Kauft Pfando das Fahrzeug weit unter Wert an und vermietet es dann das Fahrzeug teuer zurück, kann dies Wucher sein. Wucherische Pfando-Verträge sind rechtswidrig und nichtig. Betroffenen Pfando-Kunden stehen umfangreiche Rechte zur Seite (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2022, 23 U 60/22 = "Pfando-Gerichtsurteil").
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Leitsatz des Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 06.12.2022, 23 U 60/22 = "Pfando-Gerichtsurteil"):
Bei der Prüfung, ob ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als Kennzeichen der Sittenwidrigkeit eines Geschäfts besteht, sind ungeachtet der formalen Trennung zwischen mehreren Verträgen alle Leistungen der am Geschäft Beteiligten einander gegenüberzustellen (BGH, Urteil vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78 - für Abzahlungsgeschäfte; BGH, Urteil vom 17. Mai 1979 - III ZR 118/77 für Darlehen und Restschuldversicherung; Schmidt-Räntsch in: Erman BGB, Kommentar, 16. Auflage 2020, § 138 Rn 43). Die einer Partei nachteilige Regelungen mehrerer Verträge können in einem wirtschaftlich verbundenen Geschäft zusammentreffen und zusammenwirken. Mehrere "Teilstücke" des zumindest wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts können dann jedenfalls zusammen ein auffälliges Missverhältnis zwischen den wirtschaftlich zusammenhängenden Leistungen und Gegenleistungen ergeben.
- zit. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2022, 23 U 60/22
Was sagt das Urteil aus?
Das Oberlandesgericht hat eine typische Pfando-Vertragskonstellation zum Anlass genommen, Wucher festzustellen. Im entschiedenen Fall hat sich ein Pfando-Kunde für das
"sale and rent back" bzw. "cash & drive"
Vertragsmodell entschieden und sein Fahrzeug zu einem Spottpreis verkauft. Anschließend mietete er das Fahrzeug teuer zurück. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass der Vertrag wegen Wuchers nichtig ist, weil er
- zu wenig Geld für sein Fahrzeug erhielt;
- teure Mieten zahlte, obgleich er die laufenden Kosten des Fahrzeugs trug.
Für den Kunden bedeutete dies Folgendes: Pfando hat sein sichergestelltes Fahrzeug nebst Zulassungsbescheinigungen udn Ersatzschlüssel herauszugeben, u.a.
Das Urteil (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.12.2022, 23 U 60/22 = "Pfando-Gerichtsurteil") gibt es hier:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 01.02.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Es wird gegenüber der Beklagten zu 2) festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Erklärungen im Kaufvertrag vom 06.10.2020 und der erfolgten Übergabe des Zweitschlüssels ihr Eigentum an dem PKW Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ....., nicht an die Beklagte zu 2) verloren hat.
- Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II für das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ....., herauszugeben.
- Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 2.739,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 3.8.2021 zu zahlen.
- Die weitergehende Klage und die Hilfswiderklagen der Beklagten zu 1) und 2) werden abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) und 2) zurückgewiesen.
- Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu 65 %, die Beklagte zu 1) zu 5 % und die Beklagte zu 2) zu 30 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) haben die Klägerin zu 87 % und die Beklagte zu 1) selbst zu 13 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) haben die Klägerin zu 11 % und die Beklagte zu 2) selbst zu 89 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) hat die Klägerin zu tragen.
- Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines „sale and rent back“-Vertrages über ein Kraftfahrzeug. Die Beklagten zu 1) und 2) bieten an, die Fahrzeuge ihrer Kunden zu kaufen und an diese unmittelbar zurück zu vermieten.
Die Klägerin schloss am 06.10.2020 mit den Beklagten zu 1) und 2, für die der Beklagte zu 3) in der Filiale in Stadt 1 tätig war, drei Verträge:
- Die Beklagte zu 2) kaufte von der Klägerin ihren gebrauchten Peugeot 3008 für 11.000,- €.
- Die Beklagte zu 1) vermietete das von der Beklagten zu 2) gekaufte Kraftfahrzeug für sechs Monate an die Klägerin.
- Die Beklagte zu 1 schloss mit der Klägerin eine den Mietvertrag ergänzende Individualvereinbarung, nach dem die im Mietvertrag angegebene monatliche Laufleistung auf 20.100 Kilometer erhöht und der Mietzins auf 880,00 € pro Monat angehoben wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträge wird auf die Anlagen K 1 bis K 3 zur Klageschrift verwiesen.
Die Beklagte zu 2) zahlte den Kaufpreis von 11.000,00 € an die Klägerin. Die Klägerin zahlte drei Mal den Mietzins von je 880,00 € sowie eine vertraglich vereinbarte Bearbeitungsgebühr in Höhe von 99,00 €, insgesamt 2.739,00 € an die Beklagte zu 1). Diesen Betrag verlangt sie mit dem Klageantrag zu 4) zurück.
Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf eine Schwacke Bewertung behauptet, dass ihr Fahrzeug zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse einen Wiederbeschaffungswert von 23.400,00 € gehabt habe. Das Vertragswerk sei wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 Gewerbeordnung unwirksam, weil nach dieser Vorschrift der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung eines Rückkaufsrechts verboten sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) festzustellen, dass sie aufgrund des mit den Beklagten abgeschlossenen Kauf- und Mietvertrages vom 06.10.2020 nicht ihr Eigentum an dem Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ....., verloren hat;
hilfsweise
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ....., an sie zurück zu übereignen;
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil 2 für das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ..... herauszugeben;
hilfsweise,
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II für das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN
.....9, amtliches Kennzeichen ....., herauszugeben;
3. gegenüber dem Beklagten zu 3) festzustellen, dass dieser verpflichtet ist, ihr alle entstehenden Schäden aus dem Abschluss des Kauf- und Mietvertrages vom 06.10.2020 mit den Beklagten zu 1) und 2) bezüglich des Fahrzeugs Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennzeichen ....., zu ersetzen;
4. die Beklagten zu verurteilen, an sie 2.739,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie halten das Vertragsmodell für erlaubt und erklären hilfsweise gegenüber dem Zahlungsantrag die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises in Höhe von 11.000 €.
Das Landgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag zu 1 und dem Hauptantrag 2 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Damit wurde die Beklagte zu 2) verurteilt, das Fahrzeug zurück zu übereignen. Die Beklagte zu 1) wurde verurteilt, die Zweitschlüssel und die Zulassungsbescheinigung Teil II der Klägerin zurückzugeben. Der Vertrag sei wegen Wuchers unwirksam. Der Wert des Fahrzeuges sei von den Beklagten nicht substantiiert bestritten worden, die Leistungen der Klägerin in Höhe von 28.779 € seinen mehr als doppelt so hoch als die Gegenleistung der Beklagten zu 1) und 2) mit 11.802,62 €. Der Beklagte zu 3) hafte als Angestellter nicht persönlich. Aufgrund der Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bleibe der Zahlungsantrag zu 4) im Ergebnis erfolglos.
Mit den Berufungen verfolgen die Parteien entweder die vollständige Verurteilung nach den ursprünglichen Klageanträgen oder die vollständige Klageabweisung.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht habe den Hauptantrag zu 1) und die Klage gegen den Beklagten zu 3) nicht abweisen und eine Aufrechnung beim Klageantrag zu 4) nicht annehmen dürfen und beantragt:
Das erstinstanzliche Urteil wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Gegenüber den Beklagten zu 1.) und 2.) wird festgestellt, dass die Klägerin aufgrund des mit den Beklagten abgeschlossenen Kauf- und Mietvertrags vom 06.10.2020 nicht ihr Eigentum an dem Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtliches Kennz. ..... verloren hat.
hilfsweise,
Die Beklagte zu 2.) wird verurteilt, das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtl. Kennz. ..... an die Klägerin zurück zu übereignen.
2. Die Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II für das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtl. Kennz. ....., herauszugeben.
hilfsweise,
Die Beklagte zu 2.) wird verurteilt, an die Klägerin den Zweitschlüssel sowie die Zulassungsbescheinigung Teil II für das Fahrzeug Peugeot 3008, FIN .....9, amtl. Kenz. ....., herauszugeben.
3. Gegenüber dem Beklagten zu 3.) wird festgestellt, dass dieser verpflichtet ist, der Klägerin alle entstehenden Schäden aus dem Abschluss des Kauf- und Mietvertrags vom 06.10.2020 mit den Beklagten zu 1.) und 2.) bezüglich des Fahrzeuges Peugeot 3008, FIN .....9, amtl. Kenz. ....., zu ersetzen.
4. Die Beklagten zu 1.) und 2.) werden verurteilt, an die Klägerin 2.739,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen
Die Klägerin beantragt ferner,
die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) zurückzuweisen und die Hilfswiderklagen abzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und
das am 01.02.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az.: 11 O 74/21, aufzuheben und die Klage abzuweisen;
hilfsweise eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Zahlung von 8.261,00 € auszusprechen,
hilfsweise, die Klage gegen die Beklagte zu 1 abzuweisen und gegen die Beklagte zu 2 eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Zahlung von 8.261,00 € auszusprechen.
Hilfsweise erhebt die Beklagte zu 2 gegen die Klägerin wegen der Rückzahlung des erhaltenen Kaufpreises von 11.000 € und wegen der Zahlung von zwei noch offenen Mieten (2 * 880 = 1.760,- €; 1.760 + 11.000 = 12.760) Widerklage, hilfsweise bei Gewährung des Zurückbehaltungsrechts oder der Aufrechnung gegen den Klageantrag zu 4) in Höhe von (11.000 € Kaufpreis minus 2.739 € Klageantrag zu 4 =) 8.261 € und beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 1) 12.760,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen;
hilfsweise: die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 2 12.760,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen;
hilfsweise: die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte zu 2 8.261,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
Der Beklagte zu 3 beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagten zu 1) und 2) wenden sich gegen ihre Verurteilung, erklären die Aufrechnung wegen des gezahlten Kaufpreises von 11.000 € und machen wegen des nach der Aufrechnung mit dem Betrag aus dem Klageantrag zu Ziffer 4 sich ergebenen Restbetrages von 8.261 €, hilfsweise der zwei offenen Mieten von je 880 € ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Nicht die Beklagte zu 1), sondern die Beklagte zu 2) habe die Fahrzeugpapiere und Fahrzeugschlüssel.
Der Beklagte zu 3) vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hafte nicht persönlich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angegriffene Urteil und den Akteninhalt verwiesen.
II. Berufung der Klägerin
Die Berufung der Klägerin ist teilweise erfolgreich.
1. Hauptantrag des Klageantrages zu 1
Die Berufung der Klägerin zum ersten Antrag auf Feststellung ihres Eigentums ist gegenüber der Beklagten zu 1) unzulässig, weil die Klägerin insoweit kein Feststellungsinteresse hat. Die Beklagte zu 1) ist nur Vermieterin des Fahrzeuges, das sie nicht erworben haben will. Für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen gegenüber der Beklagten zu 1) ist ein Leistungsantrag gestellt, für den eine gesonderte Feststellung des Eigentums nicht erforderlich ist.
Die Berufung der Klägerin zum ersten Antrag auf Feststellung ihres Eigentums ist gegenüber der Beklagten zu 2) zulässig und begründet, weil ihr Hauptantrag zu 1) – gerichtet auf Feststellung des Eigentums - und nicht nur der Hilfsantrag – gerichtet auf Übereignung - begründet ist.
a)
Der Antrag auf Feststellung (§ 256 ZPO), dass sie ihr Eigentum nicht verloren habe, ist nicht wegen besserer Rechtsschutzmöglichkeit unzulässig. Die Klägerin kann nicht auf eine Leistungsklage und ihren Anspruch auf Herausgabe gemäß § 985 BGB verwiesen werden, weil sie derzeit (Mit-)Besitzerin des Fahrzeuges ist.
Die Feststellungsklage ist zulässig, weil sie ein rechtliches Interesse an der gesonderten Feststellung des Eigentums hat, obwohl diese Feststellung in der Begründung des Herausgabeantrages zu 2) und des Zahlungsantrages zu 4) gegenüber der Beklagten zu 2) enthalten ist. Ihr Interesse geht über ein Herausgabeverlangen und Zahlung hinaus, weil sie mit einem Feststellungstitel ihr Eigentum nachweisen kann. Die Klägerin hat im Streitfall ein Interesse, gegenüber der Kraftfahrzeugzulassungsstelle bei einer etwaig erforderlichen Berichtigung der Fahrzeugpapiere, bei einer zukünftigen Abmeldung, gegenüber Dritten bei einem Fahrzeugverkauf oder sonst im Rechtsverkehr rechtssicher nachweisen zu können, dass sie trotz der Vertragsgestaltung mit der Beklagten zu 2) Eigentümerin geblieben ist. Sie wird gegenwärtigen müssen, dass eine Gefahr besteht, dass Dritte das Fahrzeug beanspruchen könnten, da sich die Beklagte zu 1) vorbehalten hat, den Besitz der Klägerin bei geringen Vertragsverstößen mit dem Zweitschlüssel jederzeit zu entziehen.
b)
Der Feststellungsantrag ist begründet. Die Klägerin ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs geblieben.
Die in § 5 des Kaufvertrages dokumentierte Einigung über den Eigentumsübergang gemäß §§ 929, 930 BGB ist nichtig. Anders als bei sittenwidrigen Geschäften gemäß § 138 Abs. 1 BGB erstreckt sich im Falle des Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB die Nichtigkeit nicht nur auf das Grundgeschäft, sondern auch auf die abstrakten Erfüllungsleistungen (BGH, Urteil vom 8. Februar 1994 – XI ZR 77/93 –; BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 - III ZR 1/81). Das Erfüllungsgeschäft des Bewucherten ist ebenso wie das ihm zugrunde liegende Geschäft unwirksam, da das Gesetz auch die vom Bewucherten gewährte Leistung („oder sich…. gewähren lässt‘“) für nichtig erklärt (RG, Urteil vom 18. November 1924 – VI 164/24 –, RGZ 109, 201-206; BGH, Urteil vom 27. Mai 1974 - II ZR 32/73; Staudinger/Fischinger (2021) § 138 BGB Rn 302; Jauernig/Mansel, Kommentar zum BGB, 18. Aufl 2021, § 138 Rn 25; Münchener Kommentar zum BGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, § 138 BGB Rn 292. Die vom Landgericht im Urteil auf Seite 12 zitierte Randnummer 293 betrifft § 138 Abs. 1 BGB und nicht den hier vorliegenden § 138 Abs. 2 BGB).
Ob ein Vertrag als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist, kann nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Geschäftsumstände entschieden werden. Im Ergebnis hat das Landgericht, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, für alle drei Verträge wegen der in ihnen enthaltenen Bezugnahmen und des wirtschaftlichen Zusammenhangs zutreffend Wucher angenommen. Die Gesamtschau der Leistungen und Gegenleistungen ist sittenwidrig, weil die Klägerin auch bei günstigster Berechnung für den Marktwert des Fahrzeuges keine angemessene Gegenleistung erhielt und dann noch zusätzlich für die Weiterbenutzung unangemessen hohe Mieten zahlen musste, ohne am Ende eine Möglichkeit zur Wiedererlangung des Fahrzeuges erhalten zu haben.
aa)
Besonderes Gewicht hat die Prüfung, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht.
Das Landgericht hat für die Berechnung den Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegt. Entgegen der Darstellung im streitigen Tatbestand konnte das Landgericht den Fahrzeugwert als unstreitig ansehen und hat ihn in den Gründen auch als unstreitig angesehen. Die Klägerin kaufte das Fahrzeug im April 2019 als Neufahrzeug nach ihren Angaben für 32.000,- € (Bl. 5). Das passt zum Gutachten (Anlageband Klägerin Bl. 420: ehemaliger Neupreis 34.160,- €). Nach Vorlage der Bewertung in der Anlage K 45 (Anlagenband Kläger Bl. 422, Laufleistung 22.569 km), die einen Wiederbeschaffungswert mit Mehrwertsteuer von 23.400 € und einen Zeitwert von 19.900 € ermittelt, haben die Beklagten keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Anhaltspunkte für eine Nachlackierung vorne rechts sind in zweiter Instanz gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagten einen den Wert beeinflussenden Schaden aufgrund der Fahrzeugbesichtigung bei Ankauf bei ordnungsgemäßer Prozessführung in erster Instanz konkret hätten vortragen können und ein Schaden bestritten ist. Für den Kaufvertrag liegt bei einem bezahlten Kaufpreis von 11.000 € und einem Wiederbeschaffungswert von 23.400 € eine Abweichung von 112,73 %, bei Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitwerts von 19.900 € eine Abweichung von 80,9% vor. Obwohl der gezahlte Kaufpreis noch nicht die Hälfte des Zeitwerts ausmacht, liegt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Verträge ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Bei dieser Betrachtung sind die Verträge der Klägerin mit der Beklagten zu 1) zu berücksichtigen.
Bei der Prüfung, ob ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als Kennzeichen der Sittenwidrigkeit eines Geschäfts besteht, sind ungeachtet der formalen Trennung zwischen mehreren Verträgen alle Leistungen der am Geschäft Beteiligten einander gegenüberzustellen (BGH, Urteil vom 7. Februar 1980 – III ZR 141/78 – für Abzahlungsgeschäfte; BGH, Urteil vom 17. Mai 1979 - III ZR 118/77 für Darlehen und Restschuldversicherung; Schmidt-Räntsch in: Erman BGB, Kommentar, 16. Auflage 2020, § 138 Rn 43). Die einer Partei nachteilige Regelungen mehrerer Verträge können in einem wirtschaftlich verbundenen Geschäft zusammentreffen und zusammenwirken. Mehrere "Teilstücke" des zumindest wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts können dann jedenfalls zusammen ein auffälliges Missverhältnis zwischen den wirtschaftlich zusammenhängenden Leistungen und Gegenleistungen ergeben.
Die von der Klägerin zu leistenden Mieten von 5.379 € (6 * 880,- € + 99,- € Bearbeitungsgebühren) überstiegen den durch die Überlassung gewährten Vorteil von 802,62 € um 670,18 %. Zutreffend ist das Landgericht von einem Nutzungsvorteil von monatlich 133,77 €, insgesamt von 802,62 € und davon ausgegangen, dass die vertraglich gewährte monatliche Laufleistung von 20.100 km bei einer Vertragsdauer von sechs Monaten bei der Berechnung nicht ausschlaggebend ist. Nach dem von den Vertragsparteien vorausgesetzten Nutzungsverhalten der Klägerin ist die Vereinbarung nur dahingehend zu verstehen, dass sie an die in § 10 des Mietvertrags genannte Kilometergrenze von 700 km pro Monat mit einer Nachzahlungsverpflichtung für Mehrkilometer nicht gebunden sein sollte, weil sie durchschnittlich nur 1300 km pro Monat fuhr. Es bestand keine Erwartung der Parteien, dass die Klägerin in den nächsten sechs Monaten tatsächlich 120.000 km fahren würde, da sie nach § 11 des Mietvertrages das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen durfte und das Fahrzeug nur im bisherigen Umfang weiterfahren wollte. Zutreffend hat das Landgericht den gewährten Gebrauchsvorteil nach der Nutzungsentschädigung geschätzt, weil die dafür maßgeblichen Werte den Parteien bei Vertragsabschluss bekannt waren.
Auf die Miethöhe eines Fremdfahrzeuges durch gewerbliche Autovermieter kommt es nicht an (ebenso OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 05.06.2020 – 2 U 90/19, BeckRS 2020, 13059), weil die Klägerin kein von einem gewerblichen Vermieter gepflegtes und gewartetes Neufahrzeug zu den gewerblichen Mietbedingungen mit den Leistungen und dem Gewinnanteil gewerblicher Autovermieter, sondern ihr eigenes gebrauchtes Auto mit ihrer von ihr bezahlten Versicherung und den von ihr getragenen Steuern und Reparaturen – die Beklagte zu 1) erstattete nur eine Pauschalsumme - im derzeitigen Zustand weiterfuhr. Selbst wenn man mit der Berufung den dreifachen Betrag für die Nutzungsentschädigung für angemessen hielte, bleiben die Leistungen im auffälligen Missverhältnis.
Im Rahmen der Gesamtwürdigung liegt ein weiteres Indiz für ein auffälliges Missverhältnis der Vertragskonstruktion in Ziffer II Buchstabe a) Satz 1 der Individualvereinbarung. Danach soll die Beklagte zu 1) berechtigt sein, mit ihrem Zweitschlüssel der Klägerin ihren Besitz am Fahrzeug ohne Rechtsstreit und ohne ihren Willen in zahlreichen Fällen, etwa sofort bei Nutzung des Fahrzeuges durch andere Personen als die Klägerin (§ 14 Mietvertrag) oder bei Zahlungsverzug von fünf Tagen (Ziffer II der Individualvereinbarung), zu entziehen und das Fahrzeug in Besitz zu nehmen. Damit möchte die Beklagte zu 1) die Möglichkeit erhalten, sogar die Unverletzlichkeit der Wohnung der Klägerin und ihres eigenen Besitztums zu jeder Tages- oder Nachtzeit nach Gutdünken im Wege der Selbstjustiz zu verletzen und durch die Verwertung mit der erhaltenen Fahrzeugbescheinigung Teil II die Klägerin vor vollendete Tatsachen zu stellen.
bb)
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass alle Beklagten unter Ausnutzung der Unerfahrenheit der Klägerin tätig wurden. Es reicht nicht aus, dass die Klägerin schon mal ein Auto gekauft oder verkauft haben mag. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Motivation der Klägerin nachvollziehbar nicht auf den Fahrzeugverkauf gerichtet war. Sie hat dargelegt, dass im Oktober 2020 die Heizung ihres Hauses kaputt ging und sie einen Kurzkredit für die Kosten für die Erneuerung der Heizung in Höhe von 11.000,00 € suchte und dass die Beklagten zu 1) und 2) im Internet als „………x.de“ Werbung machten. Das von den Beklagen zu 1) und 2) verwendete Vertragsmodell nennt sich zwar „X.“, macht aber nicht deutlich, dass die Fahrzeuge von den Kunden weit unter Marktwert angekauft und nach Ende der von ihnen zu teuer zu bezahlenden Mietzeit nicht wieder zurückgegeben werden. Die in rechtlichen Konstruktionen unerfahrene Klägerin konnte diesen Widerspruch zwischen ihren Bedürfnissen und dem Angebot der Beklagten zu 1) und 2) letztlich nicht zutreffend beurteilen. Genau diese Lücke begründet sowohl die Unerfahrenheit wie den Erfolg des Geschäftsmodells der Beklagten zu 1) und 2), die kurzfristigen Kreditbedarf befriedigt, obwohl die Geschäftspartner ihre Fahrzeuge nicht wirklich endgültig zum Betrag des subjektiven Kreditbedarfs anstatt des höheren objektiven Marktwertes verkaufen wollen.
cc)
Für den Wuchertatbestand ist keine besondere Ausbeutungsabsicht erforderlich (RGZ 60, 9). Vielmehr reicht es aus, wenn der Wucherer Kenntnis von dem auffälligen Leistungsmissverhältnis und der Ausbeutungssituation (hier: Unerfahrenheit) hat und sich diese Situation vorsätzlich zunutze macht (BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 – III ZR 1/81). Weil der Wucherer nicht einmal seinen Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung seiner Leistung aus etwaig gegebenen Sicherheiten befriedigen kann, sind beim subjektiven Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB strenge Anforderungen an die im Einzelfall zu treffenden Feststellungen gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 – III ZR 1/81 –). Auch im Rahmen des § 138 Abs. 2 BGB kann eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der subjektiven Tatbestandsmerkmale sprechen, wenn objektiv nicht nur ein auffälliges, sondern ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festzustellen ist ( BGH, Urteil vom 19. Juni 1990 - XI ZR 280/89: Zinsbelastung zwischen 94,7% und 180%).
Aus den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass sich die Beklagten zu 1) und 2) in Kenntnis des Leistungsmissverhältnisses die Unerfahrenheit der Klägerin vorsätzlich zu Nutze machten. Darauf beruht das Geschäftsmodell der Beklagten, die die Fahrzeuge nicht zum objektiv bestimmten Marktpreis auf Gutachtenbasis ankaufen, sondern hier dem von der Klägerin als Kunden subjektiv empfundenen Geldbedarf zugrunde legen. Die Abweichungen der Vertragswerte von den Marktwerten sind sowohl bei einer Einzelbetrachtung von Kauf- und Mietvertrag wie in der Gesamtschau besonders grob.
c)
Die Rüge des Beklagten zum Wortlaut des Antrags führt nicht zur Zurückweisung der Berufung. Bei der Formulierung des Tenors ist der Senat an den vorgeschlagenen Wortlaut nicht gebunden, sondern darf den Inhalt eines Antrages auslegen (BGH, Urteil vom 16. November 1993 – VI ZR 105/92 –, BGHZ 124, 128-146; Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl 2022, § 308 Rn 2). Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist problemlos auslegbar. Es richtet sich auf die Feststellung ihres Eigentums, das sie nicht durch den schuldrechtlichen Vertrag, sondern gemäß §§ 929, 930 BGB durch den Übereignungsakt verloren haben könnte. Dieses bringt die vom Senat gewählte Formulierung treffender zum Ausdruck.
2. Klageantrag zu 3 gegen den Beklagten zu 3)
Der Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) ist zulässig, weil sich ein etwaiger Schaden noch in der Entwicklung befindet. Die Berufung der Klägerin zum Klageantrag zu 3) ist nicht begründet, weil der Beklagte zu 3) nicht persönlich haftet.
a)
Ein vertraglicher Anspruch aus dem Gesichtspunkt der persönlichen Haftung des Beklagten gemäß § 311 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1, 138 Abs.2 dritte Alternative, 433 BGB besteht nicht. Zutreffend ist das Landgericht, auf dessen Ausführungen verwiesen werden, davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 3) das Geschäft wie ein Mitarbeiter in der üblichen Form abwickelte. Vertragsschluss und Vertragsabwicklung sind alltägliche Tätigkeiten von Mitarbeitern. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 3) darüber hinaus wirtschaftlich in eigener Sache handelte, aus dem Geschäftsabschluss persönlichen Nutzen erstrebte, besonderes Vertrauen in Anspruch nahm oder sonst eigennützige Interessen verfolgte, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
b)
Ein Anspruch gemäß §§ 823 II, 830 BGB, 16 Abs. 1, 5 a Abs. 1 UWG als Mittäter einer strafbaren unvollständigen und damit irreführenden Werbung (Eindruck eines Kredits statt des nicht mitgeteilten Verkaufs unterhalb des halben Marktpreises ohne Rückerhalt des Fahrzeugs) besteht nicht. § 16 Abs. 1 UWG setzt voraus, dass die irreführenden Angaben öffentlich bekanntgemacht oder an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet werden. Angaben im Informationsgespräch an einen Kunden fallen nicht darunter (Ernst in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., Stand: 15.01.2021, § 16 UWG Rn 9.)
c)
Ein deliktischer Anspruch gemäß §§ 823 Abs. 2, 830 BGB, 263 StGB, 291 StGB oder § 826 BGB besteht nicht.
Die Klägerin hat eine sittenwidrige Schädigung oder den subjektiven Tatbestand des Beklagten zu 3) als Mittäter an einer Straftat nicht schlüssig dargelegt. Nach der Darstellung der Klägerin betreiben die Beklagten zu 1) und 2) ein gemäß § 34 Abs. 4 GewO verbotenes Pfandgeschäft, das darauf zielt, entgegen den schriftlichen Vereinbarungen den Kunden die Möglichkeit zu verschaffen, das Fahrzeug beispielsweise durch eine weitere schuldrechtliche Vereinbarung gegen Entgelt zurückzugeben und nur bei fehlender Zahlungswilligkeit der Kunden die Fahrzeuge tatsächlich zu verwerten. Damit konnte der Beklagte zu 3) nach dem Vortrag der Klägerin davon ausgehen, dass die Beklagten zu 1) und 2) die von ihm gegebene Zusage des Rückkaufs trotz der Gesetzeswidrigkeit (§ 144 Abs. 2 Nr. 2, 34 Abs. 4 GewO) umsetzen würden, weil dieses dem Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) und 2) entsprach. Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass der Beklagte zu 3) in der Wertung seiner Laiensphäre das wucherische Rechtsgeschäft, eine Vermögensgefährdung der Klägerin, ihre Unerfahrenheit oder die wirtschaftlichen Einzelheiten erkannte und billigend in Kauf nahm. Eine Schulung des Beklagten zu 3) über die wirtschaftlichen Einzelheiten des Geschäftsmodells und die abzugebenden irreführenden Erklärungen ist nicht erkennbar. Das erkennbare Interesse, den Arbeitsplatz zu erhalten und Geschäftsabschlüsse zu erzielen, ist insoweit nicht ausreichend.
Der Beklagte zu 3) wird aber in Kenntnis dieses Urteils gegenwärtigen, dass er zukünftig bei Fortsetzung seiner Tätigkeit für die Beklagten zu 1) und 2) zivilrechtlich haften und strafrechtlich belangt werden könnte.
3. Klageantrag zu 4 – Rückzahlung der gezahlten Mieten
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Zahlungsantrages gegenüber der Beklagten 1) als Vermieterin, aber nicht gegenüber der Beklagten zu 2), die die Beträge nicht erhielt, begründet.
Der Klägerin steht aufgrund der Nichtigkeit der Verträge insgesamt und aufgrund der Nichtigkeit des Mietvertrages gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung der geleisteten Mietzahlungen und der Bearbeitungsgebühr in Höhe von insgesamt 2.739 € zu.
Diese Forderung ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht durch Aufrechnung der Beklagten mit dem Rückzahlungsanspruch der Beklagten zu 2) auf Erstattung des Kaufpreises erloschen.
a)
Es fehlt die in § 387 BGB geforderte Gegenseitigkeit. Die Forderung auf Rückzahlung der Mieten ist gegen die Beklagte zu 1) gerichtet. Die Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises steht der Beklagten zu 2) zu, die sie nicht an die Beklagte zu 1) abtrat.
b)
Eine Aufrechnung ist auch gemäß § 390 BGB ausgeschlossen, da der Kaufpreisforderung als Aufrechnungsforderung die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) entgegensteht. Die Geltendmachung des Klageantrages zu 2) auf Rückgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II und des Zweitschlüssels enthält konkludent die Verweigerung zur Rückzahlung, bis dieser fällige Anspruch erfüllt ist.
c)
Eine aufrechenbare Forderung besteht ohnehin nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die Rückforderung gemäß §§ 817 Satz 2, 138 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist. Im Streitfall ist die Einschätzung des Landgerichts, üblicherweise sei das abstrakte Verfügungsgeschäft wertneutral und werde nicht von der Nichtigkeit erfasst, für die hier vorliegende wucherische Fallgestaltung nicht anwendbar. Das vom Landgericht zitierte Urteil des OLG Frankfurt am Main ist nicht einschlägig, denn es bezog sich auf eine Fallgestaltung nach § 34 Abs. 4 GewO und § 817 Satz 1 BGB. Einem Anspruch des Wucherers gegen den Bewucherten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB steht § 817 Satz 2 BGB entgegen (RG, Urteil vom 18. November 1924 – VI 164/24 –, RGZ 109, 201-206; BGH, Urteil vom 2. Dezember 1982 – III ZR 90/81). Wer sich wie die Beklagten selbst außerhalb der Rechtsordnung stellt, soll hierfür keinen Rechtsschutz erhalten. Das hat zur Folge, dass die Beklagten als Leistende wegen der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts weder Erfüllung verlangen noch die eigene Leistung zurückfordern können.
Zur Vermeidung von unbilligen Ergebnissen ist keine Korrektur gemäß § 242 BGB erforderlich. § 138 BGB schützt nicht die Beklagte zu 2) als Leistende, sondern die Klägerin. Der Ausschluss der Rückforderung des Kaufpreises ist nach Treu und Glauben gerechtfertigt, damit die Beklagte zu 2) nicht risikolos ihr wucherisches Geschäftsmodell fortführen kann. § 138 BGB hat eine individualschützende Zielsetzung, so dass es auf etwaige Verstöße dieses Geschäftsmodells gegen die Gewerbeordnung nicht ankommt (vgl. zu Vorgängergeschäftsmodellen der Beklagten BGH, Urteile vom 16.11.2022, z.B. VIII ZR 436/21).
Zwar ist § 817 Satz 2 BGB regelmäßig nur anzuwenden, wenn dem Gläubiger der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die Sittenwidrigkeit seines Handelns bewusst gewesen ist (RGZ 95, 347, 349; 127, 276, 279; 161, 52, 57; BGHZ 50, 90, 92; BGH, Urteil vom 29. Juni 1978 - III ZR 174/76; BGH, Urteil vom 8. November 1979 - VII ZR 337/78), weil es nur bei einem persönlichen Verschulden gerechtfertigt ist, dem Gläubiger den Rechtsschutz zu verweigern (vgl. RGZ 151, 70, 73). Wie beim wucherähnlichen Tatbestand ist auch im Rahmen des § 817 Satz 2 BGB ein leichtfertiges Handeln einem vorsätzlichen Tun gleichzusetzen. Denn wer von den Folgen seines Tuns oder vor dessen Bewertung geradezu die Augen verschließt, muss es sich gefallen lassen, wie ein bewusst Handelnder behandelt zu werden (RGZ 150, 1, 5/6). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) und 2) beruhte bei der Klägerin darauf, den Kunden aufgrund ihrer Unerfahrenheit mit den Details der gewählten Vertragsgestaltung, dem Werbeauftritt mit der irreführenden Bezeichnung „X.“ einen Zahlungsbetrag nach ihrem Bedarf in Höhe der Heizungsreparatur zur Verfügung zu stellen, ohne den objektiven Wert des Fahrzeuges und der Fahrzeugnutzung zu ermitteln.
Die Zinsforderung beruht auf § 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
III. Berufung der Beklagten zu 1) und 2)
1. Klageantrag zu 1 – Hilfsantrag auf Übereignung des Fahrzeuges
Die Berufung der Beklagten zu 2) ist unbegründet, weil der Hauptantrag der Klägerin gerechtfertigt ist. Ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273, 274, 812 BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte zu 2) hat gemäß § 817 Satz 2 BGB aus den oben dargestellten Gründen keinen Anspruch auf Rückzahlung des der Klägerin gezahlten Kaufpreises von 11.000 €.
2. Klageantrag zu 2 - Herausgabe
Die Berufung der Beklagten zu 1) hat keinen Erfolg. Der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Fahrzeugschlüssel und der Zulassungsbescheinigung Teil II besteht gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 138 Abs. 2 dritte Alternative BGB. Das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 1), sie habe keinen Besitz, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Obwohl nach § 5 des Kaufvertrages der Beklagten zu 2), nicht der Beklagten zu 1), Schlüssel und Papiere zu übergeben waren, hat die Klägerin auf Seite 78 der Klageschrift (Bl. 80) angegeben, dass der Beklagten zu 1) die Zulassungsbescheinigung Teil II und der Zweitschlüssel übergeben worden ist. Das hat die Beklagte zu 1) in der Klageerwiderung vom 24.9.2021 (Bl. 129ff) nicht bestritten und folgerichtig hat das Landgericht im bindenden (§ 314 Satz 1 ZPO) Tatbestand des Urteils die Übergabe an die Beklagte zu 1) und damit ihren Besitz als unstreitig festgestellt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten zu 1) und 2), nicht die Beklagte zu 1), sondern die Beklagte zu 2) habe die Zulassungsbescheinigung und den Schlüssel, ist doppeldeutig. Soweit damit vorgetragen werden soll, die Beklagte zu 1) habe die Gegenstände ursprünglich nicht erhalten, ist der Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil der Vortrag bei ordnungsgemäßer Prozessführung in erster Instanz gehalten werden konnte. Sollte der Vortrag dahingehend zu verstehen sein, dass Papiere und Schlüssel während der zweiten Instanz an die Beklagten zu 2) übergeben wurden, ist er rechtlich gemäß § 265 ZPO unerheblich: Trotz Weggabe des Besitzes haftet die Beklagte zu 1) weiter. Der Herausgabetitel könnte später gemäß § 325 ZPO auf die Beklagte zu 2) umgeschrieben werden oder die Klägerin könnte gemäß § 989 BGB Schadensersatz, gegebenenfalls in Höhe des Fahrzeugwertes, verlangen.
Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten zu 1) wegen der Rückzahlung des Kaufpreises von 11.000 € oder eines Teilbetrages davon besteht gemäß § 812 BGB schon deswegen nicht, weil die Beklagte zu 1) den Kaufpreis nicht erlangte und eine Leistungskondiktion nur im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 2) bestünde. Ein weiter hilfsweise geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht wegen zweier bislang nicht gezahlter Mieten gemäß § 535 Abs. 2 BGB besteht nicht, weil der Mietvertrag wegen Wuchers aus den oben genannten Gründen gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig ist.
3. Hilfswiderklagen
Die in zweiter Instanz erhobenen Hilfswiderklagen sind gemäß § 533 ZPO sachdienlich und damit zulässig, weil der bisherige Streitstoff verwertet werden kann.
Sie sind unbegründet, weil aus den oben genannten Gründen die Beklagten zu 2), der lediglich ein Anspruch auf Rückgabe des gezahlten Kaufpreises zustehen könnte, aus den oben genannten Gründen gemäß § 817 Satz 2 BGB nicht besteht.
Ein Anspruch auf Zahlung rückständiger Mieten aus dem Mietvertrag gemäß § 535 BGB steht der Beklagten zu 2 nicht zu, weil sie nicht Vertragspartnerin des Mietvertrages ist. Ein Anspruch der Beklagten zu 1), der nicht an die Beklagte zu 2 ) abgetreten wurde, besteht nicht, weil das gesamte Vertragsverhältnis der Beklagten zu 1) und 2) als Einheit und der Mietvertrag allein wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig sind.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97, 100 Abs. 2 ZPO.
Die Klägerin unterliegt hinsichtlich des Antrages zu 1) beim Angriff gegen die Beklagte zu 1), beim Antrag zu 3) und hinsichtlich des Klageantrages zu 4) beim Angriff gegen die Beklagte zu 2).
Die Beklagte zu 1) unterliegt hinsichtlich der Anträge zu 2) und 4).
Die Beklagte zu 2) unterliegt hinsichtlich des Antrages zu 1).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Es bestanden keine Gründe zur Zulassung der Revision. Das Urteil beruht auf der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse eines Einzelfalls. Der BGH hat in den Entscheidungen vom 16.11.2022 die Prüfung der Sittenwidrigkeit in vergleichbaren Fällen gebilligt. Auf Verstöße gegen die Gewerbeordnung kam es im Streitfall nicht an.
Streitwert: 49.812,20 €
Antrag zu 1): 23.400,00 €. Der Antrag zu 1) ist gerichtet auf die Rückübereignung des Fahrzeuges, Wiederbeschaffungswert laut Gutachten 23.400 €.
Antrag zu 2): 650,00 €. Der Klageantrag zu 2) ist gerichtet auf die Herausgabe von Zweitschlüssel und Zulassungsbescheinigung Teil II. Der Streitwert wird mit den Kosten für die Wiederbeschaffung der Zulassungsbescheinigung (ca. 150,00 €) und den Kosten für den Austausch der Schließanlage nebst Schlüssel (ca. 500,00 €) mithin in Höhe von 650,00 € bemessen.
Antrag zu 3): 23.023,20 € (23.400,00 + 5.280,00 € + 99,00 € x 80 %). Der Streitwert ist gerichtet auf die Feststellung, dass der Beklagte für etwaige Schäden, maßgeblich den Verlust des Fahrzeuges, persönlich aufzukommen hätte. Die Schäden addieren sich aus dem Fahrzeugwert, den gezahlten Mieten und Gebühren, weil die gezahlten Mieten zwar nicht nach dem Wortlaut des Antrags erster Instanz, aber nach der Interpretation des Landgerichts nicht im Antrag zu 4) enthalten sind. Da es sich um einen Feststellungsantrag handelt, ist dieser Antrag auf 80% zu begrenzen.
Antrag zu 4): 2.739,00 €). Der Antrag zu 4 ist der Wert des Zahlungsantrages für drei gezahlte Mieten und Gebühren.
Das Zurückbehaltungsrecht erhöht den Streitwert nicht, weil es sich wirtschaftlich um denselben Streitgegenstand handelt, der durch den Wert des Fahrzeuges bestimmt wird. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG erhöhen die Hilfswiderklagen nicht, weil es um denselben Gegenstand geht, der durch den Wert des Fahrzeuges als höherer Wert bestimmt wird.
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