Mieter berechtigt sei, den Block „Steuern/Versicherung/Wartung/Reparaturen“ zu übernehmen, wofür ihm ein Pauschalbetrag gutgeschrieben werden sollte. Nach § 5 lit. a) MV waren sich Vermieterin und Mieter darüber einig, dass in dem Mietzins keine Kapitalrückzahlung enthalten sei, sondern dass es sich um ein reines Entgelt für die Gebrauchsüberlassung handele. Im Falle der vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages durch Verstoß des Mieters gegen eine Verpflichtung aus dem Mietvertrag sollte dieser der Vermieterin den Mietzins bis zum ordentlichen Ablauf des Mietvertrages als Schadenersatz zu erstatten haben (§ 5 lit. b) MV).

 

Das Mietverhältnis sollte nach § 6 lit a) MV mit Ablauf der Mietzeit enden, ohne dass einer Kündigung bedürfe. Bei Zahlungsverzug (§ 6 lit b) MV) sollte die Vermieterin zur sofortigen Kündigung des Vertrages unter den dort im Einzelnen dargelegten Umständen berechtigt sein.

 

In allen Fällen der Vertragsbeendigung sollte der Mieter nach § 6 lit. c) MV allerdings verpflichtet sein, das Fahrzeug nebst Zulassungsbescheinigung Teil 1 und den Fahrzeugschlüsseln sofort binnen einer Frist von 24 Stunden an die Vermieterin zurückzugeben, wobei die Vermieterin nach § 6 lit. d) bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung berechtigt sein sollte, dem Mieter den Besitz ohne dessen Willen zu entziehen und das Fahrzeug in Besitz zu nehmen, was auch die Berechtigung enthielt, befriedetes Besitztum des Mieters zu öffnen und zu betreten, ohne Beschränkung der Tageszeit. Nach § 6 lit. e) MV sollte der Vermieter ferner berechtigt sein, das Fahrzeug im Falle von Zahlungsverzug ohne Ankündigung vorläufig sicherzustellen, wobei nach § 6 lit f) der Mieter im Falle der Wegnahme des Fahrzeugs durch die Vermieterin auf die Einrede der Wegnahme durch verbotene Eigenmacht und auf Ansprüche nach § 859 ff. BGB verzichte.

 

§ 11 „Besonderheiten“ enthält unter lit. b) eine mit § 6 lit. b) des Kaufvertrages im wesentlichen identische Regelung, wonach der Mieter auf § 34 Abs. 4 GewO hingewiesen worden sei, wonach der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung eines Rückkaufsrechts verboten sei und der Mieter ausdrücklich bestätige, dass ihm während der Vertragsverhandlung weder schriftlich noch mündlich zugesagt, noch der Eindruck vermittelt worden sei, dass er das von ihm an die Vermieterin verkaufte Fahrzeug durch einseitige Erklärung dieser gegenüber zurück kaufen könne. § 13 hat u. a. folgenden Wortlaut

 

„13. Verwertung des Fahrzeugs nach Beendigung des Mietvertrages

 

a) Die Mietparteien vereinbaren, dass das Fahrzeug nach Beendigung des Mietvertrages verwertet werden soll.

 

b) Die Mietparteien vereinbaren hierzu, dass die Vermieterin das Fahrzeug nach Beendigung des Mietvertrages durch Versteigerung eines gemäß § 34b GewO staatlich zugelassenen Auktionators verwerten wird.

 

c) Der Versteigerungstermin wird dem Mieter 7 Tage zuvor durch E-Mail mitgeteilt werden.

 

d) Die Versteigerung wird in einer Tageszeitung und bei der IHK angekündigt und veröffentlicht. Zudem kündigt die Vermieterin die Versteigerung auch auf ihrer homepage www.(...).de an.

 

e) Der Mieter kann bei der Versteigerung mitbieten, § 1239 BGB.

 

f) Das Fahrzeug wird zum Aufrufpreis aufgerufen. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

 

1. Ankaufspreis durch die Vermieterin

 

2. ausstehende Mieten, Schadensersatzbeträge, Behördengebühren

 

3. Rückführungskosten, nicht bezahlte Steuer- und Versicherungsbeträge sowie Kosten für nicht durchgeführte Reparaturen und/oder Wartungen, TÜV oder ASU bei § 7e, und Kosten für Ersatzpapiere und -schlüssel

 

4. Kosten des Auktionators und der Auktion einschließlich Werbungskosten.

 

g) Nimmt der Mieter an der Auktion nicht teil oder beendet er seine Teilnahme vor Erteilung des Zuschlags, erhält er im Falle des Zuschlags an einen Dritten einen etwaigen Mehrerlös, also den Betrag, der sich aus dem Versteigerungserlös nach Abzug der vorstehenden Kosten der Ziffer f, Nr. 1-4 ergibt.

 

h) Sollte eine Versteigerung, gleichgültig aus welchem Grunde, scheitern, wird die Vermieterin das Fahrzeug zum handelsüblichen Marktpreis verkaufen. Auch hier gilt, dass der Mieter einen erzielten Mehrerlös gemäß Ziffer g erhält. Die Mietvermieterin ist jedoch berechtigt, Werbungskosten für den Verkauf des Mehrerlöses von Mehrerlös abzuziehen und zu vereinnahmen.“

 

i) (…)“

 

§ 18 wurde die Schriftform vereinbart, wobei die telekommunikative Übertragung per Telefax und oder E-Mail genügen sollte. Nach § 19 wurden mündliche Nebenabreden nicht getroffen. § 21 enthält eine salvatorische Klausel.

 

3. Mit Schreiben vom 23.02.2019 (Anl. 2, Bl. 7 BA) kündigte die Beklagte den Mietvertrag aufgrund ausstehender Zahlungen mit sofortiger Wirkung und forderte die Klägerin auf, ihr Eigentum bis spätestens zum 02.03.2019 um 12:00 Uhr auszuhändigen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Aufforderung werde die Nutzungsentschädigung i.H.v. 148,50 € monatlich fällig. Ferner wurde angedroht, dass das Mietfahrzeug für den Fall seiner nicht pünktlichen Herausgabe durch eine Sicherstellungsfirma auf Kosten der Klägerin in ihren Besitz gebracht werde.

 

Das Fahrzeug wurde daraufhin im Auftrag der Beklagten abgeholt. Unter dem 11.03.2019 (Bl. 36 f. BA) erfolgte eine Endabrechnung. Verbunden war diese Endabrechnung mit der Übersendung des Entwurfs eines Vertrages über den Ankauf (Rückkauf) des Fahrzeugs durch die Klägerin zum Kaufpreis von 1.500,00 €, datiert auf den 11.03.2019 (Bl. 38 BA). Die öffentliche Versteigerung fand am 21.03.2013 durch den öffentlich bestellten und vereidigten Auktionator V aus Stadt1 statt (Versteigerungsprotokoll vom 31.03.2019, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten im Vorprozess vom 02.08.2019, Bl. 39 ff. BA). Die Beklagte ersteigerte das als Objekt Nr. 12 ausgewiesene Fahrzeug - das Protokoll weist 2.843,00 € als Limit aus - für diesen Betrag selbst und verkaufte es sodann für einen Betrag i.H.v. 2.400,00 € an die Firma W weiter. Hiervon machte der Beklagtenvertreter am 15.04.2019 schriftlich Mitteilung (Anl. 3, Bl. 8 BA) und bezifferte die Höhe der Verbindlichkeiten der Klägerin auf 2.843,20 €, teilte jedoch die Höhe des Versteigerungserlöses nicht mit. Die Klägerin übersandte im Anschluss an die Klägerin der Beklagten den zum Fahrzeug gehörenden Kfz-Schein bzw. die Zulassungsbescheinigung I, die beim Beklagtenvertreter am 30.04.2019 einging (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 28.12.2019 in dem Berufungsverfahren des Vorprozesses ..., Bl. 125 f. BA).

 

Die Klägerin erhob daraufhin am 21.05.2019 (Bl. 1 BA) vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main in dem Verfahren mit dem Az. ... zunächst Klage auf Erteilung einer Abrechnung über den Versteigerungserlös, Herausgabe des ihr zustehenden Überschusses und Herausgabe der sich in dem Fahrzeug befindlichen „persönlichen Habe“, die allerdings nicht näher bezeichnet wurde (Bl. 1 ff. BA). Im Schriftsatz vom 01.08.2019 (Bl. 34 f. BA) verwies die Beklagte auf die Endabrechnung vom 11.03.2019 nebst Angebot des Rückkaufs, die öffentliche Versteigerung und behauptete, ein Mehrerlös sei nicht erzielt worden. Nach Abschluss eines von der Klägerin widerrufenen (vgl. Bl. 45ff. BA) Vergleichs (vgl. Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. ..., Bl. 43 f. BA) mit der Begründung, sie habe nach wie vor ihre persönlichen Gegenstände aus dem Auto nicht erhalten und der Behauptung, sie bestreite, dass das Kfz überhaupt versteigert worden sei, wies das Amtsgericht Frankfurt am Main die Klage auf Abrechnung des Versteigerungserlöses und Herausgabe der persönlichen Habe durch Teilurteil (Bl. 57 ff. BA) ab.

 

Auf die Berufung der Klägerin, die mit einer Klageänderung, nunmehr auf Rückübereignung und Herausgabe des Fahrzeugs sowie Abrechnung des Versteigerungserlöses verbunden war (vgl. Berufungsbegründung vom 03.12.2019 in dem Verfahren ..., Bl. 84 ff. BA), wurde die Beklagte durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - Berufungskammer - vom 08.06.2020, Az. ... (Anl. K1 Bl. 7 ff. d.A, = Bl. 222 ff. BA) unter Abänderung des Teilurteils und Zurückweisung der Berufung im Übrigen verurteilt, den Hyundai Zug um Zug gegen Zahlung von 1.054,50 € an die Klägerin zurückübereignen und herauszugeben.

 

Die Berufungskammer bejahte einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung und die Nichtigkeit sowohl des Kaufvertrages als auch des Mietvertrages gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes des gewählten Vertragsmodells gegen § 34 Abs. 4 GewO. Sie schätzte die Gesamtlaufleistung für den benzingetriebenen Hyundai auf 200.000 km und errechnete eine Restlaufleistung von 157.514 km, indem sie den Kilometerstand zu Beginn des Vertrages von 42.886 abzog. Ferner schätzte die Kammer mangels Angaben der Parteien die Fahrleistung des Hyundais auf 1166 km pro Monat, und wertete hierfür eine Statistik aus. Die Höhe des Nutzungsersatzes für das Fahrzeug und das überlassene Kapital schätzte sie in diesem Zusammenhang auf 68,60 € pro Monat.

 

Den Betrag von 1.054,50 € errechnete die Kammer unter Saldierung dreier gezahlter Monatsmieten von 148,50 €, mithin 454,50 € mit dem von der Klägerin erlangten Kaufpreis i.H.v. 1.500,00 €.

 

4. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin nunmehr eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 17.425,00 € für die Zeit des Entzugs des Fahrzeugs am 11.03.2019 bis zum 04.02.2021 (Jahreszahl korrigiert - die Red.) für insgesamt 697 Tage auf Grundlage eines Tagesatzes gemäß der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch i.H.v. 25 €/Tag. Sie verlangt zusätzlich Wertersatz für das Fahrzeug nach vergeblicher Herausgabevollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 08.06.2020 (Az. ...). Der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Wegnahme beziffert die Klägerin im Anschluss an die Feststellung der Berufungskammer das Landgericht Frankfurt am Main auf 3.750,00 € und berechnet die Klageforderung wie folgt:

 

Nutzungsausfall: 697 Tage x 25,00 €/d 17.425,00 €

 

Wertersatz PKW 3.750,00 €

 

Klageforderung: 21.175,00 €

 

Die Klägerin hat sich auf die Feststellungen des Landgerichts Frankfurt am Main im Berufungsurteil vom 08.06.2020 berufen und geltend gemacht, die Nichtigkeit von Kauf- und Mietvertrag sei rechtskräftig festgestellt. Die Entscheidung sei auch aus Rechtsgründen richtig. Die Beklagte habe ihr den Besitz des Fahrzeugs durch verbotene Eigenmacht entzogen. Dies rechtfertige einen Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens. Das gleiche folge aus der Verweigerung der Herausgabe und der pflichtwidrigen Vorenthaltung der Kraftfahrzeugpapiere. Die Höhe des Nutzungsausfallersatzes sei vorliegend nicht auf die Höhe der Kosten begrenzt, die im konkreten Fall durch die Anmietung eines Mietwagens zu einem Langzeit- oder Sondertarif anfielen. Die Höhe sei auch nicht schematisch durch den Wert des Pkw begrenzt, sondern vom Tatgericht nach § 287 ZPO zu schätzen.

 

Ihr Nutzungswille ergebe sich gerade aus dem Umstand, dass sie das von der Beklagten angebotene Geschäftsmodell gewählt habe, um das Fahrzeug weiter nutzen zu können. Sie sei aus beruflichen Gründen auf das Fahrzeug angewiesen gewesen. Hätte sie keinen Nutzungswillen gehabt, hätte sie das Fahrzeug gleich veräußert.

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägervertreters vom 07.04.2021 (Bl. 3 ff. d.A.) nebst Anlagen (Bl. 7-28 d.A.) und 08.07.2021 (Bl. 126 ff. d.A.) nebst Anlagen (Bl. 130-198 d.A.) Bezug genommen.

 

Die Klägerin hat beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 21.175,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2021 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat zum Vertragsmodell behauptet:

 

Im Falle der klassischen Pfandleihe fielen nach §§ 10 Abs. 1 Nr. 1 PfandlV ein Zinssatz von 1 % pro angefangenen Monat zzgl. monatliche Gebühren an, die sich nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlV zwischen 3 und 7 % pro Monat taxierten, wobei ergänzend für die Aufbewahrung, Pflege und Sachversicherung der Fahrzeuge zusätzlich noch eine tägliche Vergütung in Form von Standgebühren nach Ziff. 2 Anlage zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 PfandlV anfalle. Unter Zugrundelegung dieser Berechnung fielen bei einem vermeintlich verschleierten Pfandleihgeschäft über ein Pfandleiherdarlehen i.H.v. 1.500,00 € und Verpfändung des Fahrzeugs monatliche Gesamtkosten von mindestens 180,00 € an. Lege man die monatliche Verzinsung von 1 % und die vergleichbaren maximalen Geschäftskosten, wie vom Landgericht Berlin einmal ermittelt, von bis zu 6,7 % zu Grunde, errechne sich eine monatliche Verzinsung von 7,7 % ohne Standkosten. Dies entspreche einer Nettoverzinsung von 92,40 % p.a. Schlage man auf die Verzinsung noch Standkosten und MwSt. auf, errechne sich ein effektiver jährlicher Zinssatz von mehr als 100 %. Das OLG Frankfurt setze in seiner Entscheidung vom 05.06.2020, Az. 2 U 90/19 zur Ermittlung einer Benachteiligung des Kunden im Sinne des § 34 Abs. 4 GewO klägerseits ersparte Aufwendungen für die Kapitalüberlassung sogar noch die Gebrauchsvorteile für das Fahrzeug hinzu. Die zu berücksichtigenden Gebrauchsvorteile der Eigennutzung des Fahrzeugs würden nach einer zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet. Ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlich gefahrenen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Kaufpreises ergebe die Formel: Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer/voraussichtliche Restlaufleistung. Für diese Berechnung sei der tatsächliche Fahrzeugwert und nicht der Ankaufspreis durch die Beklagte zugrundezulegen. Mithin betrage der Nutzungsersatz 27,75 €. Man gelange daher zu einem zulässigen Mietbetrag von 207,75 € netto.

 

Sie wiederholt und vertieft ihre verschiedenen Parallelverfahren vertretene Rechtsauffassung, dass ein Verstoß gegen § 34 Abs. 4 GewO nicht festzustellen sei. Die gegenteilige Rechtsprechung des 2. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main überzeuge nicht. Die vom 2. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 25.06.2021 zu den Nutzungsvorteilen für die gewährte Kapitalüberlassung vertretene Theorie, dass eine möglicherweise zu erzielende Verzinsung des enthaltenen Kaufpreises, die für private Nutzer nur knapp über 0 % liege und damit zu vernachlässigen sei, treffe nicht zu. Denn für die Überlassung von Kapital unterstellten Prozesspraxis, Rechtsprechung und Literatur gemeinsam einen Nutzungsvorteil in Höhe des üblichen Verzugszinssatzes nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB und nicht in Höhe eines vermeintlichen Anlagezinses.

 

Die Sicherstellung des Fahrzeuges sei keine verbotene Eigenmacht. Sie habe es auch nicht selbst sichergestellt. Es fehle an einem Verschulden. Die Klägerin habe darüber hinaus keinen ausschließlichen Besitz an dem Fahrzeug gehabt, da die Klägerin die Zulassungsbescheinigung II und einen Fahrzeugschlüssel im Rahmen der Veräußerung an die Beklagten übergeben habe, um jener hiermit nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien einen Mitbesitz am Fahrzeug einzuräumen.

 

Im Übrigen entfalle eine unerlaubte Handlung nicht nur wegen der fehlenden verbotenen Eigenmacht. Als absolutes Recht werde das Besitzrecht der Klägerin nicht geschützt, weil das Besitzrecht der Klägerin an dem Fahrzeug nach der Veräußerung aufgrund des Mietvertrages ohnehin zeitlich begrenzt gewesen sei.

 

Die Höhe der geltend gemachten Nutzungsentschädigung verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (unter Bezugnahme auf vgl. BGH NJW 2013, S. 1049), weil der tatsächliche Nutzungsbedarf des Geschädigten berücksichtigt werden müsse. Er sei vollkommen überhöht. Ferner sei nicht jedwede Nutzungsbeeinträchtigung als Schaden anzusehen. Ein solche sei nicht für jeden beliebigen Zeitraum auszugleichen. Die in § 253 BGB getroffene Regelung dürfe nicht vollständig ausgehöhlt werden. Die Klägerin lege für ihren Berechnungsbeginn den 11.03.2019 zu Grunde, an welchem das Fahrzeug entzogen worden sei und als Enddatum den 04.02.2021. Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit des Fahrzeugs beschränke sich in zeitlicher Hinsicht aber auf die für die Ersatzbeschaffung notwendige Zeit. Der Geschädigte sei aufgrund der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht verpflichtet, sich ohne schuldhaftes Zögern innerhalb angemessener Zeit um eine Ersatzbeschaffung zu bemühen. Hierfür wäre in der Regel ein zeitlicher Horizont von 14 Kalendertagen zugrundezulegen, der gegebenenfalls verlängert werden könnte, soweit der Geschädigte die Ersatzbeschaffung nicht finanzieren könne. Es sei demzufolge nicht nachzuvollziehen, wieso die Klägerin nicht zeitnah gehandelt habe, einen Zeitraum von zwei Jahren fruchtlos habe verstreichen lassen und sich bis zum heutigen Tage kein Ersatzfahrzeug angeschafft habe, zumal sie selbst geltend mache, auf die Nutzung eines Fahrzeugs aus beruflichen Gründen angewiesen zu sein. Ein Abwarten für die Dauer von zwei Jahren sei mit der sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebenden Schadensminderungspflicht nicht vereinbar.

 

Die Klägerin treffe auch im Hinblick auf die Entstehung des vermeintlichen Schadens ein erhebliches Mitverschulden. Es sei die Klägerin selbst gewesen, die sich mit dem Wunsch für schnelles Kapital an die Beklagte gewandt, ihr Fahrzeug an die Beklagte veräußert und von ihr zurück gemietet habe. Der Klägerin sei auf das Verbot des § 34 Abs. 4 GewO hingewiesen worden. Die Klägerin habe daher eine erhebliche Eigengefährdung im Zusammenhang mit der Verbotsnorm, hinsichtlich der Rückabwicklung und hinsichtlich des schadenersatzbegründenden Ereignisses in Kauf genommen und daher selbst zu verantworten. Ausschließlich die ausgebliebenen Mietzahlungen der Klägerin seien für die Kündigung des Vertrages und Verwertung des Fahrzeuges verantwortlich. Hätte die Klägerin ihre Mietraten weiterbezahlt, wäre es nicht zur Rückführung des Fahrzeugs gekommen. Darüber hinaus sei der Klägerin noch das weiteres Unterlassen der Schadensabwehr vorzuwerfen. Die Höhe des Fahrzeugschadens mit 3.750,00 € sei mit Nichtwissen zu bestreiten. Es handele sich um einen Mondpreis. Das Fahrzeug sei geringwertiger zu taxieren.

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 27.05.2021 (Bl. 59 ff. d.A.) nebst Anlagen (Bl. 72-106 d.A.) und 13.08.2021 (Bl. 202 ff. d.A.) Bezug genommen.

 

Das Landgericht hat durch das am 14.10.2021 verkündete (Bl. 222 d.A.) Urteil (Bl. 223 ff. d.A.) die Beklagte zur Zahlung von 12.462,50 € nebst entsprechenden Zinsen verurteilt und einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung i.H.v. 8.712,50 € aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung infolge verbotener Eigenmacht bejaht. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei zur Sicherstellung des Fahrzeugs nicht berechtigt gewesen, weil der zu Grunde liegende Vertrag nach dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... nichtig sei. Wegen der Rechtskraft dieser Entscheidung sei die Argumentation der Beklagten zu § 34 Abs. 4 GewO unerheblich. Eines Verschuldens bedürfe es für die verbotene Eigenmacht nicht.

 

Das Landgericht hat die Höhe des Nutzungsausfalls gemäß § 287 ZPO auf 25 € pro Tag geschätzt. Ein Mietwagen hätte höhere Kosten pro Tag verursacht. Die Klägerin habe auch nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, indem sie sich nicht alsbald ein Ersatzfahrzeug verschafft habe. Sie habe die Beklagte aufgefordert, das Fahrzeug herauszugeben und habe ein Klageverfahren eingeleitet. Sie habe deshalb darauf vertrauen können, ihr Fahrzeug wieder zu erlangen. Eine Pflicht sich ein Zweitfahrzeug zu beschaffen scheide bei der angespannten finanziellen Situation der Klägerin aus.

 

Das Landgericht hat diesen Teil des Anspruchs der Klägerin allerdings um 50 % gekürzt. Sie treffe ein Mitverschulden, weil sie in den Verträgen schriftlich auf das Verbot in§ 34 Abs. 4 GewO hingewiesen worden sei und sie sich daher sehenden Auges auf die nichtigen Verträge eingelassen habe. Ferner habe die Klägerin die Sicherstellung des Fahrzeugs durch eigene Vertragsuntreue ausgelöst, indem sie den Mietzins nicht bezahlt habe, auch wenn im Weiteren die Nichtigkeit des Vertrages festgestellt worden sei.

 

Das Landgericht hat einen Anspruch auf Wertersatz i.H.v. 3.750,00 € für den Verlust des Fahrzeugs zu Grunde gelegt, weil die Beklagte verpflichtet gewesen sei, das Fahrzeug nach dem Inhalt der Entscheidung der Berufungskammer herauszugeben. Da ihr die Herausgabe nicht möglich sei, sei der Schaden in Höhe des Wertes des Fahrzeugs zu ersetzen. Hierbei sei von einem Fahrzeugwert zum Zeitpunkt der Besitzentziehung i.H.v. 3.750,00 € auszugehen, der in dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. ...) für das Fahrzeug bestimmt worden sei. Die Beklagte habe im Rahmen von Berechnungen in ihrer Klageerwiderung vom 27.05.2021 diesen Wert selbst zugrunde gelegt. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten für den Untergang des Fahrzeugs gesorgt, so dass sie beweispflichtig für einen geringeren Fahrzeugwert sei, habe jedoch wertmindernde Fahrzeugdaten nicht vorgetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten der rechtlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteilsbezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

 

Gegen dieses ihr ihr am 20.10.2021 (Bl. 231 d.A.) zugestellte Urteil richtet sich die am 18.10.2021 (Bl. 233 d.A.) eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der diese die Verurteilung der Beklagten in voller Höhe (21.175,00 €) gemäß den erstinstanzlichen Anträgen weiterverfolgt. Die Beklagte greift das ihr am 25.10.2021 (Bl. 232 d.A.) zugestellte Urteil mit ihrer am 25.11.2020 (Bl. 272 d.A.) eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.01 2022 (Bl. 281 d.A.) am 25.01.2022 (Bl. 285 f. d.A.) begründeten Berufung an und verfolgt die gesamte Abweisung der Klage weiter;

 

Die Klägerin macht sich die Berechnung der Höhe und die Dauer des Nutzungsersatzes durch das Landgericht zu eigen und wendet sich gegen die Kürzung der Nutzungsausfallentschädigung um 50 % im Hinblick auf das vom Landgericht zu Grunde gelegte Mitverschulden. Die rechtliche Begründung eines vermeintlichen Mitverschuldens der Klägerin beruhe auf Denk- und Rechtsfehlern.

 

Soweit das Landgericht zutreffend zugrundelege, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungsersatz nach einer verbotenen Eigenmacht kein Verschulden voraussetze, könne auch denklogisch kein Mitverschulden zur Anrechnung gebracht werden.

 

Die Verwirklichung der verbotenen Eigenmacht sei rechtlich unabhängig von der Frage der Wirksamkeit bzw. der Nichtigkeit des zu Grunde liegenden Verträge. Jene seien wegen eines gesetzlichen Verbotes des gewerblichen Rückkaufshandels nichtig. Der vorliegend eingeklagte Nutzungsersatzanspruch gründe sich auf die durch die Beklagte verwirklichte Wegnahme des Fahrzeugs im Wege der verbotenen Eigenmacht. Damit sei es völlig irrelevant, ob die Verträge gegen § 34 Abs. 4 GewO verstießen oder nicht. Auch bei wirksamen Verträgen wäre es der Beklagten rechtlich nicht gestattet, eine verbotene Eigenmacht zu begehen. Das Landgericht hätte bei rechtsfehlerfreier Verurteilung die Frage des Mitverschuldens bei Vertragsschluss nicht thematisieren dürfen, weil die Wirksamkeit der Verträge keine Tatbestandsvoraussetzung für den geltend gemachten Nutzungsanspruch ist.

 

Es treffe auch nicht zu, dass das Klägerin auf die Unzulässigkeit des Geschäftes hingewiesen worden sei. Diese Klausel intendiere das Gegenteil. Sie enthalte eine Bestätigung, dass das Vertragswerk gerade nicht verboten sei. Das Landgericht hätte vielmehr den zur Täuschung der Kunden über das Verbotensein des Geschäftes vorgesehenen Passus erkennen müssen. Dies könne jedoch dem Verbraucher nicht zur Last gelegt werden.

 

Der Klägerin könne auch nicht als Mitverschulden angerechnet werden, dass sie das verbotene und damit nichtige Vertragswerk erfüllt habe. Diese Rechtsauffassung sei nicht vertretbar. Es sei denklogisch unmöglich, gegenüber einem nichtigen Vertrag vertragsuntreu zu werden, da dieser keine Rechtspflichten begründe.

 

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung gegen die Berufung der Beklagten im Hinblick auf die vom Landgericht bejahte Nichtigkeit des Miet- und Kaufvertrages, der angenommenen verbotenen Eigenmacht sowie eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach und macht hierzu geltend: Der Beklagten sei durch Überlassung des Zweitschlüssels kein Mitbesitz eingeräumt worden, weil es jener am Mitnutzungs- und damit am Mitbesitzwillen gefehlt habe; der Zweitschlüssel habe ersichtlich nur der Sicherung gedient. Allerdings stünde auch die Annahme eines Mitbesitzes der Annahme verbotener Eigenmacht nicht entgegen. Dies ergebe sich aus einem Umkehrschluss aus § 866 BGB. Die Einwände der Beklagten zu einem Mitverschulden seien unerheblich, weil eine verbotene Eigenmacht verschuldensunabhängig sei. Mangels Verschuldens gebe es auch kein Mitverschulden, wie im Falle eines Nutzenausfallschaden wegen der rechtswidrigen Vorenthaltung einer Mietsache.

 

Die Beklagte verkenne, dass sie sich nicht auf die Nichterfüllung des Vertrages berufen könne, weil das Vertragswerk nichtig sei, da das gesamte Vertragswerk gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Selbst wenn das Vertragswerk nicht insgesamt nichtig wäre, wäre die darin enthaltene Wegnahme wegen eines Verstoßes gegen AGB-rechtliche Vorschriften für sich genommen unwirksam.

 

Der Vorwurf, die Klägerin habe mit der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs abgewartet, gehe an der Wirklichkeit vorbei. Sie habe nicht abgewartet, sondern habe sich kein anderes Auto leisten können. Sie sei demgegenüber auch nicht untätig gewesen, sondern habe auf Herausgabe des Fahrzeugs geklagt, nachdem die Beklagte in rechtswidriger Weise die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert habe. Immerhin sei die Beklagte auch nicht nach rechtskräftiger Feststellung des Rückgabeanspruchs bereit, den Wert des Fahrzeugs zu ersetzen, um eine Neuanschaffung zu ermöglichen. Demzufolge sei der Vorhalt, die Klägerin hätte die Beklagte um Leistung eines Vorschusses bitten müssen, abwegig.

 

Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass wegen der Zug-um-Zug-Verurteilung bezüglich der Herausgabeverpflichtung im vorangegangenen Verfahren nunmehr auch die dortige von der Klägerin zu erbringende Zug-um-Zug-Leistung mit dem Wertersatzanspruch zu saldieren sei. Die ausgeurteilte Zug-um-Zug-Verurteilung stelle ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin dar. Sofern die Beklagte den Herausgabeanspruch dadurch vereitelt habe, dass sie das herauszugebende Fahrzeug weiterveräußert habe und den Sinn und Zweck des Zurückbehaltungsrechts durch eine einseitige Handlung ins Leere laufen lasse, sei sie schon nach § 242 BGB ausgeschlossen, nunmehr ihrerseits ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des ausgereichten Betrages geltend zu machen. Darüber hinaus stehe der Verrechnung des ausgeurteilten Betrages mit dem Wertersatzanspruch § 817 S. 2 BGB entgegen. Dies entspreche der Rechtsprechung des OLG München (unter Bezugnahme auf Beschluss vom 02.02.2022, Az. 32 U 7645/21, Anl. 2, Bl. 326 ff. d.A.). Die Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden vorherigen Verfahren schließe die Anwendung des § 817 S. 2 BGB nicht aus, weil im dortigen Verfahren nicht rechtskräftig über einen Rückforderungsanspruch der Beklagten hinsichtlich des ausgereichten Betrages entschieden worden sei, sondern lediglich der Herausgabeanspruch durch das vor Gericht um eine Zug-um-Zug-Verurteilung beschränkt worden. Schließlich wiederholt die Klägerin ihre Rechtsauffassung, die Nichtigkeit des Vertrages wegen eines Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO sei durch die rechtskräftige Entscheidung des der Berufungskammer einer rechtlichen Überprüfung entzogen, weil sie in Rechtskraft erwachsen sei.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das am 14.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-31 O 62/21 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 21.175,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2021 zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen

 

u n d

 

das am 14.10.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-31 O 62/21, abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

 

Die Beklagte wendet ein:


 

Die Parteien seien übereinstimmend von einem wirksamen Mietvertrag ausgegangen. In dessen Rahmen habe die Beklagte der Klägerin aber keinen ausschließlichen Alleinbesitz an dem Fahrzeug eingeräumt. Verbotene Eigenmacht setze jedoch grundsätzlich die Entziehung des Besitzes voraus und damit den Eingriff in die tatsächliche Sachherrschaft im weitesten Sinne, also eine Störung des unmittelbaren Besitzes. Die Beklagte habe nach dem Erwerb des Fahrzeugs und des Abschlusses des Mietvertrages nicht jeglichen Besitz aufgegeben. Die Klägerin habe der Beklagten den Mitbesitz dadurch eingeräumt, indem sie ihr einen Fahrzeugschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung II übergeben habe, damit die Beklagte bei ausbleibenden Mietzahlungen das Fahrzeug wieder in Mitbesitz nehmen könne.


Als obligatorisches, relatives Recht genieße dieser jedoch keinen Deliktsschutz. Damit fehle es an einem absoluten Recht, welches nach § 823 Abs. 1 BGB verletzt werden könne.

 

Ferner rügt die Beklagte die fehlerhafte Anwendung des § 254 BGB im Hinblick auf die Bejahung eines Mitverschuldens der Klägerin. Das Landgericht habe fehlerhaft nicht zwischen der Frage unterschieden, ob ihre Einwendungen dem § 254 Abs. 1 BGB oder dem § 254 Abs. 2 BGB zuzuordnen seien. § 254 Abs. 1 BGB beziehe sich nur auf das Verschulden des Geschädigten bei Entstehung des Schadens und Abs. 2 auf die Schadensminderungspflicht. Ihre Einwendungen bezögen sich aber auf beide Vorschriften. Das Landgericht habe zwar zutreffend ein Mitverschulden der Klägerin angenommen, dies jedoch nur mit 50 % in Ansatz gebracht. § 254 BGB sei grundsätzlich auf alle Schadensersatzansprüche anwendbar und zwar unabhängig davon, ob der Anspruch auf ein Verschulden der Schädiger oder einer besonderen Betriebsgefahr oder sonstigen Umständen beruhe.

 

Soweit die Klägerin sich trotz Hinweise auf die Problematik in § 34 Abs. 4 GewO an die Beklagte gewandt, den vereinbarten Kaufpreis in Empfang genommen und dann die monatlich vereinbarten Mietzahlungen eingestellt habe, sei der Anwendungsbereich des § 254 Abs. 1 BGB eröffnet. Der Klägerin sei aufgrund der Hinweise im Mietvertrag bewusst gewesen, dass sie im Falle der Einstellung der monatlichen Mietzahlungen mit einer Sicherheitsstellung des Fahrzeuges rechnen müsse. In diesem Zusammenhang hätte das Landgericht allerdings von einem weit überwiegenden Mitverschulden der Klägerin bei Entstehung des geltend gemachten Schadens ausgehen müssen. Der denkbare Ersatzanspruch reduziere sich auf Null. Aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung wäre es niemals zu einer Sicherstellung des Fahrzeuges gekommen, wenn die Klägerin ihre Mietzahlung weiter erbracht hätte Das Landgericht habe bei seiner Quote von 50 % nicht dargelegt, von welchen Erwägungen es sich habe leiten lassen.

 

Das Landgericht habe sich ferner rechtsfehlerhaft nicht mehr mit den Einwendungen der Beklagten zu § 254 Abs. 2 BGB im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht und die unstreitig nicht erfolgten Hinweise an den Schuldner auseinandergesetzt. Der Umstand, dass die Klägerin nach einer Entziehung des Besitzes mehrere Monate lang, hier über insgesamt 697 Tage abwarte, bevor sie die Beklagte auf eine ungewöhnliche Schadensentstehung hinweise und sie sich kein Ersatzfahrzeug anschafft habe, begründe bereits eine tatsächliche Vermutung für einen fehlenden Nutzungswillen. Werde ein über die übliche Wiederbeschaffungszeit hinausgehender Anspruch geltend gemacht, sei neben der Darlegung des Fehlens der Mittel hierfür auch ein frühzeitiger Hinweis auf die finanzielle Situation gegenüber dem Schädiger erforderlich. Er müsse dann darlegen, dass er nicht in der Lage sei, ein Fahrzeug notfalls durch Kreditaufnahme zu finanzieren. Die Klägerin habe entgegen § 254 Abs. 2 BGB mit ihrer ersten Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt lediglich die Abrechnung und Auszahlung des Versteigerungserlöses geltend gemacht, nicht jedoch die Herausgabe des Fahrzeugs. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Beklagtenvertreter vom 15.04.2019 ergebe sich, dass sie bereits auf die Versteigerung des Fahrzeugs am 21.03.2019 hingewiesen worden sei und dass die Beklagte bereits seinerzeit darauf hingewiesen habe, dass die Rückgabe des Wagens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei. Spätestens seit dem 14.05.2019 habe die Klägerin hiervon Kenntnis gehabt und dass eine Herausgabe und Rückübereignung durch die Beklagte unmöglich geworden sei. Vor diesem Hintergrund könne die Klägerin sich nicht darauf berufen, darauf vertraut zu haben, das Fahrzeug wiederzuerlangen, ferner, dass keine Pflicht zur Anschaffung eines Interimsfahrzeugs bestehe. Zumindest sei die Klägerin ab April 2019 verpflichtet gewesen, rechtzeitig und konkret zumindest auf die Herausgabe und fehlende Geldmittel sowie die Gefahr des drohenden höheren Schadens hinzuweisen. Diesem Erfordernis sei sie aber nicht nachgekommen. Für die Zeit nach dem 15.04.2019 hätte sie substantiiert vortragen müssen, weshalb sie nicht in der Lage sei, sich die notwendigen Mittel notfalls durch Aufnahme eines Kredits zu verschaffen. Sie hätte die Beklagte bis zum Abschluss des Verfahren gegebenenfalls um einen Vorschuss bitten können, um sich ein Interimsfahrzeug zu beschaffen. Bereits vor diesem Hintergrund wäre nach § 254 Abs. 2 BGB die Nutzungsentschädigung auf einen Betrag von 875,00 € zu reduzieren.

 

Es bestünden ferner Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der Würdigung des Wertes des Fahrzeugs durch das Landgericht. Das Landgericht habe den Wertersatz für das Fahrzeug lediglich unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 08.06.2020 zum Zeitpunkt der Besitzerlangung mit 3.750,00 € geschätzt und hierbei übersehen, dass der Anspruch auf Rückübereignung und Herausgabe nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des aufgrund der Verträge ihrerseits Erlangten hätte erfolgen können, also durch Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der geleisteten Mietzahlungen. Trete im Rahmen des Konditionsanspruches an die Stelle der untergegangenen Sache der entsprechende Wertersatz, so müsste dieser ebenfalls um das von der Klägerin erlangte reduziert werden. Auch bei Bemessung des Wertes des Fahrzeugs auf 3.750, Euro müsse der Wertersatz auf 2.695,00 € reduziert werden.

 

Schließlich wiederholt und vertieft die Beklagte ihre bereits in anderen Verfahren und auch im ersten Rechtszug vorgebrachte Rechtsauffassung, ihr Geschäftsmodell verstoße nicht gegen § 34 Abs. 4 BGB. Sie moniert, dass sich das Landgericht mit den insoweit erörterten Rechtsfragen nicht auseinandergesetzt habe; auch die Rechtsauffassung des Senats treffe nicht zu, wie vom BGH entschieden. Wegen der weiteren argumentativen Details wird insbesondere auf die Ausführungen ab S. 9-12 unter Ziff. 4 des Schriftsatzes vom 25.01.2022 (Bl. 293 ff. d.A.) Bezug genommen.

 

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägervertreters vom 18.10.2021 (Bl. 233 ff. d.A.), 31.03.2022 (Bl. 320 ff. d.A.) und 12.04.2023 (Bl. 383 ff. d.A.) nebst Anlagen sowie die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 25.01.2022 (Bl. 285 ff. d.A.), 29.09.2022 (Bl. 347 ff. d.A.) und 06.04.2023 (Bl. 370 ff. d.A.) Bezug genommen.

 

Die Akten des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. ... = Landgericht Frankfurt am Main, Az. ... waren zu Beweiszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

II.

 

Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere jeweils form- und fristgerecht erhoben und ebenso begründet worden (§§ 511, 517, 519 f. ZPO).

 

Die Berufung der Klägerin hat jedoch keinen, die Berufung der Beklagten nur geringfügigen Erfolg, soweit bei der Bemessung des Wertersatzanspruches der Klägerin für den in Verlust geratenen Pkw Hyundai der Gegenanspruch der Beklagten nach der Zug um Zug Verurteilung durch das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main -Berufungskammer- vom 08.06.2020, Az. ... (Bl. 222 ff. d.A.) unberücksichtigt geblieben ist und die Beklagte diesen im zweiten Rechtszug nunmehr geltend macht.

 

1. Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Wertersatz des PKW und zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung dem Grunde nach wehrt.

 

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 823 Abs. 2 BGB bejaht, weil die Beklagte sich in den Besitz des Fahrzeugs im Wege verbotener Eigenmacht gemäß §§ 858, 862 BGB gebracht hat, um dieses versteigern zu lassen und nach Ersteigerung des Fahrzeugs dieses an einen Dritten weiterveräußert hat, weshalb es nicht mehr zurückgegeben werden kann und die Handlung der Beklagten schuldhaft war.

 

Gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist derjenige verpflichtet, der den Schutz des eines Geschädigten bezweckenden Norm verletzt, dem anderen den hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen, wenn das Verhalten des in Anspruch Genommenen rechtswidrig und schuldhaft war.

 

a) Die Beklagte hat, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, in dem sie für die rechtswidrige Besitzentziehung durch die Beauftragung eines Drittunternehmens, der den Wagen wegnahm, um ihn versteigern zu lassen, im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB verbotene Eigenmacht ausgeübt. wobei es sich bei dieser Vorschrift um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handelt. (BGH, Urt. v. 07.03.1956, Az.: V ZR 106/54, BGHZ 20, S. 169 ff.; BGH, Urt. v. 07.05.1991, Az.: VI ZR 259/90, BGHZ 114, 305 ff. Wilhelmi in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 823 Rn. 161)

 

Die Klägerin war Besitzerin des Fahrzeugs. Sie übte gemäß § 854 BGB zum Zeitpunkt des Verlustes dieses Zustandes die unmittelbare Sachherrschaft über das Fahrzeug aus. Vor Abgabe der auf Abschluss des Kaufvertrages und Abschluss eines Mietvertrages gerichteten Willenserklärungen war die Klägerin Eigentümerin und Alleinbesitzerin des Fahrzeugs; sie übte Eigenbesitz aus. Auch nach Unterzeichnung der Erklärung unter den streitgegenständlichen Vertragsurkunde vom 12.11.2018 behielt sie den Besitz.


Sie übte auch im Anschluss hieran berechtigt und zwar mit Wissen und Wollen der Beklagten weiter den unmittelbaren Alleinbesitz an dem PKW aus (§ 854 BGB). Soweit nämlich der Wille der Parteien nach dem Inhalt der Vertragsurkunde vom 12.11.2018 auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtet war, hatte die Beklagte nach ihrem Vorbringen und dem Inhalt des von ihr gestellten Vertrages den Willen, ihre Verpflichtungen nach § 535 Abs. 1 S. 1 BGB zu erfüllen. Nach dieser Regelung ist der Vermieter verpflichtet, die Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren. Die ungestörte Gebrauchsüberlassung und damit die uneingeschränkte Verfügung über den Mietgegenstand ist gerade Hauptleistungspflicht aus dem Mietvertrag. Damit kann die Tatsache, dass die Klägerin nach Unterzeichnung der Vertragsurkunde am 12.11.2018 den Hauptschlüssel behielt, der Beklagten die Zulassungsbescheinigung II (früher Kfz-Brief) und einen Reserveschlüssel überließ, nachdem sie das Fahrzeug an die Beklagte zunächst übereignet hatte, um es anschließend anzumieten, nicht so verstanden werden, als habe die Klägerin der Beklagten Mitbesitz eingeräumt. Vielmehr ist das Verhalten der Klägerin bei der gemäß §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung so zu verstehen, dass die Beklagte im Hinblick auf den Mietvertrag und die Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 868 BGB lediglich den mittelbaren Besitz, nicht jedoch im Sinne des § 866 BGB den Mitbesitz einräumte. Besitzt jemand eine Sache als Mieter oder aufgrund eines ähnlichen Verhältnisses, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer; allerdings lediglich mittelbarer Besitzer. Da der Mitbesitz gleichstufig sein muss, haben mittelbarer und unmittelbarer Besitzer nicht im Sinne des § 866 BGB Mitbesitz (BGH, Urt. v. 10.11.1982, Az.: V ZR 245/81, BGHZ 85, S. 263).

 

Die Notwendigkeit der Vereinbarung eines Besitzkonstitutes ergab sich im Übrigen vor dem Hintergrund des Zieles der Vertragsurkunde vom 12.11.2018, vor Abschluss des Mietvertrages über das Fahrzeug dieses an die Beklagte zu verkaufen. Dafür musste die Klägerin das Fahrzeug an die Beklagte im Sinne des § 929 BGB übereignen. Da eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB nicht stattfinden sollte, weil die Klägerin das Fahrzeug weiterfahren wollte und sollte, musste auch insoweit gemäß § 930 BGB die Übergabe durch Vereinbarung eines entsprechenden Besitzkonstituts ersetzt werden.

 

b) Aber selbst wenn, wie die Beklagte es vorgetragen und mit der Berufung geltend macht, durch Überlassung des Zweitschlüssels und Überlassung der Zulassungsbescheinigung II ihr von der Klägerin nicht lediglich mittelbarer Besitz sondern echter Mitbesitz im Sinne des § 866 BGB eingeräumt worden wäre, schlösse dies eine verbotene Eigenmacht nicht aus, da die Besitzschutzrechte nach dieser Vorschrift zwischen den Mitbesitzern nur insoweit nicht stattfinden, als es um die Grenzen der jeweiligen Besitzrechte geht. Ein Mitbesitzer kann gegenüber dem anderen Mitbesitzer durch vollständigen Entzug dessen Besitzes auch nach dieser Vorschrift ohne weiteres verbotene Eigenmacht begehen (vgl. BGH, Urt. v. 06.04.1973, Az.: V ZR 127/72, MDR 1973, S. 572 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 16.10.2020, Az.: 2 W 50/20, ZMR 2021, S. 479, Rn. 6; Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 866 Rn. 4).

 

c) Die Beklagte war zur Entziehung des Besitzes durch sich oder einen Dritten nicht berechtigt. Dies gilt bereits unabhängig von der Frage, ob der Kaufvertrag oder der Mietvertrag oder beide Verträge im Hinblick auf den Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB oder wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig waren.

 

aa) Denn selbst wenn der Mietvertrag wirksam gewesen wäre und die Klägerin gemäß § 986 BGB nach Beendigung des Mietvertrages aufgrund der Kündigung der Beklagten gemäß §§ 542 Abs. 2, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB kein Recht mehr zum Besitz gehabt hätte oder nach § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet gewesen wäre, die Mietsache an die Beklagte herauszugeben, wäre die Beklagte nicht berechtigt gewesen, der Klägerin als Mieterin den Besitz an dem Fahrzeug unter Berufung auf § 6 lit. d) des Mietvertrages den Besitz ohne deren Willen zu entziehen, das Fahrzeug in Besitz zu nehmen, hierbei auch das befriedigte Besitztum des Mieters zu öffnen, dieses zu betreten, sogar ohne Beschränkung der Tageszeit, und das Fahrzeug ohne Ankündigung vorläufig sicherzustellen. Unwirksam ist auch die Vereinbarung in § 6 lit. f), dass der Mieter im Falle der Wegnahme des Fahrzeugs durch die Vermieterin auf die Einrede der Wegnahme durch verbotene Eigenmacht oder auf Ansprüche nach § 859 ff. BGB verzichte.


Die in § 6 des Mietvertrages geregelten Ermächtigungen der Beklagten, auf die dort beschriebenen Art und Weise Zugriff auf das Fahrzeug gegen den Willen des Mieters zu nehmen, einschließlich des Verzichts des Verzichts der Klägerin auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus verbotener Eigenmacht, wäre für den Fall der Wirksamkeit des Mietvertrages gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB unwirksam. Bei den entsprechenden Klauseln in der Vertragsurkunde handelt es sich unzweifelhaft um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB, weil es um für eine Vielzahl von Verträgen formulierte Vertragsbedingungen handelt, die die Beklagte als Verwenderin der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages gestellt hat. Unerheblich ist, dass es noch anderweitige gesonderte Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten geben soll - die allerdings nicht zur Gerichtsakte gelangt sind - und die hier untersuchten Klauseln in der unterzeichneten Vertragsurkunde abgedruckt sind.


Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen von Treu und Glauben und unangemessene benachteiligen Eine Benachteiligung liegt nach § 307 Abs. 2 S. 1 BGB im Zweifel immer dann vor, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Eine solche Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken der Regelung ergibt sich bereits aus § 6 lit. f) selbst. Unabhängig von der Frage des Bestehens eines Herausgabeanspruchs und unabhängig von der Frage, ob ein ursprünglich bestehendes Recht zum Besitz durch Beendigung der schuldrechtlichen Verpflichtung entfallen ist, verbieten §§ 858 ff. BGB die Selbstexekution von Herausgabeansprüchen. Hinzukommt, dass der Vermieter nach den AGB ermächtigt werden soll, befriedetes Besitztum zu eröffnen, mithin Hausfriedensbruch im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB oder Sachbeschädigung nach § 303 BGB StGB zu begehen und der Mieter auf Ansprüche und Einwendungen gegen dieses an sich rechtswidrige Vorgehen verzichten soll. Der pauschale Verzicht auf Schutzrechte ist grundsätzlich unzulässig. Beispielsweise verbietet deshalb § 309 Nr. 2 lit. a) BGB Bestimmungen, durch die Leistungsverweigerungsrechte des Vertragspartners ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

 

bb) Das Landgericht ist im Ergebnis allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte schon deshalb nicht zur Wegnahme des PKW berechtigt war, weil sowohl der Kauf- als auch der Mietvertrag nichtig waren.

 

Denn die Beklagte ist durch das Berufungsurteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... rechtkräftig zur Rückgewähr des erlangten PKW verurteil worden. Sie war ist und ist zur Herausgabe verpflichtet.

 

d) Die Entziehung des Besitzes der Klägerin war rechtswidrig, weil dies durch die verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 und § 862 BGB indiziert ist.

 

Der Einwand der Beklagten in der Berufungsbegründung, die Klägerin könne sich nicht auf ein vertragliches Besitzrecht berufen, weil der Mieter nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts die Sache aufgrund eines vertraglichen Rechts zum Besitz nutze, so dass es an einem absoluten Recht fehle, welches nach § 823 Abs. 1 BGB verletzt werden könnte, insbesondere die Erwägung, dass der Besitz nicht als absolutes Recht geschützt werde, beruht auf einem rechtlichen Missverständnis.

 

Die Beklagte verwechselt die Frage, ob für den Fall eines klägerseits an die Beklagte eingeräumten Mitbesitzes im Sinne des § 866 BGB die Regeln über die verbotene Eigenmacht angewendet werden können und dann § 823 Abs. 2 BGB einen Ersatzanspruch auflösen kann, von der hiervon zu unterscheidenden dogmatischen Frage, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Besitz, gegebenenfalls ein vertraglich berechtigter Besitz, als absolutes und damit sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden kann.

 

Anders als § 823 Abs. 1 BGB setzt die Haftung wegen einer Schutzgesetzverletzung nach gemäß § 823 Abs. 2 BGB gerade nicht die Verletzung eines absoluten Rechts voraus, sondern knüpft lediglich an die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer bestimmten Norm an, die den Schutz des Geschädigten bezweckt. Andernfalls würde beispielsweise die rechtswidrige Einwirkung auf die Vermögensdispositionsfreiheit, die nicht als absolutes Recht geschützt ist und nach § 823 Abs. 1 BGB keine Haftung auslöst, im Falle der Erfüllung des Betrugstatbestandes gemäß § 263 StGB keinen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen. § 823 Abs. 2 BGB hat aber gerade den Zweck, im Hinblick auf das Recht der unerlaubten Handlung in bestimmten Fällen auch dann eine Haftung des Schädigers zu ermöglichen, wenn dieser kein absolutes dem Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB unterfallendes Recht verletzt. Die Beklagte erstreckt die Notwendigkeit der Verletzung des absoluten Rechtes als Tatbestandsvoraussetzung des § 823 Abs. 1 BGB auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des §§ 823 Abs. 2 (so ausdrücklich auf Seite 4 der Berufungsbegründung, Bl. 288 d.A. oben). Tatsächlich setzt § 823 Abs. 2 BGB von seinem Zweck und seiner Entstehungsgeschichte diese Verletzung des absoluten Rechts gerade nicht voraus; die Vorschrift bildet gerade den Auffangtatbestand im Falle des Rechts der unerlaubten Handlung, in der ein in § 823 Abs. 1 geschütztes absolutes Recht nicht verletzt ist, insbesondere dann, wenn die Rechtsposition nicht in den Schutzbereich des Abs. 1 fällt, wie es von der Beklagten hinsichtlich bestimmter Besitzarten ausgeführt wird. Die beiden Absätze des § 823 BGB unterscheiden sich grundlegend. § 823 Abs. 1 BGB hebt aus der Fülle der Güter und Rechte die besonders schutzwürdigen Positionen heraus; die Vorschrift ist also rechtsgutsorientiert. § 823 Abs. 2 knüpft die Haftung dagegen an den schuldhaften Verstoß gegen Verhaltensgebote (vgl. Staudinger/Hager (2017), BGB, § 823, Rn. A 7),

 

e) Die Beklagte handelte auch schuldhaft, weil fahrlässig (§§ 276, 278 BGB).


aa) Anders als vom Landgericht und den Parteien angenommen, ist ein Verschulden des in Anspruch genommenen erforderlich.

 

Zwar kommt es auf ein Verschulden bei der Störung oder dem Entziehungsakt des Handelnden grundsätzlich für die Erfüllung des Tatbestandes der verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB nicht an (RG; Urt. v. 27.05.1903, Az.: V 29/03, RGZ S. 55 ff., (57); RG, Urt. v. 07.02.1908, Az. VII 466/07, RGZ 67, S. 387 ff. (389); OLG Koblenz, Urt. v. 07.09.1999, Az.: 3 U 158/99, NJW-RR 2000, S. 1606 (1608)). Dies gilt jedoch nicht für die Bejahung eines Schadensersatzes wegen Schutzgesetzverletzung nach § 823 Abs. 2 BGB (Elzer in: Erman BGB, Kommentar, 16. Aufl. 2020, § 858, Rn. 11). Vielmehr ist Verschulden nach§ 823 Abs. 2 S 2 BGB stets Voraussetzung der Haftung. Es braucht jedoch nur hinsichtlich der Verletzung des Schutzgesetzes vorzuliegen (RG, Urt. v. 27.05.1903, Az. V 29/03, RGZ S. 55 ff., (57); BGH, Urt. v. 17.07.2008, Az. I ZR 219/05, NJW 2008, S. 3565 f. (3566), Rn. 13); Staudinger/J Hager (2021) BGB § 823 G 34; BeckOK/Förster, BGB, 63 Ed. (Stand: 01.08.2022), § 823, Rn. 283; MünchKomm/Wagner, 9. Aufl. 2022, § 823 Rn. 606; BeckOGK/Spindler, BGB (Stand: 01.07.2022), § 823 Rn. 272.)

 

bb) Die Beklagte handelte zumindest fahrlässig, auch wenn sie im Hinblick auf die von ihr veranlasste Sicherstellung und die hierdurch ausgeübte verbotene Eigenmacht in der Überzeugung gehandelt haben mag, ihr Geschäftsmodell sei rechtmäßig und die im § 6 des Mietvertrages geregelte besonders starke Form der Durchsetzung der Inbesitznahme des Fahrzeugs sei für sich genommen erlaubt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte unter Zugrundelegung eines Sorgfaltsmaßstabes im Sinne des §§ 276 BGB i.V.m. § 278 BGB im Zusammenhang mit der bereits oben dargestellten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und der des 6. Zivilsenats aber auch weiterer Gerichte zumindest mit der Möglichkeit hätte rechnen müssen, dass ihr Geschäftsmodell bemakelt sein könnte und darüber hinaus auch die Art der Sicherstellung gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

 

Im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis gelten erleichterte Voraussetzungen, weil bei dem Vorliegen einer objektiven Schutzgesetzverletzung nach der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Meinung regelmäßig das Verschulden vermutet wird (BGH, Urt. v. 26.11.1968, Az.: VI ZR 212/66, BGHZ 51, S. 91, (103); BGH, Urt. v. 19.11.1991, Az.: VI ZR 171/91, BGHZ 116, S. 104 ff.; BGH, Urt. v. 13.12.1984, Az.: III ZR 20/83, NJW 1985, S. 1774; Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, 6. Aufl. 2014 Rn. 294), insbesondere, wenn die Umschreibung des Tatbestandes ein solches nahelegt (BGH, Urt. v. 19.11.1991, Az.: VI ZR 171/91, BGHZ 116, S. 104 ff.; BGH, Beschl. v. 17.01.1984, Az.: VI ZR 35/83, VersR 1984, S. 270). Dies ist im Hinblick auf die besondere Tatbestandsstruktur der verbotenen Eigenmacht im Sinne einer rechtswidrigen Besitzentziehung ohne weiteres zu bejahen (Wilhelmi in: Erman BGB, Kommentar, 16. Aufl. 2020, § 823, Rn. 159).

 

2. Vor dem Hintergrund des rechtswidrigen Entzuges des Besitzes und des endgültigen Verlustes des Zugriffs und des Wertes der streitgegenständlichen Hyundai ist die Beklagte verpflichtet, den durch diesen Rechtsverlust bei der Klägerin entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 249 BGB).

 

a) Die Klägerin hat, wie vom Landgericht zutreffend erwogen, gemäß § 251 BGB analog einen Anspruch auf Nutzungsausfall.

 

Denn die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Entschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile, wonach die Geschädigte tatsächlich an der Nutzung seines Fahrzeugs gehindert war und der Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug sich für sie als fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil ausgewirkt hat, weil sie das Fahrzeug während der Herstellungszeit mit der Zeit nutzen wollte, sie zur Nutzung in der Lage war und die Entbehrung der Nutzung und nicht in anderer, anrechenbarer Weise auffangen konnte (vgl. hierzu Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB (Stand: 19.07.2022), Rn. 221), sind vom Landgericht zutreffend festgestellt worden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

 

b) Das Landgericht hat ferner zutreffend gemäß § 287 ZPO bei der Höhe des Anspruchs von der eröffneten Möglichkeit der Schätzung des Schadens Gebrauch gemacht. Die vom Landgericht zu Grunde gelegte Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch ist nicht zu beanstanden. Ebenfalls bestehen keine Bedenken gegen die vom Landgericht vorgenommene Vergleichsbetrachtung, wonach für den Fahrzeugtyp des klägerischen Fahrzeugs ein Tagespreis zwischen 23,00 und 27,00 € ausgewiesen werde und vor diesem Hintergrund ein Tagessatz von 25,00 € angemessen sei. Schließlich macht sich der Senat die Berechnung des Landgerichts zu eigen, dass, ausgehend vom Tag der Besitzentziehung am 11.03.2019 bis zum 04.02.2021, für 697 Tage und damit rechnerisch 17.425,00 € Nutzungsausfall angefallen wären.

 

In diesem Zusammenhang war sich allerdings mit den ausführlichen und eingehenden Einwänden der Beklagten gegen diese Schätzung auseinanderzusetzen, wie sie insbesondere im Schriftsatz vom 06.04.2023 (Bl. 370 ff. d.A.), insbesondere ab S. 9 (Bl. 378 ff. der Akte) zum Ausdruck gekommen sind.

 


Es trifft zu, dass innerhalb der obergerichtlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen im Werkvertragsrecht und auch im Kaufrecht (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 07.11.2019, Az. 22 U 16/19, zit. n. juris) durchgreifende Bedenken gegen die Berechnung eines fiktiven Schadensersatzanspruches im Werkvertrags und Kaufvertragsrecht geäußert worden sind. Ferner - hierauf hatte der Senat auch im Termin abgestellt - soll die Vermeidung einer Bereicherung des Geschädigten infolge einer Schadensüberkompensation vermieden werden. Auch die weiteren Einwendungen der Beklagten sind vertretbar und beachtlich. Demgegenüber ist jedoch auch der mit Nachdruck im Termin vorgetragene Einwand der Klägerin zu berücksichtigen, die sich gegen eine dogmatische Gleichsetzung einer fiktiven Schadensberechnung mit dem hier zugrunde gelegten Nutzungsersatzanspruch für die fehlende Nutzbarkeit eines Kfz bei Beschädigung oder Entziehung einsetzt und Wert auf die Feststellung legt, dass die Rechtsprechung zum Nutzungsersatz bei Kraftfahrzeugen in der Sache einen echten Vermögensschaden ausgleichen soll.

 

Hierfür spricht, dass der BGH sich mittlerweile in gefestigter Rechtsprechung von der früher geäußerte Tendenz, es müsse dem Kommerzialisierungsgedanken entgegentreten werden, weniger Gewicht beimisst, wenn er ausgeführt, dass bei Beeinträchtigung eines Gutes oder Entziehung desselben der entstandene, in Geld messbare Nachteil auch dann einen Vermögensschaden darstelle, wenn sich bei einer auf das Gesamtvermögen bezogenen Differenzrechnung keine bleibende Einbuße feststellen lasse (so schon BGH, Urt. v. 07.05.1956, Az. III ZR 243/54, NJW 1956, S. 1235). Dies gelte insbesondere für Gebrauchsvorteile eines Pkw (BGH, Urt. v. 18.09.1975, Az. III ZR 139/73, BGHZ 65, S. 170-182). Deshalb ist der BGH der Ansicht, dass zwar nicht jede Beeinträchtigung eines kommerzialisierten Lebensgutes einen Vermögensschaden darstellt. Falls der Eigentümer eines privat genutzten Pkw der die Nutzungsmöglichkeit zur Nutzung eines Pkws eingebüßt hat nach ständiger Rechtsprechung auch dann einen Schadensersatzanspruch haben soll, „wenn er kein Ersatzkraftfahrzeug mietet“, ist nach dem Verständnis des Senats allerdings der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Pkws, und zwar gleichgültig ob die Ersatzpflicht auf Delikt oder Vertrag beruht, als ein solcher Vermögensschaden anzusehen (vgl. zuletzt BGH NJW 2010, S. 2126; BGH, Urt. v. 06.12.2018, Az.: VII ZR 285/17, NJW 2019, S. 1064). Soweit diese Rechtsprechung dabei („auch wenn er kein Ersatzkraftfahrzeug mietet“) hinsichtlich der Höhe des Nutzungsersatzes sich an den durchschnittlichen Kosten eines Mietwagens orientier, ist für die Höhe des Tagessatzes die vom Landgericht vorgenommene Schätzung insoweit nicht zu beanstanden.

 

Insbesondere besteht wegen § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO für den Senat keine Veranlassung, die Feststellungen des Landgerichts durch eigene zu ersetzen. Denn das Landgericht hat insoweit von der ihm ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit der Schadenschätzung nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO Gebrauch gemacht. Soweit zwischen den Parteien streitig ist, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, entscheidet das Gericht hierüber unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung; ob eine beantragte Beweisaufnahme anzuordnen ist, ist ebenfalls dem Ermessen des Gerichts überlassen (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO).

 

Die Berechnung ist nachzuvollziehen, weil für die Bemessung des Schadens in der erfolgten Art und Weise hinreichende Anhaltspunkte bestehen; sie hängt auch nicht mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen „in der Luft“ (vgl. BGH, Urt. v. 22.05.1984, VII ZR 18/83, BGHZ 91, S. 243 (256); OLG Frankfurt, Urt. v. 03.02.2023, Az. 2 U 88/21, zit. n. juris). Das Landgericht hat die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung mitgeteilt (vgl. BGH, Urt. 19.02.1991, Az.: VI 171/90, NJW 1991, S. 2340 (2342); BGH, Urt. v. 24.05.1988, Az.: VI ZR 159/87, NJW 1989, S. 773; (OLG Frankfurt, Urt. v. 03.02.2023, Az. 2 U 88/21, zit. n. juris)

 

Da das Landgericht als „Tatgericht“ nach dem Dargelegten zu dieser Schätzung befugt war, ist es weder Sache des Senats, noch der Parteien, die Ermessensausübung des Landgerichts durch eine eigene zu ersetzen, weil ein Ermessenfehler nicht zu erkennen ist.

 

3. Der Klägerin kann kein mitwirkendes Verschulden bei Entstehung des Schadens gem. § 254 Abs. 1 BGB vorgeworfen werden. Der Vorwurf der Beklagten eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 2. Var. BGB im Hinblick auf die Dauer des Nutzungsersatzes greift allerdings durch. Insoweit erweist sich die Berufung der Klägerin als unbegründet.

 

a) Entgegen der Einwände der Klägerin in der Berufung bestehen gegen Anwendbarkeit des § 254 Abs. 1 und des § 254 Abs. 2 BGB keine Bedenken.

 

Abgesehen von dem Umstand, dass es sich bei den geltend gemachten und dem Grunde nach bestehenden Ansprüchen aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB ohnehin um eine Verschuldenshaftung handelt, wie dargelegt, beruht die Argumentation der Klägerin ersichtlich auf einem dogmatischen Missverständnis. Selbst wenn die Beklagte, wie vom Landgericht und von der Klägerin irrtümlicherweise angenommen, die Haftung der Beklagten auch ohne Verschulden gegeben wäre, bestünden auch in diesem Falle gegen die Anwendbarkeit des § 254 Abs. 1 und Abs. 2 BGB keine Bedenken. Soweit die Klägerin in der Sache davon ausgeht, mangels Verschuldens der Beklagten könne es kein Mitverschulden der Klägerin geben - auf Grundlage dieses Argumentes rügt die Klägerin einen Denkfehler in der landgerichtlichen Entscheidung - hat diese Erwägung keine gesetzliche Grundlage. Bereits der Wortlaut des § 254 Abs. 1 BGB stellt lediglich auf die Frage ab, ob „bei Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt“ hat und stellt hinsichtlich der Verpflichtung zum Ersatz sowie den Umfang des zu leistenden Ersatzes auf die Umstände und insbesondere darauf ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Von einem „Mitverschulden“ ist nur in der Überschrift die Rede. Die Frage der Verursachung des Schadens durch eine Mitwirkung des Geschädigten oder aufgrund seines eigenen Verschuldens knüpft gerade nicht daran an, dass und inwieweit die haftungsbegründende Norm ihrerseits ein Verschulden voraussetzt. Folgerichtig ist der Literatur allgemein anerkannt, dass § 254 BGB bei der Prüfung des Umfangs des Schadensersatzes auf alle Normen Anwendung findet, die in der Rechtsfolge Schadensersatz gewähren und zwar auch dann, wenn der Tatbestand der anspruchsbegründenden Norm ihrerseits kein Verschulden voraussetzt, wie beispielsweise im Falle des § 536a Abs. 1 1. Var. BGB für die Schadensersatzpflicht des Vermieters bei anfänglichen Mängeln. Soweit keine Sonderregelungen bestehen, ist § 254 BGB daher auf alle Schadensersatzansprüche anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob der Anspruch auf einem Verschulden des Schädigers oder einer besonderen Betriebsgefahr oder sonstigen Umständen beruht (vgl. BeckOK BGB/Lorenz, 63. Ed. 01.08.2022, BGB § 254 Rn. 2 ff.; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 254 Rn. 7; Ebert in: Erman BGB, 16. Aufl. 2020, § 254 Rn. 7; Staudinger/Höpfner (2021) BGB § 254 Rn. 5). Dies entspricht auch ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH; Urt. v. 04.04.1977, Az.: VIII ZR 143/25, BGHZ 68, S. 281 ff., (288); BGH, Urt. v. 05.12.1990, Az.: VIII ZR 331/89, NJW-RR 1991, S. 971 f. Rn. 16: zu § 538 BGB; BGH, Urt. v. 06.07.1977, Az.: VIII ZR 277/75, NJW 1977, S. 1818 f, Rn. 32: zu § 231 BGB; BGH, Urt. v. 22.09.1981, Az.: VI ZR 144/79, VersR 1981, S. 1179, Rn. 11 f.: zu § 833 BGB).

 


Dem steht auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 11.05.1988, VIII ZR 96/87, BGHZ 104, S. 285 ff.) zum Nutzungsausfallersatz nach § 557 Abs. 1 in der bis 2001 geltenden Fassung, der dem jetzt geltenden § 546a BGB entspricht, nicht entgegen. Denn bei § 557 Abs. 1 BGB a.F. handelte und bei § 546a BGB handelt es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch des Mieters, sondern um einen vertraglicher Anspruch eigener Art, der nach Beendigung des Mietverhältnisses bzw. des bestehenden Abwicklungsverhältnisses an die Stelle des Mietanspruchs tritt (BGH, Beschl. v. 20.11.2002, Az. VIII ZB 66/02, NZM 2003, S. 231; BGH, Urt. v. 22.10.1997, Az. XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, S. 803 (805); BGH, Urt. v. 15.02.1984, Az. VIII ZR 213/82, NJW 1984, S. 1527 (1528); Lindner-Figura/Oprée/Stellmann/Pietz/Oprée, MietR, 4. Aufl. 2017, Kap. 16 Rdnr. 67; Guhling/Günter/Krüger, MietR, 2. Aufl. 2019, BGB § 546a Rn. 4). Deshalb ist § 254 BGB ist nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 11.05.1088, Az. VIII ZR 96/87, NJW 1988, S. 2665; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Auf. 2020 BGB, § 546a Rdnr. 11; Guhling/Günter/Krüger a.a.O.).


Die Vorschrift des § 254 BGB beruht mithin auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Dinge erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seines Schadensersatzanspruchs hinnehmen muss (BGH; Urt. v. 03.07.1951, Az.: I ZR 44/50, BGHZ 3, S. 46 (49); BGH, Urt. v. 29.04.1953, Az.: VI ZR 63/52, BGHZ 9, S. 316 ff. (318)) Nach der Rechtsprechung ist sie damit auch ein besonderer gesetzlicher Ausdruck von § 242 BGB (stg. Rspr., vgl. aus jüngerer Zeit BGH, Urt. v. 28.04.2015, Az.: VI ZR 206/14, NJW-RR 2015, S. 1056, Rn. 13 m.w.N.).


b) Die Klägerin muss sich bei Entstehung des Schadens gemäß § 254 Abs. 1 BGB entgegen der Bewertung des Landgerichts und der Einwände der Beklagten keinen Verschuldensvorwurf zurechnen lassen.

 

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt gem. § 254 Abs. 1 BGB die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang der Leistung von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.


aa) Der Klägerin kann nicht vorgehalten werden, von der Beklagten in den Verträgen schriftlich auf das Verbot des § 34 Abs. 4 Gewerbeordnung hingewiesen worden und deshalb bewusst ein Risiko des Rechtsverlustes eingegangen zu sein. Die Beanstandung des Rechtsgeschäfts durch die Klägerin beruht gerade auf der Erwägung, durch die tatsächliche Gestaltung des Vertrages und des Geschäftsmodells „X“ irregeführt worden zu sein. Außerdem hat der BGH einen Verstoß gegen § 34 Abs. 4 GewO verneint (vgl. BGH, Urt. 16.11.2021, Az. VIII ZR 288/21, zit. n. juris, BGH, Urt. 16.11.2021, Az., VIII ZR 436/21, zit. n. juris).


bb) Die Klägerin hat die Sicherstellung des Fahrzeugs auch nicht durch eine Vertragsuntreue ausgelöst. Abgesehen von dem Umstand, dass sie nach den oben dargelegten Erwägungen auch bei Wirksamkeit des Mietvertrages für den Fall einer durch Zahlungsverzug bedingten Kündigung zwar verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 546 Abs. 1 BGB das gemietete Fahrzeug an die Beklagte herauszugeben und bis zur Herausgabe gem. § 546a Abs. 1 BGB in Höhe der vereinbarten Miete ein Nutzungsentgelt zu entrichten; dies ist auch in dem Vertragsformular so geregelt. Die Klägerin wäre aber auch aus den dargelegten Gründen im Hinblick auf das gesetzliche Verbot der eigenmächtigen Besitzentziehung gemäß § 858 BGB wegen der Unwirksamkeit des § 6 des Mietvertrages gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch im Falle der Vertragsuntreue nicht berechtigt gewesen, den Besitz ihrer Kundin unter Berufung auf die vermeintlich in § 6 des Mietvertrages geregelten Voraussetzungen eigenmächtig zu entziehen.

 

cc) Schließlich hat sich die Klägerin schon deshalb nicht vertragsuntreu verhalten, weil sie von Anfang an im Hinblick auf die eine denkbare Nichtigkeit des Vertrages, den sie nicht zu vertreten hätte, wenn er nichtig wäre, und von der sie in diesem Falle nichts gewusst hätte, ggf. nicht zur Zahlung der Miete verpflichtet gewesen wäre.


dd) Die Klägerin hat auch nicht unter Verletzung ihre Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S.1 2. Alt. BGB gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Insofern macht sich der Senat die Bewertung des Landgerichts zu eigen, dass ein Mietwagen höhere Kosten als 25,00 € täglich verursacht hätte und auch tägliche Taxikosten allein zur Arbeitsstelle und zurück jedenfalls nicht günstiger gewesen wären.

 

c) Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 S. 1 2. Alt. BGB liegt jedoch vor, indem die Klägerin sich nicht innerhalb absehbarer Zeit ein Ersatzfahrzeug beschafft hat, sondern hiermit fast zwei Jahre zuwartete.

 

Soweit die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leisten Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon abhängt, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, gilt gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB auch dann, wenn der Geschädigte es zum einen unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlichen Schadens aufmerksam zu machen oder wenn er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.

 

aa) Das Landgericht hat zunächst zu Recht darauf abgestellt, dass der Klägerin nicht vorgeworfen werden kann, sich nicht sofort ein Ersatzfahrzeug angeschafft zu haben. Insofern hat die Klägerin auch unwiderlegt vorgetragen, hierzu aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht in der Lage gewesen zu sein. Hierfür spricht insbesondere, dass sie sich trotz der Erzielung eines Einkommens aus ihrer beruflicher Tätigkeit - dies folgt aus ihrem Vortrag, sie habe das Fahrzeug zur täglichen Reise zur Arbeitsstätte bei A benötigt - gerade im Hinblick auf ihre finanziell angespannte Situation an die Beklagte gewandt hatte, um sich auf die Art und Weise ein(e Art) Darlehen zu beschaffen.

 

bb) Sie hat durch Zuwarten von über 697 Tage, d.h. über nahezu zwei Jahre allerdings gegen ihre entsprechende Schadensminderungspflicht verstoßen.

 

Denn auch dieser Ersatzanspruch auf Nutzungsausfall ist - wie der Anspruch auf Mietwagenkosten -auf die erforderliche Ausfallzeit beschränkt. Grundsätzlich ist der Geschädigte zur Schadensbehebung in angemessener Zeit und damit im Interesse der Beschränkung der Ausfallzeit auf ein Mindestmaß regelmäßig zur unverzüglichen Einleitung von Wiederherstellungsmaßnahmen verpflichtet, Verzögerungen bei der Wiederherstellung sind nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB anspruchsmindernd, wenn sie der Geschädigte zu vertreten hat. Dauert die Beschaffung eines Ersatzwagens infolge Verzögerung der Ersatzleistung lange Zeit dauert, ist die Nutzungsentschädigung in der Regel ebenso lang (OLG Köln, Urt. v. 29.11.1972, Az.: 2 U 31/72, VersR 1973, S. 323: dort 321 Tage; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.01.2007, Az. I-1 U 151/06, zit. n. juris).

 

(1) Ist eine lange Dauer von Anfang an absehbar, kann dem Geschädigten aber die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zugemutet werden. Dann steht ihm keine Nutzungsentschädigung zu (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 13.12.1989, Az. 9 U 206/87, NZV 1990, S. 150; Staudinger/Höpfner (2021) BGB § 251, Rn. 66). Ist der Geschädigte zur Vorfinanzierung der Instandsetzung oder der Ersatzbeschaffung nicht in der Lage und verzögert sich daher die Wiederherstellung, verletzt er seine Schadensminderungspflicht nicht, wenn er den Schädiger rechtzeitig davon in Kenntnis setzt und auf die Gefahr einer Schadensvergrößerung hinweist (§ 254 Abs. 2 1. Alt BGB). Dies hat die Klägerin zwar unterlassen. Insoweit ist aber zu beachten, dass der Geschädigte, zur Vorfinanzierung aus eigenen oder fremden Mitteln grundsätzlich nicht verpflichtet ist und eine solche Obliegenheit nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn ein Zuwarten mit der Beseitigung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.01.2007, Az. I-1 U 151/06, zit. n. juris; Staudinger/Höpfner (2021) BGB § 251, Rn. 66). Auch eine Kreditaufnahme dürfte in aller Regel ausscheiden (Staudinger/Höpfner (2021) BGB § 251, Rn. 66). Hat der Geschädigte ein Kontokorrentkonto bei einem Geldinstitut, so kann von ihm u.U. die Inanspruchnahme eines ihm hierdurch möglichen Kredits oder eines auf seinem Gehaltskonto eingeräumten Dispositionskredits erwartet werden. Dagegen kann eine sonstige Kreditaufnahme allenfalls in Ausnahmefällen verlangt werden, etwa wenn der Geschädigte sich ohne Schwierigkeiten den Kredit beschaffen kann und durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Beweispflichtig hierfür ist hier zwar der Schädiger, wobei den Geschädigten eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast trifft, die freilich nicht zu weit gezogen werden darf. Der Einsatz von eigenen Mitteln ist ebenfalls nur zumutbar, wenn dies ohne besondere Einschränkung der gewohnten Lebensführung möglich ist (Staudinger/Höpfner (2021) BGB § 251, Rn. 66). Dieser Vorwurf kann der Klägerin nicht gemacht werden.


(2) Soweit die Klägerin behauptet, sie sei nicht untätig gewesen und habe nicht abgewartet, sondern auf Herausgabe des Fahrzeugs geklagt, nachdem die Beklagte in rechtswidriger Weise die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert habe, so dass der Verschuldensvorwurf auf die Beklagte zurückfalle, die den Schaden durch eine zeitnahe Rückgabe des Fahrzeugs hätte minimieren können, ist diese Argumentation zwar nachzuvollziehen, wenn dieser Sachverhalt zuträfe. Dies stimmt jedoch mit dem Zeitablauf nicht überein.

 


Entgegen der Feststellung des Landgerichts hatte die Klägerin die Beklagte nicht sogleich aufgefordert, das Fahrzeug herausgegeben und insoweit ein Klageverfahren eingeleitet. Die Klägerin konnte gerade nicht darauf vertrauen, ihr Fahrzeug wieder zu erlangen, auch wenn sie, worauf das Landgericht zu Recht abstellt, wegen ihrer vom Landgericht festgestellten angespannten finanzielle Situation sich zunächst kein Zweitfahrzeug beschaffen musste. Sie datiert den Beginn des Zeitraums, für welchen sie eine Nutzungsentschädigung verlangt, auf den 11.03.2019. Hierbei handelt es sich um den Zeitpunkt, zu dem die Beklagte die Endabrechnung mit dem Entwurf eines Vertrages über den Rückkauf des Fahrzeugs zum Kaufpreis von 1.500,00 € übermittelte (vgl. Bl. 36 ff. BA). Der Zeitpunkt, zu welchem die Beklagte sich den Besitz an dem Fahrzeug verschaffte, ist hingegen nicht bekannt und von den Parteien weder im Vorprozess vor dem Amtsgericht noch in diesem Rechtsstreit vorgetragen worden. Aus dem vorgerichtlichen Schreiben der Beklagten vom 23.02.2019 (Anl. 2, Bl. 7 BA) lässt sich allerdings entnehmen, dass die Klägerin aufgefordert wurde, das Automobil bis spätestens 02.03.2019 um 12:00 Uhr auszuhändigen, so dass die Abholung zu zwischen dem 02.03.2019 und 11.03.2019 stattgefunden haben muss.

 

Die Klägerin hatte allerdings zum Zeitpunkt, als ihr der Rückkauf des Fahrzeugs angeboten wurde und sie eine Endabrechnung erhielt entgegen ihrer Behauptung und entgegen der Feststellung des Landgerichts nicht zeitnah zur Rückgabe des Fahrzeugs aufgefordert.

 


In der am 21.05.2019 (Bl. 1 BA) vor dem Amtsgericht in dem Verfahren ... erhobenen Klage begehrte die Klägerin zunächst lediglich die Erteilung einer Abrechnung über den Versteigerungserlös, Herausgabe des ihr zustehenden Überschusses und Herausgabe der sich in dem Fahrzeug befindlichen persönlichen Habe, die allerdings nicht näher bezeichnet wurde. Die Beklagte hatte sodann im Schriftsatz vom 01.08.2019 (Bl. 34 ff. BA) auf Ihre Endabrechnung vom 11.03.2019 verwiesen und behauptet, bei der Versteigerung sei kein Mehrerlös erzielt worden, sie habe das Fahrzeug weiterveräußert. Die Parteien schlossen sodann einen Vergleich, in welchem wechselseitige Ansprüche verzichtet und die Klägerin auf die Herausgabe eines Mehrerlöses verzichtete. Die Klägerin begründete in ihrem Schriftsatz vom 03.09.2019 den Vergleichswiderruf sodann damit, sie sei wegen ihrer Bitte auf Aushändigung der persönliche Habe hingehalten worden. Erstmals in diesem Schriftsatz wurde die Durchführung der Versteigerung und die diesbezügliche Behauptung der Beklagten, das Fahrzeug anschließend weiterveräußert zu haben, in Zweifel gezogen.

 

Erst mit der Begründung der Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil am 03.12.2019 (Bl. 84 ff. BA) wurde die Beklagte auf Rückübereignung und Herausgabe der streitgegenständlichen Hyundai in Anspruch genommen und hilfsweise die Erteilung einer Abrechnung über den Versteigerungserlös geltend gemacht. Die Klageerweiterung wurde mit einer Streitverkündung gegenüber der Bevollmächtigten der Klägerin im ersten Rechtszug (vgl. Schriftsatz vom 03.12.2019, S. 3, Bl. 86 ff. d.A.) verbunden und damit erklärt, der Beklagten sei keine Teilnahme am Versteigerungstermin ermöglicht worden. Dies habe die Streitverkündete übersehen. Es sei bekannt, dass die wirksame Durchführung einer Versteigerung in der Regel von der Beklagten nicht belegt werden könne, weil diese abgeholten Fahrzeuge nur auf eine Liste geschrieben würden und ein angebliches Versteigerungsprotokoll vorgelegt werde, ohne dass jemals eine öffentliche Versteigerung stattgefunden hätte. In der Berufungserwiderung vom 28.12.2019 (Bl. 125 BA) berief sich die Beklagte erneut auf das bereits im ersten Rechtszug vorgelegte Versteigerungsprotokoll vom 21.03.2019 und stellte die Richtigkeit des Protokolls sowie die Richtigkeit der Behauptung in das Wissen des Auktionators.


Damit gereicht es der Klägerin zum Mitverschulden, dass sie nach Wegnahme des Fahrzeugs, Erhalt der Abrechnung am 11.03.2019, Erhalt der Mitteilung vom 15.04.2019, dass das Fahrzeug ersteigert und weiterveräußert worden sei, der im Anschluss hieran erfolgten Übermittlung des Kfz-Scheins bzw. der Zulassungsbescheinigung I zum 30.04.2019 an die Beklagte, Führung eines Rechtsstreits, der lediglich auf Erteilung einer Abrechnung über den Versteigerungserlös und Herausgabe des Überschusses, trotz Erhaltens der entsprechenden Begründung der Beklagten dem 01.08.2019 über den angebotenen Rückkauf, die erfolgte Versteigerung erstmals unter dem 03.12.2019 (Bl. 84 ff. BA) die Herausgabe des Fahrzeugs geltend machte.

 

Auch wenn die Beklagte durch das Urteil der Berufungskammer vom 08.06.2020 (Anl. K1, Bl. 7 ff. d.A. und Bl. 222 ff. BA) verurteilt wurde, das Fahrzeug Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises abzüglich der Miete i.H.v. 1.054,50 € an die Klägerin zu geben, und die Klägerin nach ihrem Vorbringen erst nach erfolgloser Herausgabevollstreckung und Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung behauptet, erstmals hierdurch von dem endgültigen Verlust einer Zugriffsmöglichkeit auf das herauszugebende Fahrzeug ausgegangen zu sein; (jedenfalls ist das Vorbringen so zu interpretieren), vermag dies die Klägerin nicht entlasten, weil sie tatsächlich nicht rechtzeitig auf Rückgabe des Fahrzeugs gedrungen hat.


(3) Darüber hinaus bestand bereits zum Zeitpunkt des Erhalts des Schreibens vom 15.04.2019 durch die Beklagte, in der auf die Abrechnung vom 11.03.2019 und die erfolgte Versteigerung sowie die Weiterveräußerung hingewiesen wurde, Anlass für die Annahme, dass eine Herausgabe durch die Beklagte tatsächlich unmöglich sein würde. Hätte die Klägerin bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Beklagte auf Schadensersatz, insbesondere auf Zahlung auf von Wertersatz hinsichtlich zu diesem Zeitpunkt bereits wahrscheinlich schon abhandengekommenen Fahrzeugs erhoben, wäre es ihr ohne weiteres möglich gewesen, sich durch den gegebenenfalls zeitnah vollstreckten Erlös ein gleichartiges Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Hyundai um ein 11 Jahre altes Fahrzeug aus dem Kleinwagensegment handelte. Aus dem Abrechnungsschreiben vom 11.03.2019 ergibt sich das Erstzulassungsdatum des Hyundai I 20 unter dem 17.04.2009. Die Klägerin hat den Wert des Wagens mit 3.750,00 € beziffert, der Händlereinkaufswert ist von der Beklagten im Berufungsverfahren vor dem Landgericht in Anlehnung an das sich aus dem Protokoll ergebende Versteigerungslimit auf rund 2.450 € beziffert worden.

 

Hinzu kommt, dass die Klägerin auf das Rückkaufangebot und das Abrechnungsschreiben sowie das Schreiben vom 15.04.2019 der Beklagten mit Übersendung der Kfz-Zulassungsbescheinigung I reagiert hatte und dies die Weiterveräußerung des Fahrzeugs wesentlich erleichterte.

 

(4) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem eingehenden Vortrag zur Begründung der Streitverkündung (Schriftsatz vom 03.12.2019, S. 3 f., Bl. 86 f. d.A.) möglicherweise durch unzulängliche rechtliche Beratung und Vertretung in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main seitens der Streitverkündeten, ihrer früheren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwältin Z bestimmt worden sein sollte, entlastet dies Klägerin im Verhältnis zur Beklagten nicht, weil ihr das Verschulden ihrer Anwältin gemäß § 278 BGB zuzurechnen ist, der in § 254 Abs. 2 S. 2 BGB für entsprechend anwendbar erklärt wird.

 

cc) Vor diesem Hintergrund schließt sich der Senat bei wertender Gesamtschau und Berücksichtigung aller dargelegten Umstände, wie aufgezeigt, und unter Berücksichtigung der in § 254 Abs. 1 BGB aufgeführten Abwägungskriterien der insoweit vom Landgericht vorgenommenen Bewertung der Umstände im Ergebnis an und gelangt zu einer Kürzung der Nutzungsausfallentschädigung um 50 % auf 50 %, mithin, wie vom Landgericht ermittelt, von 17.425,00 € auf 8.712,50 €.

 

dd) Weil ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nur im Hinblick auf die Dauer der geltend gemachten Nutzungsentschädigung besteht und weitere Verstöße entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht festzustellen sind, besteht demgegenüber für eine wesentliche Erhöhung des Mitverschuldensanteils von bis zu 100 %, wie von der Beklagten vorgeschlagen, aus Sicht des Senates keinerlei kein Anlass.

 

ee) Weitere Umstände, die der Klägerin als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zugerechnet werden könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann ihr nicht vorgehalten werden, im Hinblick den Gang der Ereignisse und ihrer Dauer die Beklagte im Sinne des §§ 254 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB auf die mögliche Entstehung eines hohen Schadens aufmerksam gemacht zu haben. Hierfür bestand angesichts der Gesamtsituation keine Veranlassung.

 

Erst recht kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass sie im Zusammenhang mit der Führung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht und der anschließenden Berufung die Klägerin Beklagte angesichts ihrer angespannten Situation nicht ihrerseits um ein Darlehen zur Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs ersuchte, wie die Beklagte in der Berufung geltend macht.

 

Es ist zwar davon auszugehen, dass die Beklagte über entsprechende liquide Mittel zur Gewährung eines solchen Darlehens verfügt hätte. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin gerade mit der Beklagte einen Rechtsstreit im Hinblick auf die Abwicklung eines von ihr als bemakelt angesehenen darlehensähnlichen Geschäftes führte, erscheint eine Bitte an die Beklagte, ihr ein solches Darlehen oder einen Vorschuss zu gewähren, abwegig.

 

Hinzu kommt, dass die Beklagte, wie die Vielzahl der Rechtsstreite zeigt, in den wenigsten Fällen bereit ist, ihren Kunden entgegenzukommen, so dass die Klägerin auch davon ausgehen durfte, eine solche Bitte wäre von vornherein aussichtslos.

 

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte schließlich, wie vom Landgericht zutreffend zuerkannt, einen Anspruch auf Wertersatz i.H.v. 3.750,00 € für den Verlust ihres Fahrzeugs.

 

Nach der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... wurde die Beklagte rechtskräftig dazu verurteilt, das streitgegenständliche Fahrzeug an die Klägerin zurück zu übereignen und herauszugeben. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beklagte im Rahmen der Zwangsvollstreckung mitgeteilt, dass sie nicht wisse, wo das Fahrzeug sei.

 

Die Klägerin ist zum einen gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Zum anderen folgt aus der rechtskräftigen Verurteilung und Titulierung eines Kondiktionsanspruchs der Klägerin nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Var. BGB, dass die Herausgabepflicht gemäß § 818 Abs. 1 BGB auch auf dasjenige erstreckt, was der Empfänger aufgrund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung beschädigen oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirbt bzw. der Kondiktionsschuldner auf Wertersatz haftet, wenn die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des erlangten nicht möglich oder der Empfänger der Leistung aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande ist (§ 818 Abs. 2 BGB).

 

Die Feststellung und Bewertung des Landgerichts gemäß § 287 Abs. 1 ZPO, es sei von einem Fahrzeugwert zum Zeitpunkt der Besitzentziehung von 3.750,00 € auszugehen ist nicht zu beanstanden. Zu Recht verweist die Kammer darauf, dass in dem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main vom 08.06.2020, dieser Wert für das Fahrzeug bestimmt wurde und die Beklagte in der Klageerwiderung vom 27.05.2021 im Rahmen der Bewertungen (siehe oben unter I.) selbst zugrunde gelegt hat und die Beklagte durch ihr Verhalten für den Untergang des Fahrzeuges gesorgt hat, dass sie beweisfällig für einen niedrigeren Fahrzeugwert sei und wertfreie Faktoren nicht vorgetragen habe.

 

Soweit die Beklagte im Vorprozess vor dem Amts- bzw. Landgericht einen geringeren Händlereinkaufswert angegeben hat, ist dies nicht maßgeblich. Der Senat schließt sich auch im vollen Umfang der Bewertung des Landgerichtes an, dass mangels Verbleib des Fahrzeugs jegliche Anknüpfungstatsachen dafür fehlen, um den Fahrzeugwert durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen.


Das Landgericht war schließlich berechtigt, anhand des Fahrzeugtyps seines Alters und des Kilometerstandes von 42.886 km den Fahrzeugwert auf diese Höhe zu schätzen (§ 287 ZPO). Auch gegen diese Schätzung bestehen keine Bedenken.


5. Von diesem Betrag sind jedoch die prozessual im Wege der Hilfsaufrechnung von der Beklagten geltend gemachten 1.045,50 € abzuziehen.

 

Hierbei handelt es sich um den Zahlungsbetrag, der im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ..., wie dargelegt, der Beklagten rechtskräftig zuerkannt wurde. Es handelt sich von der Klägerin ohne Rechtsgrund durch Leistung der Beklagten erlangten Kaufpreises gemäß dem nichtigen Kaufvertrag vom 12.11.2018 i.H.v. 1.500,00 € seinerseits saldiert gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB um die von der Beklagten vereinnahmte und aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuzahlenden Mieten.

 

a) Das Landgericht hat über diese Gegenforderung keine Entscheidung getroffen, weil dieser Einwand erst im zweiten Rechtszug erhoben wurde und weil dieser Einwand angesichts der sonstigen Rechtverteidigung der Beklagten gegen Grund und Höhe des Anspruchs als Hilfsaufrechnung zu bewerten ist.

 

Insofern geht die Rüge in der Berufung der Beklagten fehl, das Landgericht habe sich nicht mit diesem Umstand auseinandergesetzt. Die Beklagte hat dies im ersten Rechtszug nicht eingewandt. Da das Landgericht im ersten Rechtszug den klägerischen Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus unerlaubter Handlung zugesprochen hat, bedurfte es, da es insoweit nicht um die bloße Saldierung geht, zur Reduktion des Anspruches auf Wertersatz der Erklärung einer Aufrechnung (§§ 388, 389 BGB). Erst das Vorbringen der Beklagten im zweiten Rechtszug kann bei der gebotenen Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB als solche verstanden und zugrunde gelegt werden.


b) Auf die Frage, ob dem Anspruch ein Kondiktionsausschluss gemäß § 817 BGB entgegensteht, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da sowohl der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung des Kaufpreises der Klägerin zugesprochen als auch im Wege der Saldotheorie der Kondiktionsanspruch der Beklagten auf Rückzahlung der vereinnahmten Miete (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Var. BGB) durch das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... in Rechtskraft erwachsen ist.


c) Wenn, worauf die Klägerin abstellt, eine Prüfung des § 817 BGB eröffnet wäre, so gelangt das das OLG München für derartige Fallkonstellationen allerdings mit gut vertretbarer Argumentation zu dem Ergebnis, dass der Ausschluss eines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 817 S. 2 BGB im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH (unter Bezugnahme auf BGH, VIII ZR 241/13) keinen beiderseitigen Gesetzesverstoß voraussetze. Es soll danach auch dann eingreifen, wenn lediglich der Leistende verwerflich gehandelt habe. Es dürfe nicht außer Acht bleiben, welchen Zweck das infrage stehende Verbotsgesetz verfolge. Die Vorschrift sei darüber hinaus auch dann einschränkend auszulegen, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar sei und deswegen von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden könne, wobei § 34 Abs. 4 GewO dem Schutz des Kunden vor dem Geschäftskonzept der Beklagten diene (OLG München, Beschl. v. 02.2.2022, Az. 33 7645/21, Anl. BB1, Bl. 326 ff. d.A.). Eine solchen rechtlichen Bewertung stünde die im Urteil des Senats vom 11.08.2021, Az. 2 U 115/20 (zitiert nach juris, Rn. 65) vertretende Auffassung nicht zwingend entgegen, weil in diesem Verfahren die vom BGH nunmehr geforderte Prüfung eines Sittenverstoßes (vgl. BGH, Urt. 16.11.2021, Az. VIII ZR 288/21, zit. n. juris, BGH, Urt. 16.11.2021, Az., VIII ZR 436/21, zit. n. juris) seinerzeit nicht Grundlage der Entscheidung gewesen ist, sondern § 134 BGB i.V.m. § 34 Abs. 4 GewO.

 

Der Ausschluss eines Kondiktionsanspruchs scheitert neben der vorliegenden Rechtskraft der Entscheidung aber vor allem deshalb, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Leistung im Sinne des § 817 S. 2 BGB nur solche Zuwendungen angesehen werden dürfen, die nach dem - nichtigen - Vertragsverhältnis endgültig in das Vermögen des Empfängers übergehen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.1995, Az. XI ZR 225/93, Rn. 13, m.w.N., zit. n. juris). § 817 S. 2 BGB steht einer Rückforderung nämlich regelmäßig dann nicht entgegen, wenn der Bereicherungsgegenstand bzw. sein Wert dem anderen nur vorübergehend übertragen werden sollte, was insbesondere bei der Auszahlung von Darlehensvaluta der Fall ist (vgl. BeckOK BGB/Wendehorst, 62. Ed. 1.5.2022, BGB § 817 Rn. 20, m.w.N.). Da die Kaufpreiszahlung sich vorliegend bei wirtschaftlicher Betrachtung als Auszahlung eines Darlehens darstellte, das nach „Mietende“ hätte zurückgezahlt werden sollen, bestünden insoweit an dem Einwand der Klägerin ggf. Zweifel, die aber hier nicht abschließend geprüft werden müssen.

 

d) Ähnlichen Erwägungen steht neben der im Rechtskraft des Zahlungstitels durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... ein Kondiktionsausschluss nach § 814 BGB entgegen. Denn auch diese Vorschrift wird allgemein als unanwendbar betrachtet, wenn der Empfänger nicht darauf vertrauen durfte, die Leistung behalten zu dürfen, was insbesondere beim Empfang von Darlehensgeldern gilt, die auch bei einem unwirksamen Vertrag erstattet werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 07.09.2017, Az. IX ZR 224/16, Rn. 20, zit. n. juris).

 

6. Insgesamt steht der Klägerin da die Hälfte des geltend gemachten Nutzungsausfalls i.H.v. 17.425,00 €, mithin, wie vom Landgericht zuerkannt i.H.v. 8.712,50 € zzgl. des Anspruchs auf Wertersatz für den in Verlust geratenen Hyundai i.H.v. 3.750,00 €, mithin ein Anspruch i.H.v. 12.462,50 € zu. Dieser ist im Hinblick auf die Hilfsaufrechnung der Beklagten i.H.v. 1.054,50 € erloschen, so dass sich ein Zahlungsbetrag in Höhe von 11.408,00 € ergibt.

 

Dieser Betrag ist gemäß §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) zu verzinsen.

 

7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 und Abs. 2, 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Hierbei ergibt sich die Kostenquote aus dem jeweiligen Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Parteien bezogen auf den Gesamtstreitwert, der sich aus der der Summe des Gebührenstreitwerts für die Berufung der Klägerin in Höhe von 8.712,50 €, der Berufung der Beklagten in Höhe von 12.462,50 € und dem Wert der Hilfsaufrechnung i.H.v. 1.045,50 € (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 S. 2,47 GKG) zusammensetzt. Dies erhöht den Wert der Berufung der Beklagten auf 13.508,00 €. Insgesamt sind dies (8.712,50 € +12.462,50 € +1.045,50 € =) 22.220,50 €.

 

Zwar unterliegt die Klägerin rechnerisch mit ihrer Berufung (8.712,50 €) und in Höhe der Hilfsaufrechnung (1.045,50 €). Obwohl die Beklagte im Hinblick auf die Hilfsaufrechnung obsiegt, waren die ihr Kosten des Berufungsverfahrens aber gemäß § 97 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen. Danach sind die Kosten des im Rechtsmittelverfahren der obsiegenden Partei auch dann ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt, dass sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen im Stande war. Insofern obsiegt die Beklagte im Hinblick auf ihre Hilfsaufrechnung, die im ersten Rechtszug hätte geltend gemacht werden können. Die Frage der Verrechnung der 1.042,50 € war aufgrund der bereits rechtskräftigen Entscheidung der Berufungskammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 08.06.2020, Az. ... im ersten Rechtszug bekannt.

 

Hinsichtlich der Kostenquote des ersten Rechtszugs verbleibt es bei der insoweit erfolgten Kostenentscheidung, weil der nunmehr im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Gegenanspruch im ersten Rechtszug nicht streitgegenständlich waren und über ihn keine Entscheidung ergangen ist und sich - hierauf bezogen - an der Entscheidung des Landgerichts nichts geändert hat.

 

8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

9. Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit keine besondere Bedeutung hat, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine erneute Vorlage an das Revisionsgericht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Dem Rechtsstreit kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO), weil die aufgeworfene Rechtsfrage, ob das hier abgeschlossene Geschäft dem Verbot des § 34 Abs. 4 GewO unterfällt, nicht streiterheblich war und vom BGH im o.a. Sinne beantwortet worden ist. Das zwischen den Oberlandesgerichten ein relevanter Meinungsstreit bestehen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2019, IX ZR 148/19, zit. n. juris, Rn. 13) ist nicht erkennbar. Dabei besteht auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Senat früher jeweils die Revision zugelassen hatte, jedenfalls jetzt kein Revisionszulassungsgrund mehr, weil das vorbeugende Herbeiführen einer einheitlichen Rechtsprechung kein Revisionszulassungsgrund ist (BGH, Beschl. v. 28.06.2016, Az.: II ZR 290/15, zit. n. juris, Rn. 7). Insofern schließt sich der Senat der überzeugenden Argumentation des Oberlandesgerichts München in seinem Urteil vom 29.06.2021, Az. 5 U 6726/20 (Bl. 188 ff. d.A.) an. Dies entspricht auch der Auffassung des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.04.2021, Az.: 1 U 183/20, zit. n. juris) Dies gilt auch für die Fragen, die sich hier um den Besitzschutz drehen und für die Frage der Höhe der Nutzungsentschädigung. Diese Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen handelte es sich um Erwägungen, die der Singularität des Sachverhaltes geschuldet sind.

 

10. Im Hinblick auf die Festsetzung des Gegenstandswertes für den zweiten Rechtszug wird auf die Darstellung unter II. 7. im Rahmen der Kostenentscheidung Bezug genommen.


Sie benötigen anwaltliche Hilfe? - Sprechen Sie uns einfach an, damit wir Ihnen weiterhelfen können!



Haben Sie eine Frage oder eine Anmerkung zu diesem Thema? - Nutzen Sie die Kommentarfunktion!

Nach Prüfung werden wir Ihre Frage beantworten. Bitte beachten Sie jedoch, dass die Beantwortung Ihrer Rechtsfrage grundsätzlich keine Rechtsberatung ersetzt. Auch hier gilt der Gewährleistungsausschluss. Natürlich freuen wir uns auch über Anmerkungen, Verbesserungsvorschläge und ein Feedback!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0