Nichtamtlicher Leitsatz:
"Bei Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation des Unfallgeschehens hindeuten, spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Rechtsgutverletzung mit Einwilligung des Verletzten erfolgte und der Verkehrsunfall manipuliert, mithin nur vorgetäuscht war."
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfall geltend, der sich am 00.00.00 auf der B-Straße in Höhe der Hausnummer 65 in Köln ereignet haben soll. Der Kläger ist Halter des PKW Mercedes Benz Vito mit dem amtlichen Kennzeichen ####. Die Beklagte zu 2. ist der Haftpflichtversicherer des PKW Daimler mit dem amtlichen Kennzeichen #####, einem vollkaskoversicherten Vermietfahrzeug. Der Kläger und der Beklagte zu 1) sind einander bekannt. Der Kläger betreibt ein Mietwagenunternehmen und eine Funkmietwagen-Agentur. Der Beklagte zu 1) betrieb zum Zeitpunkt des behaupteten Unfalls (Bl. 104 d.A.) ebenfalls ein Mietwagenunternehmen und war der Funkmietwagenagentur, deren Geschäftsführer der Kläger ist, angeschlossen.
Am 00.00.00 in der Zeit zwischen 23.37 Uhr und 23:44 Uhr rief der Beklagte zu 1) die Polizei zu einem von ihm behaupteten Verkehrsunfall in die B-Straße in Köln. Bei der B-Straße handelt es sich um eine geradlinige Einbahnstraße mit Parkmöglichkeiten auf beiden Seiten, bei der Radfahrern die Benutzung in beide Fahrtrichtungen gestattet ist. Die herbeigerufenen Polizeibeamten nahmen den vom Beklagten zu 1. angegebenen Verkehrsunfallhergang auf, nach dem der Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten PKW Daimler gegen den parkenden streitgegenständlichen PKW des Klägers gefahren sei, weil er einem flüchtigen Radfahrer habe ausweichen wollen. Ausweislich des Inhaltes der Unfallaufnahme war die B-Straße zum Unfallzeitpunkt über ca. 220 m einsehbar und beleuchtet. Geregnet habe es nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Unfallaufnahme wird auf die Unfallakte der Stadt Köln, Az. 712.174.348.805 verwiesen.
Der Kläger beauftragte den Sachverständigen T mit der Begutachtung des Schadens an dem klägerischen PKW. Mit Gutachten vom 02.09.2013 (Anlage K 4, Bl. 14 ff. d. A.) stellte der Sachverständige einen Reparaturschaden von 6.285,08 EUR und eine Wertminderung von 625,00 EUR fest. Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Gutachtens etwa zwei Jahre alt und wies eine Laufleistung von über 146.000 km auf. Die Sachverständigenkosten beliefen sich auf 788,00 EUR. Der Kläger macht die vorgenannten Kosten zuzüglich einer Unkostenpauschale von 25,56 EUR geltend.
Der Kläger behauptet, dass er zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des PKW Mercedes Vito gewesen sei. Er behauptet weiter, dass der Beklagte zu 1) zum vorgenannten Zeitpunkt als Fahrer des bei der Beklagten zu 2) versicherten Fahrzeugs die B-Straße befahren habe. Dabei sei dem Beklagten zu 1) mitten auf der Straße und ohne Beleuchtung ein unbekannter und anschließend flüchtiger Radfahrer entgegengekommen. Der Beklagte zu 1. sei daraufhin erschrocken und habe dem Radfahrer nach links ausweichen wollen. Dabei sei das Fahrzeug mit dem nach Behauptung des Klägers am linken Straßenrand ordnungsgemäß und unbeschädigt geparkten Mercedes Benz Vito des Klägers kollidiert. Die im Gutachten des Sachverständigen T festgestellten Schäden seien sämtlich durch den Unfall entstanden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.2013 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) zur Regulierung des Schadens unter Fristsetzung bis zum 07.09.2013 auf. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 7.723,64 € sowie 612,80 € vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst 5 % Zinsen plus dem Basiszinssatz ab dem 8.9.2013 zu zahlen,
Die Beklagte zu 2) beantragt – auch als Streithelferin des Beklagten zu 1) –,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) behauptet, dass - soweit die Fahrzeuge überhaupt zusammengestoßen seien - dies einvernehmlich zwischen Kläger und Beklagtem zu 1) geschehen sei. Es läge ein gestellter Verkehrsunfall vor. Wegen der im Einzelnen hierzu von der Beklagten zu 2) vorgetragenen Indizien wird auf Bl. 49 ff. d.A. verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 24.01.2014 durch Vernehmung der Zeugen C und I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 verwiesen. Der Beklagte zu 1), der entsprechend dem vorgenannten Beweisbeschluss zum Zwecke der Parteivernehmung geladen worden war, ist zum Termin nicht erschienen.
Die Unfallakte der Stadt Köln, Az. 712.174.348.805, war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ansprüche ergeben sich insbesondere nicht aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG; § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG oder § 823 Abs. 1 BGB.
Zwar sieht die Kammer auf Grundlage der vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Bl. 84 f. d.A.) die Aktivlegitimation des Klägers als gegeben an. Auch dürfte der Kläger bewiesen haben, dass es tatsächlich zum behaupteten Zeitpunkt am angegebenen Ort zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen ist. Die Anforderungen an einen solchen Beweis dürfen regelmäßig nicht überspannt werden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.10.2012 – 4 U 259/11). Insoweit haben die Zeugen C und I, gegen deren Glaubwürdigkeit Bedenken nicht bestehen, glaubhaft geschildert, dass bei der Unfallaufnahme aus ihrer Sicht eine Kollision unmittelbar zuvor stattgefunden hatte. Insbesondere der Zeuge C hat detailliert dargelegt, dass die Zeugen frische Unfallspuren an den PKW festgestellt haben, die aus ihrer Sicht zueinander kompatibel waren (Bl. 115 d.A.).
Nach dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aber zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs mit Einwilligung des Klägers auf Grundlage einer gemeinsamen Absprache erfolgt ist. Damit liegt ein Rechtfertigungsgrund für die Rechtsgutverletzung vor, der einer Haftung der Beklagtenseite entgegensteht (OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.10.2005 – 12 U 1114/04 m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es genügt vielmehr die Feststellung von Indizien, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss eines kollusiven Zusammenwirkens zulassen (OLG Köln, Urteil vom 12.04.2013, 19 U 96/12; OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.10.2005 – 12 U 1114/04 m.w.N.; LG Krefeld, Urteil vom 25.09.2008, 3 O 101/08). Bei einer Häufung von Anzeichen, die auf eine Manipulation hindeuten, kann ein Anscheinsbeweis für einen sog. „gestellten Verkehrsunfall“ vorliegen (OLG Köln a.a.O., m.w.N.). Unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller unstreitigen und bewiesenen Tatsachen, bei der aus einer Indizienkette auf eine planmäßige Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen werden kann (OLG Karlsruhe, Urteil v. 04.10.2005 – 12 U 1114/04 m.w.N.).
Die Beklagte zu 2. hat diesen Beweis geführt. Bei dem streitgegenständlichen behaupteten Verkehrsunfall liegt eine auffällige Vielzahl von Anzeichen vor, die in ihrer Zusammenschau den Beweis des ersten Anscheins für ein kollusives Zusammenwirken des Klägers und des Beklagten zu 1. begründen.
Bereits das behauptete äußere Unfallgeschehen weist eine Vielzahl von Umständen auf, die bei gestellten Unfallgeschehen besonders häufig sind:
Auffällig sind zunächst der behauptete Zeitpunkt und die Örtlichkeit des angeblichen Unfalls. Der Unfall soll sich zur Nachtzeit um 23:37 Uhr in einer eher ruhigen Einbahnstraße ereignet haben (vgl. zur Indizwirkung OLG Hamm, Urteil v. 25.04.1995 – 27 U 13/95; OLG Celle, Urteil vom 25.10.2001 – 14 U 73/01; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.02.2004 – 7 U 87/03; LG Wuppertal, Urteil v. 28.2.2011– 2 O 160/09; LG Wuppertal, Urteil vom 18.06.2001 – 2 O 85/00). Daraus resultiert typischerweise, dass unbeteiligte Zeugen des Unfallhergangs nicht zur Verfügung stehen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 23.7.2010 – 2 U 32/10; OLG Hamm, Urteil v. 25.04.1995 – 27 U 13/95; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.02.2004 – 7 U 87/03). Als „eigentlicher“ Unfallverursacher wird zudem ein unbekannter Dritter behauptet (der Radfahrer), der aber weder vor Ort angetroffen wurde noch ermittelt werden konnte. Der Beklagte zu 1) hat den Radfahrer gegenüber den Polizisten nur sehr spärlich beschrieben und lediglich mitgeteilt, dieser sei männlich gewesen, von normaler Statur und habe schwarze Haare gehabt. Ein Wiedererkennen sei dem Beklagten zu 1. nicht möglich (Bl. 5 der Unfallakte). Auch dies stellt ein bei gestellten Unfällen auftretender Umstand dar (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 25.4.1995 – 27 U 13/95).
Hinzu kommt, dass die Art des behaupteten Unfallhergangs – Kollision mit einem parkenden PKW – eine besonders häufige Konstellation bei gestellten Verkehrsunfällen darstellt, weil sie sich leicht und ohne nennenswertes Verletzungsrisiko von den Beteiligten inszenieren lässt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 04.10.2005 – 12 U 1114/04; LG Kiel, Urteil vom 25.02.2011 – 11 O 291/09; LG Wuppertal, Urteil v. 28.2.2011 – 2 O 160/09; LG Wuppertal, Urteil vom 18.06.2001 – 2 O 85/00; KG Berlin, Urteil vom 17.04.2003 – 12 U 272/01; AG Essen, Urteil vom 20.10.2011 – 25 C 173/10). Außerdem ist bei einer derartigen Unfallkonstellation die Schuldfrage eindeutig – mit Einwänden eines Mitverschuldens oder einer mitwirkenden Betriebsgefahr ist bei dieser Konstellation nicht zu rechnen. Eine scheinbar eindeutige Haftungslage stellt insoweit ebenfalls einen bei manipulierten Unfallgeschehen überaus häufigen Umstand dar (vgl. OLG Köln, Urteil v. 02.03.2010 – 9 U 122/09; OLG Koblenz, Urteil vom 04.10.2005 – 12 U 1114/04).
Auffällig ist außerdem, dass die Schilderung des Unfallhergangs nicht plausibel erscheint, was in der Rechtsprechung ebenfalls als mögliches Indiz für einen manipulierten Verkehrsunfall anerkannt ist (KG, Urteil vom 17.04.2003 – 12 U 272/01; LG Kiel, v. 25.02.2011 – 11 O 291/09). Der Unfall soll sich so zugetragen haben, dass dem Beklagten zu 1) „mitten auf der Straße“ ein Radfahrer ohne Beleuchtung entgegengekommen sei. Diesen habe er erst spät erkannt, weil er „ein wenig“ durch sein Autoradio abgelenkt gewesen sei. Er habe dann versucht, nach links auszuweichen, wodurch er in das parkende Fahrzeug gefahren sei (vgl. Bl. 4 f. der Unfallakte). Dieses Verhalten erscheint nicht nachvollziehbar. Unabhängig davon, dass die Art der Ablenkung durch das Autoradio nicht nachvollziehbar ist, wäre die übliche und naheliegende Reaktion in der geschilderten Situation allenfalls ein scharfes Abbremsen, nicht aber ein gefährliches Ausweichen nach links gewesen (vgl. LG Kiel, v. 25.02.2011 – 11 O 291/09). Dieser Eindruck deckt sich auch mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme. So konnte sich die Zeugin I als unfallaufnehmende Polizeibeamtin daran erinnern, dass der Unfall aus ihrer Sicht vermeidbar gewesen wäre, wenn der Beklagte zu 1. „einfach angehalten hätte“ (Bl. 115 R d.A.). Auch ihr Kollege, der Zeuge C, hat glaubhaft geschildert, dass auch ihm seinerzeit die Schilderung des Beklagten zu 1. nicht plausibel und nachvollziehbar vorkam. Aus seiner Sicht wäre insbesondere allenfalls ein Ausweichen nach rechts, nicht aber nach links nachvollziehbar gewesen (Bl. 114 R. d.A.). Die Zweifel an dem geschilderten Unfallhergang seien bei ihm so weit gegangen, dass er dem Beklagten zu 1. vor Ort ausdrücklich gesagt habe, dass dieser nicht lügen müsse und es zugeben könne, wenn kein Radfahrer vor Ort gewesen sei (Bl. 115 d.A.).
Desweiteren stellen sich die Art der beteiligten Fahrzeuge und der Schadensabrechnung als Indizien für ein manipuliertes Unfallgeschehen dar. So ist für einen gestellten Unfall der Umstand typisch, dass das klägerische Fahrzeug der sogenannten Luxusklasse angehört, bei dem die fachgerechte Reparatur des entstandenen Karrosserieschadens typischerweise hohe Kosten verursacht (vgl. OLG München, Urteil v. 03.10.1989 – 5 U 1689/89). Gleichzeitig kann ein solcher Schaden aber mit vergleichsweise geringeren Mitteln optisch behoben werden, so dass sich die Abrechnung auf Gutachtenbasis für den vermeintlich Geschädigten „rechnet“ (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.10.2012 – 4 U 259/11). Entsprechend macht auch hier der Kläger die Schäden fiktiv auf Gutachtenbasis geltend (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.04.1995 – 27 U 13/95; OLG Köln, Urteil vom v. 02.03.2010 – 9 U 122/09; OLG Koblenz, Urteil vom 04.10.2005 – 12 U 1114/04; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.02.2004 – 7 U 87/03; OLG Saarbrücken, Urteil vom 30.10.2012 – 4 U 259/11). Das Herbeiführen einer Beschädigung am eigenen Fahrzeug erscheint zudem vor dem Hintergrund plausibel, dass das klägerische Fahrzeug bereits Vorschäden und eine besonders hohe Laufleistung aufwies, sodass der Verkehrswert des Fahrzeugs bereits erheblich gemindert war (vgl. OLG Köln, Urteil v. 23.10.1992 – 19 U 35/92). Auf Beklagtenseite findet sich – ebenfalls typisch für gestellte Verkehrsunfälle – hingegen ein vollkaskoversichertes Vermietfahrzeug, sodass der Schaden für den Eigentümer des Beklagtenfahrzeugs über die Versicherung abgedeckt werden kann (OLG Celle, Urteil v. 13.09.2001 – 14 U 264/00).
In die vorgenannten Umstände fügt sich zudem ein – auch wenn die Kammer diesem Umstand keine zu große Bedeutung beimisst –, dass der vom Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragte Sachverständige T bereits mehrfach in Fällen als Gutachter für Anspruchsteller aufgetreten ist, in denen der Vorwurf einer Unfallmanipulation erhoben wurde. Entsprechend wurde seine Beauftragung mitunter auch schon von Gerichten als Indiz für einen gestellten Verkehrsunfall gewertet (LG Köln, Urteil vom 17.02.2011 – 22 O 460/10 – nicht veröffentlicht, aber im hiesigen Verfahren der Kläger- und Beklagtenseite bekannt; OLG Köln, Beschluss vom 12.04.2013 – 19 U 96/12, Rn. 39 – zitiert nach juris).
Ein besonders gewichtiges Indiz für ein kollusives Zusammenwirken stellt schließlich der Umstand dar, dass sich der Kläger und der Beklagte zu 1. kennen und zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls beruflich miteinander verbunden waren (vgl. LG Krefeld, Urteil vom 25.09.2008, 3 O 101/08; LG Wuppertal, Urteil vom 18.06.2001 – 2 O 85/00). Eine Bekanntschaft der Unfallbeteiligten kommt bei „echten“ Verkehrsunfällen wegen deren Zufälligkeit naturgemäß eher selten vor, bei gestellten Unfällen hingegen ungleich häufiger. Sie ist gewissermaßen – auch wenn gestellte Verkehrsunfälle durchaus auch zwischen einander Unbekannten unter Einschaltung und Vermittlung Dritter vorkommen – eine Grundvoraussetzung für einen klassischen abgesprochenen Verkehrsunfall.
Bezeichnend ist insoweit auch, dass die Bekanntschaft des Klägers und des Beklagten zu 1. in der Klageschrift zunächst verschwiegen und erst nach entsprechendem Vorbringen der Beklagten zu 2) eingeräumt wurde (vgl. hierzu LG Krefeld, Urteil vom 25.09.2008, 3 O 101/08; OLG Karlsruhe, v. 01.09.1994 – 12 U 159/94).
Zuletzt wertet die Kammer auch den Umstand als gewichtiges Beweisanzeichen, dass der Beklagte zu 1. zum Termin zur Beweisaufnahme, in dem er im Wege der Parteivernehmung gehört werden sollte, trotz ordnungsgemäßer Ladung (Bl. 97 d.A.) ohne Entschuldigung nicht erschienen ist und sich überdies auch sonst im Verfahren inhaltlich nicht verteidigt hat (vgl. zum Ausbleiben eines Zeugen als Indiz LG Wuppertal, Urteil vom 18.06.2001 – 2 O 85/00). Es erscheint dies in keiner Weise nachvollziehbar, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte zu 2. dem Beklagten zu 1. in diesem Verfahren immerhin einen versuchten Betrug vorwirft. Wenn der Beklagte zu 1. dieser Vorwurf als unberechtigt empfunden hätte, hätte es aus Sicht eines Außenstehenden nahe gelegen, dass er sich schriftlich dagegen wehrt oder zumindest zum Termin, zu dem er geladen ist, erscheint, um zu versuchen, die Vorwürfe auszuräumen.
Die Gesamtschau der vorstehenden Indizien ergibt aus Sicht der Kammer, dass der Kläger und der Beklagte zu 1. bei der Entstehung des vermeintlichen Verkehrsunfalls kollusiv zum Nachteil der Beklagten zu 2. zusammengewirkt haben. Insbesondere die Vielzahl der für gestellte Verkehrsunfälle typischen Indizien, der Umstand dass sich der Kläger und der Beklagte zu 1. kennen und die Tatsache, dass sich der Beklagte zu 1. gegen die Vorwürfe einer Unfallmanipulation nicht verteidigt hat, führen bei lebensnaher Betrachtung und verständiger Gewichtung dazu, dass die Kammer vom Vorliegen eines gestellten Verkehrsunfalls überzeugt ist. Den insoweit von der Beklagten zu 2. geführten Beweis des ersten Anscheins hat der Kläger nicht zu erschüttern vermocht. Dies ist ihm insbesondere nicht durch die gegenbeweislich angebotene Parteivernehmung des Beklagten zu 1) gelungen. Das Ausbleiben des Beklagten zu 1) wertet die Kammer gem. § 454 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen als Verweigerung der Aussage. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände sieht die Kammer gem. § 446 ZPO nach freier Überzeugung die vom Kläger durch die Parteivernehmung gegenbeweislich unter Beweis gestellten Tatsachen insoweit nicht als erwiesen an.
Da die Hauptforderung nicht besteht, sind auch die Nebenforderungen unbegründet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 7.723,64 EUR
Quelle: LG Köln - http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2014/7_O_301_13_Urteil_20140806.html