Bei ebay darf eine Internetauktion nur aus berechtigten Gründen abgebrochen. Wird nach dem Abbruch der Auktion einfach ein "technischer Defekt
behauptet" und dennoch ein Kaufpreis angeboten, dann muss der Verkäuferin nicht geglaubt werden. (AG Paderborn, Urteil vom 14.8.2019 - 58 C 24/19)
Zum Sachverhalt: Der Mandant steigerte bei Ebay auf einen Artikel und der Verkäufer beendete die Auktion vorzeitig!
Unser Mandant bot bei ebay auf ein gebrauchtes I-Phones. Die Verkäuferin brach die ebay-Auktion einfach vorzeitig ab und äußerte auf Nachfrage, dass der momentane Preis bei 250 € für das Telefon liege. Der Mandant verwies darauf, dass die Auktion nicht berechtigt abgebrochen wurde. Erst später behauptete die Verkäuferin einen "technischen Defekt". Unser Mandant glaubte ihr nicht und trat er vom Kaufvertrag zurück und verlangte Schadensersatz. Die Verkäuferin war allerdings nicht zur Zahlung bereit.
Schließlich wurden wir beauftragt, den Schadensersatz geltend zu machen und konnten für unseren Mandanten bei Gericht einen Sieg erringen.
AG Paderborn: Widersprüchliches Verhalten der Verkäuferin rechtfertigt die Annahme, dass es sich bei dem berechtigten Grund nur um eine Schutzbehauptung handelt!
Das Gericht teilte unsere Rechtsauffassung und sprach unseren Mandanten den begehrten Schadensersatz zu. Auch muss der Verkäufer unsere Anwaltsgebühren erstatten.
Das Gericht traf folgende Aussagen:
"Ein solcher Anfechtungs- oder die vorzeitige Angebotsrücknahme rechtfertigender Grund ist hier nicht gegeben. Soweit die Beklagte sich dahingehend auf einen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs.2 BGB beruft, sie habe nicht gewusst, das von ihr angebotene Mobiltelefon sei beschädigt, ist dieser Vortrag nicht nur völlig unglaubhaft, sondern kann auch bei Wahrunterstellung mangels Kausalität den Abbruch nicht rechtfertigen. Nicht nur ist die Funktionsfähigkeit des Mobiltelefons -wobei es vor dem Hintergrund der Darlegungs- und Beweislast einer Substantiierung dieses Vortrages bedurft hätte - ein Merkmal, das dem Nutzer schnell ins Auge fällt. Vielmehr zeigt die Reaktion der Beklagten kurz nach Beendigung der Auktion, dass der Abbruch der lnternetauktion von völlig anderen Erwägungen geleitet gewesen ist. Auf die Nachricht des Klägers: ,,[...] ich würde den Artikel trotz lhrer Beendigung gerne kaufen.", antwortete die Beklagte: ,,[...] Der momentane Verkaufspreis liegt bei 250 €. Machen Sie mir ein Angebot."
- AG Paderborn, Urteil vom 14.8.19 - 58 C 24/19
(Die gerichtliche Entscheidung finden Sie unten auf dieser Seite!)
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Oft wir bei ebay darüber gestritten, ob eine Auktion denn nun vorzeitig abgebrochen werden durfte oder nicht. Gerade wenn sich die Fronten verhärten ist es ratsam, sich profissionell vertreten zu lassen.
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Das Urteil des AG Paderborn (Urteil vom 14.8.2019 - 58 C 24/19) gibt es hier:
Tenor:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 157,50 € zuzüglich Zinsen i. H. v. . 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 sowie außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten i. H. v. 70,20 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen.
- lm Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 74 % und der Kläger zu 26 %.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 157,50€ aus §§ 437 Nr.3, 280 Abs. 1,3, 281 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu.
I.
Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über ein iPhone 5c in der Farbe pink über die lnternetauktionsplattform „ebay“ mit der Transaktionsnummer XXX zustande gekommen.
1.
Der bei der lnternetauktion geschlossene Kaufvertrag der Parteien kam durch Willenserklärungen - Angebot und Annahme - der Parteien gemäß §§ 145 ff. BGB zustande. lndem die Beklagte auf der Website von eBay das Mobiltelefon zur Versteigerung anbot und die lnternetauktion startete, gab sie ein verbindliches Verkaufsangebot ab, das sich an denjenigen richtete, der innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgab. Dies war der Kläger, der vor dem Auktionsabbruch am 23.07 .2015 das Angebot der Beklagten mit seinem letzten Höchstgebot i. H. v.22,50 € annahm. Dieser Erklärungsinhalt der Willenserklärungen der Parteien (§§ 133, 157 BGB) steht auch im Einklang mit den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der lnternetauktion zugestimmt hatten. (so auch BGH, Urteil vom 03. November 2004 - VIII ZR 375/03 -, Rn. 9, juris).
Ein verbindliches Angebot, mit der Folge eines verbindlichen Vertragsschluss bei Vorliegen eines entsprechenden Gebots, liegt selbst dann vor, wenn derjenige, der das Produkt auf der lnternetauktionsplattform einstellt, die lnternetauktion vor Ablauf der Zeit zum Mietbieten wieder entfernt und das Angebot ,,zurücknimmt". Eine Ausnahme liegt nach den für die Auslegung der Willenserklärungen heranzuziehenden, von den Parteien akzeptierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay nach § 6 Nr. 6 nur dann vor, wenn der Verkäufer unter besonderen Umständen berechtigt ist, das Angebot zurückzunehmen und die
vorliegenden Gebote zu streichen.
Dies können die nach dem BGB zu einer Anfechtung der Willenserklärung (§§ 119 ff. BGB) berechtigenden Gründe sein. Daneben können aber auch einige Sonderkonstellationen, wie eine unverschuldete Zerstörung, Beschädigung oder ein unverschuldetes Abhandenkommen hierzu berechtigen.
Ein solcher Anfechtungs- oder die vorzeitige Angebotsrücknahme rechtfertigender Grund ist hier nicht gegeben. Soweit die Beklagte sich dahingehend auf einen Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs.2 BGB beruft, sie habe nicht gewusst, das von ihr angebotene Mobiltelefon sei beschädigt, ist dieser Vortrag nicht nur völlig unglaubhaft, sondern kann auch bei Wahrunterstellung mangels Kausalität den Abbruch nicht rechtfertigen. Nicht nur ist die Funktionsfähigkeit des Mobiltelefons -wobei es vor dem Hintergrund der Darlegungs- und Beweislast einer Substantiierung dieses Vortrages bedurft hätte - ein Merkmal, das dem Nutzer schnell ins Auge fällt. Vielmehr zeigt die Reaktion der Beklagten kurz nach Beendigung der Auktion, dass der Abbruch der lnternetauktion von völlig anderen Erwägungen geleitet gewesen ist. Auf die Nachricht des Klägers: ,,[...] ich würde den Artikel trotz lhrer Beendigung gerne kaufen.", antwortete die Beklagte: ,,[...] Der momentane Verkaufspreis liegt bei 250 €. Machen Sie mir ein Angebot." (vgl. Bl. 60, 62 d. A.).
Diese Nachricht belegt, dass - selbst wenn ein technischer Defekt vorgelegen hätte und der in der gerichtlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung 14.08.2019 gemachte Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt würde - dieser nicht ursächlich i.S.d. § 119 Abs. 2, 1 BGB für die Beendigung der Auktion gewesen ist. Aus dieser nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegenden Erklärung (§ 157 BGB) der Beklagten wird vielmehr deutlich, dass allein der aus ihrer Sicht zu geringe Verkaufspreis kausal für den Abbruch war. Mit der Formulierung: ,,[d]er momentane Verkaufspreis liegt bei 250 €", gibt die Beklagte zu verstehen, dass sie von einem gegenwärtigen Marktwert von 250 € für ein Mobiltelefon dieses Modells ausgeht. Und wegen der Aufforderung: ,,Machen Sie mir ein Angebot.", wird deutlich, dass sie einen vergleichbaren, aber noch aushandelbaren Preis für ihr Mobiltelefon erwartet. Wäre der Defekt - dessen Vorliegen unterstellt - in irgendeiner Form kausal für den Abbruch, wäre zu erwarten gewesen, dass die Beklagte diesen mindestens beiläufig erwähnt.
Da auch bei Wahrunterstellung des Vortrags der Beklagten der von ihr vorgetragene Grund jedenfalls nicht kausal geworden ist, bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung der von der Beklagten nur abstrakt angekündigten Zeugen.
2.
Die Höhe des Schadens nach §§ 249 ff BGB bestimmt sich dabei nach dem objektiven Verkaufswert des Mobiltelefons unter Abzug des ohnehin vom Käufer zu zahlenden Kaufpreises (22,50 €). Der Beklagten ist insofern zuzustimmen, dass nicht der vom Kläger ermittelte Durchschnittspreis von 236,42 € als Verkaufswert herangezogen werden darf, da für diesen Wert die Referenzobjekte unzutreffend ausgewählt wurden. Bei allen in der Anlage K4 aufgezählten Mobiltelefonen iPhone 5c 16GB handelt es sich um Geräte in weißer Farbe. Für diese als relativ neutral anzusehende Farbe lässt sich erfahrungsgemäß auf dem Gebrauchtmarkt ein höherer Kaufpreis erzielen, als bei der sehr ausgefallenen Farbe pink. Daher hat das Gericht nach Abzug dieses Faktors entsprechend § 287 ZPO einen Verkaufspreis von 180,00 € geschätzt. Wegen des weiterhin vorzunehmenden Abzugs von 22,50 € verbleibt der tenorierte Schaden i. H. v. 157,50 €.
II.
Der Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltsgebühren und Zinsen ergeben sich aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 1,2,286 BGB (i. V. m. § 288 BGB).
III.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Satz 1 Alt.,1, 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf bis zu 250,00 € festgesetzt.
Die Entscheidung als Druckversion gibt es hier:
(Anmerkung: Die vorbezeichnete Entscheidung ist anonymisiert, um die Prozessbeteiligten unkenntlich zu machen.)
Die Entscheidung können Sie hier herunterladen:
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