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FernUSG im B2B anwendbar: Online-Coaching wegen fehlender Zulassung nichtig! Sowohl Verbraucher als auch Unternehmer können einen Coaching-Vertrag "widerrufen"!

Online Coaching Widerruf Kündigung Geld zurück bei Verbrauchern und Unternehmern

Online-Coaching-Verträge sind nichtig, wenn die erforderliche, staatliche Zulassung für diesen Fernunterricht fehlt. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmer, die ein Business-Coaching im "B2B"-Bereich abgeschlossen haben, können das Coaching "widerrufen" und "kündigen" und in diesem Zuge bereits bezahlte Kursgebühren zurückerstattet verlangen (siehe LG Dresden, Urteil vom 24.06.2024 - 9 O 2242/23).


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Zum Sachverhalt: Mandantin buchte bei der Fastlane Consulting GmbH ein "BOOST - OnlyFans Management" - Coaching und widerrief es - die  "Fastlane Consulting" akzeptierte den Widerruf nicht!

Meine Mandantin, eine Firma  buchte eine kostspieliges Online-Coaching für insgesamt 29.000 € netto bei der Fastlane Consulting GmbH. Das Coaching sollte ihr Beibringen und sie dabei unterstützen, innerhalb kürzester Zeit ein profitables Onlyfans-Business aufzubauen. Der gewünschte Erfolg blieb aus und die anfänglich versprochenen Leistungen, wurden nicht so gewährt, wie es sich meine Mandantin anfänglich vorstellte. In der Folgezeit "widerrief" sie den Vertrag. Der "Widerruf" wurde nicht akzeptiert. Der Online-Coach bzw. die Fastlane Consulting GmbH argumentierte u.a., dass meiner Mandantin als Unternehmerin kein Widerrufsrecht zustehe.

 

Meine Mandantin akzepitierte das nicht und erhob Klage auf Rückzahlung der Gebühren für diese Onlinekurs "BOOST - OnlyFans Management".


LG Dresden: Verfügt der "Coach" nicht über die nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) erforderliche Zulassung für den Fernunterricht, dann sind die Coaching-Verträge nichtig! Nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer können sich hierauf berufen und bezahlte Gebühren zurückverlangen!

Das LG Dresden gab meiner Mandantin Recht. Es entschied, dass das FernUSG auch im B2B-Bereich, also zwischen Unternehmern Anwendung finden mit der Folge, dass die Fastlane Consulting GmbH die bezahlten Gelder zurückerstatten muss. Die erforderliche Zulassung für das Online-Coaching ("BOOST - OnlyFans Management") besaß sie nämlich nicht.

"Das Gericht schließt sich der Rechtsansicht des OLG Celle an, wonach für die Anwendung des FernUSG auch auf Unternehmer das Verständnis der Praxis spricht. Das FernUSG selbst sieht keine ausschließliche Anwendung (nur) auf Verbraucher vor. Auch eine theologische Auslegung ergibt kein eindeutiges Ergebnis. Denn die Regelungen des FerrnUSG können in dem Kontext, in dem sie verabschiedet wurden, auch so verstanden werden, dass sie zum Schutz der Verbraucher getroffen wurden, sofern diese einen Fernunterrichtsvertrag abschließen, ohne Unternehmer auszuschließen. Diese sollten gleichfalls von den getroffenen Regelungen profitieren. Soweit § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsieht, ist nur der Umsetzung des Verbraucherschutzgesetzes geschuldet. Zudem sollte das FernUSG der „Enttäuschung der Bildungswilligkeit“ vorbeugen und ging von einer erheblich höheren Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers am Fernunterricht im Verhältnis zu demjenigen am Direktunterricht aus (BT-Drs.7/4245, S. 12 ff.), stellt also nicht auf die Eigenschaft des Teilnehmers als Verbraucher ab (OLG Celle a. a. O., Rn. 50).."

 

- zit. LG Dresden, Urteil vom 24.06.2024 - 9 O 2242/23


Das Urteil des LG Dresden (Urteil vom 24.06.2024 - 9 O 2242/23) gibt es hier:

(Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.)

Tenor

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 29.000,00 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 01.11.2023 zu zahlen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, die Klägerin von einer etwaigen Rückzahlung der Umsatzsteuerrückerstattung gegenüber dem zuständigen Finanzamt freizustellen, sofern die Klägerin im Zuge der Vertragsstornierung und Rückabwicklung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags über ein „BOOST - OnlyFans Management“ Coaching von Seiten des zuständigen Finanzamts verpflichtet wird, die hierzu empfangene Vorsteuerrückerstattung in Höhe von 5.100,00 € an das Finanzamt zurückzuzahlen.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.366,80 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 01.11.2023 zu zahlen.
  4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

 

Der Streitwert wird auf 34.100,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

 

Die Klägerin, eine im Jahr 202X von den Gesellschaftern XXX und XXX errichtete haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) nimmt die Beklagte, eine im Mai 202X gegründete GmbH mit Sitz in München mit dem Unternehmensgegenstand Dienstleistungen aller Art für die Monetarisierung der Reichweite von Influencern und der Beratung und Vermittlung für Selbstständige beim Aufbau einer eigenen Influencer Agentur auf Rückzahlung einer von der Klägerin erbrachten Vergütung i.H.v. 29.000 € netto in Anspruch.

 

Die Beklagte schloss am 29.11.2022 mit den Gesellschaftern der noch in Gründung befindlichen Klägerin einen sogenannten „BOOST-OnlyFans Management Ausbildungsvertrag“, der gegen Zahlung einer Vergütung i.H.v. 29.000 € netto die Verpflichtung der Beklagten begründete, die Gesellschafter der Klägerin über einen Zeitraum von 12 Monaten beim Aufbau eines OnlyFans Management zu unterstützen. Dabei handelt es sich um eine Agentur, die mit „Models“ Marketing-Verträge abschließen soll, die die Agentur verpflichtet, sogenannte Followers zu generieren, die auf der Internetplattform „OnlyFans vergütungspflichtige pornographische Dienstleistungen der Models entgegennehmen, wobei der Agentur ein nicht unerheblicher prozentualer Anteil am Verdienst der Models zukommt.

 

Der am 29.11.2022 geschlossene Vertrag benennt insgesamt 10 Module, die dem chronologischen Ablauf der „Ausbildung“ des Vertragspartners der Beklagten beschreibt. Die Ausbildung soll sich im Wesentlichen dadurch abspielen, dass der Vertragspartner Internetzugang zu einem Mitgliederbereich mit über 50 Stunden Videomaterial mit „wertvollen Anleitungen und Vorlagen“ erhält und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, an 5 Tagen die Woche in online Meetings direkt Fragen zu stellen und Lösungen für aktuelle Blockaden zu erhalten. Darüber hinaus enthält der Vertrag die Verpflichtung der Beklagten durch regelmäßige 1 zu 1 Zoom Calls den genauen Status des Vertragspartners zu analysieren, um das maximale aus seiner Agentur herauszuholen. Als weiterer Leistungsumfang ist im Vertragstext das Ausstellen exklusiver Einladungen zu privaten Mastermind Sessions und Events an den schönsten Plätzen in Europa mit networking & Insider Wissen Austausch sowie der Erhalt qualifizierter Modelbewerbungen, mit denen der Vertragspartner sofort loslegen kann, ohne viel Zeit für die Modelakquise aufwenden zu müssen, enthalten.

 

Das Deckblatt des Vertrags enthält an exponierter Stelle unter dem Begriff „wichtig“ die Darstellung, dass die Rechnung auf die UG gestellt wird, die noch gegründet wird. Dementsprechend hat die Beklagte ihre Rechnung vom 12.12.2022 über 34.510 € brutto auch gegenüber der Klägerin erstellt. Die Klägerin hat den Rechnungsbetrag vollumfänglich an die Beklagte entrichtet, wobei ihr ein Betrag i.H.v. 5100 € durch das Finanzamt an Vorsteuer rückerstattet wurde. Mit Schreiben vom 1.10.2023 und 8.10.2023 - mithin ca. 11 Monate nach Vertragsabschluss - forderte die Klägerin die Beklagte auf, deren Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 FernUSG nachzuweisen. Unstreitig verfügt die Beklagte über keine solche Zulassung.

 

Mit Anwaltsschreiben vom 23.10.2023 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30.10.2023 vergeblich auf, anzuerkennen, dass kein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei und sie die empfangene Vergütung von 29.000 € zurückzubezahlen habe.

 

Mit Anwaltsschreiben vom 25.10.2023 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis 30.10.2023 vergeblich auf, anzuerkennen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei, die Klägerin von einer etwaigen Rückzahlung der Umsatzsteuerrückerstattung gegenüber dem zuständigen Finanzamt freizustellen. Beides lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2023 ab. Die Beklagte hat mit Anwaltsschreiben vom 29.8.2023 unter Darstellung ihrer Geschäftstätigkeit bei der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht in Köln um Bestätigung gebeten, dass ihre im Bereich des online-Marketings für ihre Kunden zu erbringenden Dienstleistungen keiner Zulassung nach § 12 FernUSG bedarf. Auf einer von der Zentralstelle vorgegebenen Fragenkatalog hatte die Beklagte auf die Frage, ob synchrone Gruppen-Maßnahmen den Teilnehmern als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt werden mit „nein“ geantwortet. Die Frage, ob der Lernerfolg der Teilnehmer kontrolliert würde, beantwortete die Beklagte mit „keine Lernkontrolle im Sinne einer Wissensprüfung. Es wird ein Support angeboten, bei dem Mitarbeiterinnen für Rückfragen im Nachgang zur Beratung zur Verfügung stehen“.

 

Die Frage nach den Gesamtkosten für die Teilnahme am Angebot der Beklagten hat die Beklagte mit ca. 9000 € beantwortet.

 

Die staatliche Zentralstelle für Fernunterricht hat der Beklagten mit Schreiben vom 2.2.2024 mitgeteilt, dass nach Prüfung der von der Beklagten eingereichten Unterlagen man zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das von der Beklagten entsprechend ihrer Darstellung angezeigte Bildungsangebot wegen Fehlens des Merkmals der überwiegenden räumlichen Trennung nicht unter den Anwendungsbereich des Fernunterrichtsschutzgesetzes viele und eine Zulassung gemäß § 12 Abs. 1 FernUSG nicht erforderlich sei.


Die Klägerin trägt vor, sie sei aktivlegitimiert, da der gegenständliche Vertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits, der Klägerin noch in Gründung betroffen, geschlossen worden sei. Letzteres ginge auch daraus hervor, dass das Vertragsangebot der Beklagten als auch deren Rechnung die Klägerin als Vertragspartnerin ausweisen würde. Die Klägerin meint, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dresden sei gemäß § 26 Abs. 1 FernUSG eröffnet. Eine abweichende Vereinbarung in Form von der Beklagten vermeintlich bei Vertragsschluss unter Einbeziehung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen behaupteten Vereinbarung im Hinblick auf den Gerichtsstand der Beklagten (München) sei gemäß § 26 Abs. 2 FernUSG unwirksam. Im Übrigen seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten aber auch nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden, da diese im Internet - der einzigen möglichen Kenntnisnahme - nicht einsehbar seien. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünde gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückerstattung der Vergütung aus dem gegenständlichen Dienstleistungsvertrag zu, da der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG wegen Fehlens der erforderlichen Zulassung der Beklagten nichtig sei und darüber hinaus auch die vereinbarte Vergütung nichtig wäre, weil für sie ein besonders krasses auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gemäß § 138 Abs. 1 BGB bestünde. Auch ist die Klägerin der Meinung, die Beklagte habe wesentliche Leistungen, zu deren Erbringung sie vertraglich verpflichtet gewesen sei, in der Laufzeit des Vertrages von 12 Monaten nicht erbracht bzw. schlecht erbracht. So seien keine 50 Stunden Videomaterial zu Lernzwecken zur Verfügung gestellt worden. Soweit von der Beklagten Models vermittelt worden sein, wären diese nicht qualifiziert gewesen, hätten über keine Erfahrung mit OnlyFans verfügt und hätten zum Teil noch nicht einmal das Equipment bedienen können, um Inhalte wie Fotos oder Videos in der nötigen Qualität zu produzieren. Geschuldet gewesen sei aber die Vermittlung „qualifizierter Models“.

 

Letztlich beruft sich die Klägerin auch auf einen mit der Klageschrift erklärten Widerruf ihrer Erklärung auf Abschluss des Dienstleistungsvertrages mit der Begründung, es habe sich um ein Fernunterrichtsvertrag gehandelt, bei welchem der Klägerin als Teilnehmerin gemäß § 4 FernUSG ein Widerrufsrecht zustünde, über das zu belehren sei, was vorliegend nicht geschehen wäre. Schließlich beruft sich die Klägerin auf ein „Garantieversprechen“ der Beklagten, wonach die Ausbildungskosten vollständig rückerstattet würden, wenn nicht mindestens die Ausbildungskosten durch Ihr Produkt erwirtschaftet und/oder ein Gewinn von 8000 $ binnen 8 Wochen erzielt würde, was nach Darstellung der Klägerin nicht eingetreten sei.

 

Die Klägerin beantragt,

 

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 29.000,00 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 01.11.2023 zu zahlen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, die Klägerin von einer etwaigen Rückzahlung der Umsatzsteuerrückerstattung gegenüber dem zuständigen Finanzamt freizustellen, sofern die Klägerin im Zuge der Vertragsstornierung und Rückabwicklung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags über ein „BOOST - OnlyFans Management“ Coaching von Seiten des zuständigen Finanzamts verpflichtet wird, die hierzu empfangene Vorsteuerrückerstattung in Höhe von 5.100,00 € an das Finanzamt zurückzuzahlen.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.366,80 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 01.11.2023 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte wendet ein, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da Vertragspartner des gegenständlichen Ausbildungsvertrags die Herren XXX und XXX seien. Die Beklagte rügt unter Verweis auf Ziff. 11 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dresden, da die Parteien wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung mit München als Gerichtsort getroffen hätten. Sie ist der Auffassung, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien wirksam in den Vertrag einbezogen worden, da das Vertragsangebot der Beklagten vom 28.11.2023 den ausdrücklichen Hinweis auf die auf der Website der Beklagten abrufbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten hätten. Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe ihre vertraglich geschuldeten Leistungen vollständig und ordnungsgemäß erbracht. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung läge nicht vor. Der Vertrag sei auch nicht wegen Fehlens einer Zulassung der Beklagten nach § 12 FernUSG nichtig. Einer solchen Zulassung bedürfe die Beklagte nicht, was sich auch aus dem Anschreiben der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht vom 2.2.2024 ergeben würde. Die Beklagte meint, ein Garantieversprechen habe sie nicht abgegeben.


Im Hinblick auf den weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe


I.

 

Die zulässige Klage ist begründet.

 

Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB zu, weil der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nach § 7 Abs. 1 des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) nichtig ist. Die Beklagte hatte für die von ihr angebotene „BOOST-OnlyFans Management Ausbildung“ nicht die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG erforderliche Zulassung.


1.

 

Die Klage ist zulässig.

 

Das Landgericht Dresden ist örtlich zuständig.

 

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dresden ergibt sich zum einen aus § 26 Abs. 1 FernUSG, wonach für Streitigkeiten aus einem Fernunterrichtsvertrag oder über das Bestehen eines solchen Vertrages das Gericht ausschließlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Teilnehmer seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Die Klägerin unterhält ihren Sitz in Dresden. Das FernUSG findet sowohl auf Verbraucher als auch auf Unternehmer - wie die Klägerin einen darstellt - Anwendung (OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023, 3 U 85/22; Juris).

 

Nach § 1 Abs. 1 FernUSG ist Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der 1. der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und 2. der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen. Beide Kriterien (räumliche Trennung und Überwachung des Lernerfolgs) treffen auf das vorliegende Vertragsverhältnis zu.

 

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dresden ergibt sich zum anderen aus § 29 ZPO (besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes) als auch aus § 32 ZPO (besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung). Der zwischen den Parteien begründete „BOOST-OnlyFans Management Ausbildungsvertrag“ stellt einen Dienstvertrag dar, für den gilt, dass sich der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes dort auftut, wo die Dienste zu leisten sind. Erfüllungsort der gegenständlichen Leistungen ist der Betriebssitz der Klägerin.

 

Daneben ist der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO gegeben, da die Klägerin eine wucherische Handlungsweise der Beklagten rügt und der deliktische Erfolg (Vermögensminderung) am Sitz der Klägerin eingetreten wäre.

 

Den Gerichtsständen nach §§ 29, 32 ZPO steht nicht entgegen, dass die Parteien eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Gerichtsstand am Sitz der Beklagten getroffen hätten (§ 38 ZPO).

 

Für eine wirksame Einbeziehung einer in Form von allgemein Geschäftsbedingungen erhobenen Gerichtsstandsvereinbarung reicht die ausdrückliche Bezugnahme auf die eigene Internetseite nicht aus (Zöller-Schultzsky 34. Aufl., § 38 Rn. 32 unter Verweis auf Köln, IP Rechtsprechung 2014 Nr. 187). Im Übrigen hat die Beklagte die hierfür darlegungs-und beweisbelastet ist, aber auch keine Nachweise dafür angeboten, dass für die Klägerin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Möglichkeit bestanden hatte, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten im Internet einsehen zu können. Die Klägerin hat dies bestritten.

 

2.

 

Die Klage ist begründet.

 

A.)

 

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

 

Parteien des streitgegenständlichen Ausbildungsvertrags sind die Klägerin als Lernende und die Beklagte als Lehrende. Die Beklagte hat den Ausbildungsvertrag mit der Klägerin in Gründung und gerade nicht mit den beiden Gesellschaftern der Klägerin, den Herren XXX und XXX abgeschlossen. Der zwischen den Herren XXX und XXX zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ausbildungsvertrags existierende Personenzusammenschluss stellte eine Vorgesellschaft dar, die den Ausbildungsvertrag in deren Gründungsphase im Namen der Gesellschaft abgeschlossen hat. Letzteres ergibt sich für das Gericht eindeutig daraus, dass die im Ausbildungsvertrag als Vertragspartner genannten Gesellschafter XXX und XXX mit dem Kürzel & verbunden wurden und im Vertrag selbst ausgewiesen ist, dass die Rechnung der Beklagten auf die noch zu gründende UG gestellt werden sollte.

 

B.)

 

Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB zu, weil der zwischen den Parteien geschlossene Ausbildungsvertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig ist. Die Beklagte hatte für den von ihr angebotenen Ausbildungsvertrag nicht die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG erforderliche Zulassung.

 

Ba.)

 

Das FernUSG findet auch auf Unternehmer - wie die Klägerin einen darstellt - Anwendung (OLG Celle, Urteil vom 1.3.2023-3O0 5,22; Juris).

 

Das Gericht schließt sich der Rechtsansicht des OLG Celle an, wonach für die Anwendung des FernUSG auch auf Unternehmer das Verständnis der Praxis spricht. Das FernUSG selbst sieht keine ausschließliche Anwendung (nur) auf Verbraucher vor. Auch eine theologische Auslegung ergibt kein eindeutiges Ergebnis. Denn die Regelungen des FerrnUSG können in dem Kontext, in dem sie verabschiedet wurden, auch so verstanden werden, dass sie zum Schutz der Verbraucher getroffen wurden, sofern diese einen Fernunterrichtsvertrag abschließen, ohne Unternehmer auszuschließen. Diese sollten gleichfalls von den getroffenen Regelungen profitieren. Soweit § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsieht, ist nur der Umsetzung des Verbraucherschutzgesetzes geschuldet. Zudem sollte das FernUSG der „Enttäuschung der Bildungswilligkeit“ vorbeugen und ging von einer erheblich höheren Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers am Fernunterricht im Verhältnis zu demjenigen am Direktunterricht aus (BT-Drs.7/4245, S. 12 ff.), stellt also nicht auf die Eigenschaft des Teilnehmers als Verbraucher ab (OLG Celle a. a. O., Rn. 50).


Bb.)

 

Für die Anwendbarkeit des FernUSG ist ferner erforderlich, dass der zwischen den Parteien geschlossene Ausbildungsvertrag die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG notwendigen Voraussetzungen, die räumliche Trennung der Parteien und die Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden, beinhaltet. Beides ist vorliegend gegeben. Die räumliche Trennung ergibt sich aus dem Umstand, dass die überwiegende Wissensvermittlung im Selbststudium stattfinden sollte. Ausweislich der Vertragsurkunde hat die Beklagte der Klägerin insgesamt 50 Stunden Videomaterial und zusätzlich PDF-Vorlagen zum selbstständigen Studium zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus konnte die Klägerin auf Skripten der Beklagten zugreifen, welche gleichfalls im Selbststudium zu bearbeiten gewesen sind. Allein der Umfang des der Klägerin durch die Beklagte zum Selbststudium zur Verfügung gestellten Lernmaterials indiziert, dass die überwiegende Wissensvermittlung bei einer zwischen den Parteien bestehenden räumlichen Trennung hat erfolgen sollen. Dass neben der eigentlichen bei räumlicher Trennung zu erfolgenden Wissensvermittlung noch die Möglichkeit bestand, bei Rückfragen seitens der Klägerin Zugriff auf eine mit der Beklagten bestehende online-Verbindung über 1 zu 1 Calls eine Whats-up Gruppe und sogenannte Live- und online Meetings zu nehmen, ändert nichts daran, dass der Gesamtcharakter der Wissensvermittlung auf einer räumlichen Trennung der Parteien beruht hat, zumal eine verpflichtende Teilnahme an benannten Livecalls bzw. Videocalls nicht vereinbart war.

 

Auch die weitere notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des FernUSG, nämlich die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG erforderliche Überwachung des Lernerfolg ist vorliegend gegeben.

 

Der Gesetzgeber ging bei der Formulierung des FernUSG von einem umfassenden und weiten Verständnis des Begriffs der Überwachung des Lernerfolgs aus. Der Lehrende oder sein Beauftragter sollte sich dabei schriftlicher Korrekturen ebenso wie begleitender Unterrichtsveranstaltungen oder anderer Mittel bedienen können. Deshalb kommt auch eine mündliche Kontrolle während eines begleitenden Direktunterrichts als hinreichende Überwachung des Lernerfolgs, z.B. durch Frage und Antwort, in Betracht. Es ist ausreichend, wenn eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen ist, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht. Insgesamt ist eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten. Für die Anwendung des FernUSG kommt es nicht darauf an, ob eine Kontrolle des Lernerfolgs auch tatsächlich durchgeführt wird. Es reicht aus, dass nach dem Vertrag der Lernende das Recht hat, eine solche Überwachung einzufordern, um den Lernerfolg kontrollieren zu lassen (BGH in MDR 2010,196-197). Übereinstimmend hierzu hat auch das Landgericht Leipzig (LG Leipzig, Urteil vom 1.2.2023 - 5 O 1598/22) es für ausreichend erachtet, dass Teilnehmer im Rahmen von Informationsveranstaltungen Fragen stellen und anhand der Antworten ihren Lernerfolg feststellen können.

 

Ausgehend von diesem Maßstab war aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG geschuldet, da die Klägerin den Anspruch hatte, dass im Selbststudium Erlernte durch Nachfragen in online-meetings, 1 zu 1 Calls und Online-Meetings zu hinterfragen und zu verifizieren. Dies diente naturgemäß dazu, eine persönliche Lernkontrolle herbeizuführen, ob das bisher Erlernte richtig verstanden wurde.

 

Bc.)

 

Folge des Umstands, dass die Beklagte nicht über die nach § 12 Abs. 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügt, ist die Nichtigkeit des gegenständlichen Ausbildungsvertrags (§ 7 Abs. 1 FernUSG) mit der Rechtsfolge (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB), dass der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung i.H.v. 29.000 € gegenüber der Beklagten zusteht.

 


Bd.)

 

Die Beklagte ist gemäß §§ 286 Absatz ein Satz 1, 288 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Zinsen verpflichtet.

 

C.)

 

Folge der durch die Beklagte zu vertretenden Nichtigkeit des Ausbildungsvertrages ist zudem die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin von einer etwaigen Rückzahlung der Umsatzsteuerrückerstattung i.H.v. 5100 € freizustellen, was wie beantragt festzustellen ist.

 

D.)

 

Der Klägerin steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in der tenorierten Höhe zu. Indem die Beklagte ohne erforderliche Zulassung handelte, hat sie gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wird das Verschulden vermutet, die Beklagte hat sich nicht exkulpiert. Gegen die Gebührenrechnung bestehen keine Bedenken.


II.

 

Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der gegenständliche Ausbildungsvertrag nach anderen Vorschriften, insbesondere den §§ 134, 138, 142 BGB nichtig ist oder Widerruf der Klägerin wirksam ist. Gleiches gilt auch für die Behauptung der Klägerin, ein Vergütungsanspruch habe wegen Schlecht-bzw. nur unvollständiger Leistung nicht bestanden.


III.

 

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

 

Der Streitwert beträgt 34.100 €.


Das Urteil als Druckversion gibt es hier:

(Anmerkung: Die vorbezeichnete Entscheidung ist anonymisiert, um die Prozessbeteiligten unkenntlich zu machen. Sie ist noch nicht rechtskräftig.)

 

 

Die Entscheidung können Sie hier herunterladen:

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LG Dresden, Urteil vom 24.06.2024 - 9 O 2242/23
Online-Coaching-Verträge sind nichtig, wenn die erforderliche, staatlichen Zulassung fehlt. Sowohl Verbraucher, aber auch Unternehmer, die ein Business-Coaching abgeschlossen haben, können dieses "widerrufen" und "kündigen" und in diesem Zuge bereits bezahlte Kursgebühren zurückerstattet verlangen!
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Erfahrungen mit der Fastlane Consulting GmbH und dem Online-Coaching "BOOST - OnlyFans Management"

Über eigene Erfahrungen verfüge ich als Rechtsanwalt nicht, so dass ich nicht selbst beurteilen kann, ob das von der Fastlane Consulting GmbH angebotene Coaching "BOOST - OnlyFans Management" gut oder schlecht ist. Unstreitig verfügt die Fastlane Consulting GmbH zum Zeitpunkt dieser Entscheidung des LG Dresden aber nicht über die erforderliche Zulssung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz. Durch diese Zulassung soll ein Mindestmaß an Qualität für Fernunterrichtslehrgänge gesichert werden, was allerdings nicht zwangsläufig bedeutet, dass das Coaching schlecht ist. Einschlägige Rezensionen stützen aber auch die Erfahrungen meiner Mandantin: das Coaching nach ihrer Aussage hinter ihren Erwartungen zurück und ein lohenswerter Erfolg konnte in Anbetracht der recht hohen Kosten nicht erzielt werden.


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Hinweis und Disclaimer für Abmahner: Dieser Artikel wurde am 03.07.2024 verfasst und gibt den Stand aufgrund meiner Erfahrung aus der vorbezeichneten Vertretung wieder. Die Rechtslage wurde fachgerecht recherchiert und zum Teil in vereinfachter Sprache wiedergegeben, damit auch Nichtjuristen die Möglichkeit haben, etwas zu verstehen. Durch die Veröffentlichung der Entscheidung, den Quellenangaben und Verlinkungen, die auf Texte mit weiteren Nachweisen führen, ist mein Text überprüfbar gemacht worden. Etwaige Ungenauigkeiten, die aufgrund vereinfachter Sprachgestaltung herrühren können, können anhand der Fundstellen identifiziert werden. Etwaige Ungenauigkeiten, etc. vermag ich aber nicht zu erkennen. 


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