Verletzung des Rechts am eigenen Bild durch Verlinkung oder Einbetten des Fotos oder Videos! (LG Hamburg, Urteil vom 18. Mai 2012 - 324 O 596/11)

Ist einem Linksetzer bekannt, dass das von ihm eingebettete ("embedded") Foto oder Video gegen geltendes Recht verstößt, so haftet er für die Verlinkung persönlich.


Nichtamtliche Leitsätze des LG Hamburg (Urteil vom 18. Mai 2012 - 324 O 596/11):

  1. Wird einem Linksetzer bekannt, dass sein eingebettetes ("embedded") Foto oder Video wohlmöglich gegen geltendes Recht (hier: Recht am eigenen Bild und Persönlichkeitsrecht) verstößt, so hat er dies zu überprüfen.
  2. Eine Überpfrüfungspflicht besteht jedenfalls dann, wenn dem Linksetzter bekannt wird, dass der Betroffene gegen das verlinkte Foto oder Video gerichtlich vorgeht.
  3. Unterlässt der Linksetzer eine Prüfung, so haftet er für die Rechtsgutverletzung durch seinen Hyperlink persönlich.
  4. Führt die Überprüfung zu dem Ergebnis, dass das Video oder Foto tatsächlich rechtswidrig ist, so muss der Linksetzer den Hyperlink entfernen.

2. Ein solcher Prominentenanwalt kann daher grundsätzlich selbst darüber befinden, ob, wann und wie er gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit im Bild dargestellt wird (Rn.15).


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Das Urteil (LG Hamburg, Urteil vom 18. Mai 2012 - 324 O 596/11) gibt es hier:

  • Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

  1. Aufnahmen aus den m Praxisräumen des Klägers im Internet öffentlich zugänglich zu machen, die in der Sendung W am … Dezember 20.. im Rahmen des Beitrags "W" gezeigt wurden;
  2. im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber, dass es dem Kläger verboten sei, Eigenblutpräparate an seine Patientin auszuhändigen, und darüber, dass der Kläger in seiner M Praxis aufgesucht worden sei, durch Verbreiten und / oder Verbreiten lassen der folgenden Äußerungen: "Allerdings darf K solche Präparate [Eigenblutpräparate] nicht an seine Patienten aushändigen. Weil ihm dazu die Erlaubnis fehlt. Er tut es aber dennoch. Einige Krebspatienten bekamen Ampullen mit nach Hause. Darauf mache ich die Aufsichtsbehörde [Regierung von Oberbayern] aufmerksam." den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe in seiner M Arztpraxis Patienten Eigenblutpräparate mit nach Hause gegeben;
  3. durch Verbreiten und / oder Verbreiten lassen der folgenden Äußerungen: "C Stellungnahme zur Anfrage des Fernsehmagazins W "Es gibt kein Gutachten der C zur Wirksamkeit der Therapien des Dr. K. . Auch eine objektive gutachterliche Beurteilung, welche den Therapieerfolg wissenschaftlich glaubwürdig belegt, hat die C für diese Therapie nie erstellt" den Eindruck zu verbreiten und / oder verbreiten zu lassen, ein solches Gutachten gebe es nicht,           

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

           

III. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherleistung in Höhe von € 30.000,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

                       

Der Streitwert wird auf € 30.000,00 festgesetzt.

  • Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung der Verbreitung einzelner Passagen eines Fernsehbeitrags in Anspruch.

           

 

Der Kläger ist Arzt. Er bietet sowohl in seiner M als auch in seiner S Arztpraxis eine Eigenblutzytokine-Behandlung von Patienten mit Krebsleiden an. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er verantwortet die Internetseite….de. Auf dieser Website berichtet er in einem "Blog zum Medienrecht":

 

"Dr. K - Klagen bis der Arzt kommt (1)

 

Zu den zähesten Dauerkunden der Medienjurisprudenz darf sich der Krebsarzt Dr. K zählen, der heute mal wieder Termin vor dem LG Hamburg hat, diesmal gegen das Z wegen dem obigen W-Beitrag. Bei jeder mir bekannten K-Klage argumentiert der gute Mann stets mit einem vierseitigen Gutachten der C von 1999, das angeblich die Wirksamkeit seiner Heilkünste belege. Dabei vergisst der erfahrene Kläger regelmäßig zu erwähnen, dass der 'Gutachter' längst mit Bausch und Bogen aus der C geflogen ist. Der C reichte schließlich K Hausieren mit ihrem guten Namen: Letztes Jahr verklagte sie K erfolgreich auf Unterlassung. Das Urteil wurde kürzlich durch das OLG München bestätigt. Wir werden uns in absehbarer Zeit noch öfters mit Dr. K zu beschäftigen haben."

 

Unter der Überschrift "Dr. K - Klagen bis der Arzt kommt (1)" konnte durch Anklicken eines Hyperlinks ein vom Z im Rahmen der Sendung W am ...20.. ausgestrahlter Fernsehbeitrag mit dem Titel "W" abgespielt werden. Der Beitrag befand sich auf einem externen Server des Videokanals Y (vgl. Anlagenkonvolut K7). Auf den Beitrag wurden die Symbole des Z und von Y eingeblendet.

 

Der Beklagte befasst sich im mehreren Blogbeiträgen mit den presse- und medienrechtlichen Streitigkeiten, die der Kläger führt.

 

Wegen der Verbreitung des hier streitgegenständlichen Beitrags mahnte der Kläger den Beklagten mit anwaltlichen Schreiben vom 23.3.2011 ab und forderte ihn zur Abgabe der in der Anlage K9 ersichtlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, auf die für die Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 25.3.2011, in dem er sich verpflichtete "es künftig während der Dauer des Bestandes der einstweiligen Verfügung in Sachen K ./. Z, Beschluss des Landgerichts Hamburg 324 O 657//10 vom 18.1.2011, zu unterlassen", die beanstandeten Handlungen vorzunehmen. Außerdem heißt es in dem Schreiben: "Selbstverständlich allerdings werde ich über die entsprechenden Verbote, die vorläufig gegenüber dem Z ausgesprochen wurden, inklusive Zitat des Unterlassungstenors authentisch und kritisch berichten und vor Gericht, (...), weiterhin anführen. … (...) Bitte richten Sie ihrem Mandanten aus, dass ich jeden Einschüchterungsversuch prinzipiell nach dem Hydraprinzip mit dem Ausbau meines Informationsangebots zu beantworten pflege. (...)". Für weitere Einzelheiten wird auf das Schreiben gemäß Anlage K 10 Bezug genommen. Der Kläger nahm die Erklärung des Beklagten an, machte gleichzeitig deutlich, dass sie nicht ausreichend sei (Anlage K11). Der Beklagte reagierte daraufhin und verpflichtete sich "es künftig während der Rechtskraft der Unterlassungsverfügung, wie einstweilig ergangen am 18.01.2011 unter dem Aktenzeichen Landgericht Hamburg 324 O 657/10 in Sachen K ./. Z . sowie in der möglichen Hauptsache diesbezüglich, zu unterlassen", die beanstandeten Handlungen vorzunehmen (Anlage K12). Auch diese Erklärung nahm der Kläger unter Vorbehalt der Durchsetzung weiterer Ansprüche an (Anlage K13). Jedenfalls am 30.3.2011 veröffentlichte der Beklagte auf seiner Internetseite ….de anstelle der streitgegenständlichen Passage folgenden Text: "Die Leser dieses Blogs werden dringend davor gewarnt, auf Y nach der W-Sendung zu suchen, da sie andernfalls auch einen schlechten Eindruck von der Lichtgestalt des Herrn Dr. K bekommen könnten. So wurde dem Z auch einstweilen verboten, durch eine im Film verwendete Formierung den Eindruck zu erwecken, Herr Dr. med. K habe von seiner M Arztpraxis Patienten Eigenblutpräparate nach Hause gegeben. Derartiges kann ich nicht beurteilen, und ich muss mich daher von jeglichem Eindruck diesbezüglich distanzieren. Ich hoffe inständig, dass Herr Dr. K seinen vorzüglich guten Namen von solch schändlichen Verdächtigungen reinwaschen wird!" (Anlage K16).

 

Auf Antrag des hiesigen Klägers erließ die Kammer mit Beschluss vom 7.4.2011 eine einstweilige Verfügung, die inhaltlich identisch mit den hiesigen Anträgen ist.

 

Der Fernsehbeitrag "W" enthält Filmaufnahmen, die am …20.. mit versteckter Kamera in der M Arztpraxis des Klägers von Mitarbeitern der Z-Redaktion gefertigt wurden. Sie betraten unter der falschen Angabe, sich für einen krebskranken Angehörigen nach der Eigenblutzytokine-Behandlung zu erkundigen, dessen Praxisräume in M . Der Kläger ist in den Filmaufnahmen erkennbar. In dem Beitrag wird ein mit "C Pressemitteilung" gekennzeichnetes Schriftstück eingeblendet, das mit "Stellungnahme zur Anfrage des Fernsehmagazins W" überschrieben ist. Dessen erster Satz lautet "Es gibt kein Gutachten zur Wirksamkeit der Therapien des Dr. K" (Screenshot Anlage K7). Für den weiteren Inhalt des Beitrags wird auf die Mitschrift gemäß Anlage K5 Bezug genommen.

 

Anlässlich ihres Besuchs in der Praxis des Klägers erfuhren die Mitarbeiter der W Redaktion die Kontaktdaten einer Patientin des Klägers, zu der sodann telefonisch Kontakt aufgenommen wurde. Sie wurde dazu befragt, was sie von der Therapie des Klägers halte.

 

Zu der Frage der Wirksamkeit des Arzneimittels Eigenblutzytokine in der Tumormedizin gibt es eine gutachterliche Stellungnahme des Instituts für Transfusionsmedizin der C vom 29.1.1999, unterschrieben von Prof. Dr. Dr. K (Anlage K1). Am 31.8.2010 gab die C gegenüber dem Redakteur der Sendung W eine Presseerklärung ab, in der es heißt "Es gibt keine Studie der C zur Wirksamkeit der Therapien des Dr. K". Eine Presseerklärung mit dem Inhalt, "Es gibt kein Gutachten der C zur Wirksamkeit der Therapien des Dr. K", existiert nicht.

 

Am 11.11.2011 sendete das Bayerische Fernsehen einen Beitrag mit dem Titel "Geldverdienen mit Todgeweihten", der sich mit den Methoden des Klägers befasste. Es wurde berichtet, dass die Methoden des Klägers in einem Labor untersucht worden seien und das Ergebnis gezeigt habe, dass die Präparate des Klägers medizinisch wirkungslos seien.

 

Der Kläger bestreitet, in seiner M Arztpraxis Eigenblutpräparate an Patienten zur Mitnahme nach Hause abzugeben.

 

Der Kläger meint, das Z habe bei der Anfertigung der Filmaufnahmen gegen § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 201a Abs.1, 2 StGB als Schutzgesetz verstoßen. Die Filmaufnahmen mit versteckter Kamera verletzten ihn zudem in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sein Hausrecht und sein Geheimhaltungsinteresse an der Vertraulichkeitsbeziehung zu den von ihm behandelten Patienten seien verletzt worden. Ferner liege in der Berichterstattung mittels unerlaubten Filmaufnahmen ein Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht, das von ihm gegründete "Dr. K Institut für Immunologie und Zellbiologie" genieße insofern Funktionsschutz. Während ihres Aufenthalts in den M Praxisräumen hätten die W-Redakteure zudem gegen § 823 Abs.2 BGB i.V.m. § 37 ABs.1 Nr. 1, 2 LDSG RhPf verstoßen, indem sie mit versteckter Kamera ohne Erlaubnis Filmaufnahmen von Patientenakten hergestellt hätten. Die vom Beklagten abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen seien aufgrund von Bedingungen und wegen mangelnder Eindeutigkeit unzureichend, so dass die erforderliche Wiederholungsgefahr dadurch nicht entfallen sei.

 

Der Beklagte habe sich den in Rede stehenden Fernsehbeitrag zu Eigen gemacht.

 

Der Kläger beantragt,

 

dem Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu verbieten,

 

1. Aufnahmen aus den M Praxisräumen des Klägers im Internet öffentlich zugänglich zu machen, die in der Sendung W am … 20.. im Rahmen des Beitrags "W" gezeigt wurden;

 

2. im Zusammenhang mit einer Berichterstattung darüber, dass es dem Kläger verboten sei, Eigenblutpräparate an seine Patientin auszuhändigen, und darüber, dass der Kläger in seiner M| Praxis aufgesucht worden sei, durch Verbreiten und / oder Verbreiten lassen der folgenden Äußerungen:

 

"Allerdings darf K solche Präparate [Eigenblutpräparate] nicht an seine Patienten aushändigen. Weil ihm dazu die Erlaubnis fehlt. Er tut es aber dennoch. Einige Krebspatienten bekamen Ampullen mit nach Hause. Darauf mache ich die Aufsichtsbehörde [Regierung von Oberbayern] aufmerksam."

 

den Eindruck zu erwecken, der Kläger habe in seiner M Arztpraxis Patienten Eigenblutpräparate mit nach Hause gegeben und

 

3. durch Verbreiten und / oder Verbreiten lassen der folgenden Äußerungen: "C Stellungnahme zur Anfrage des Fernsehmagazins W

 

"Es gibt kein Gutachten der C zur Wirksamkeit der Therapien des Dr. K . Auch eine objektive gutachterliche Beurteilung, welche den Therapieerfolg wissenschaftlich glaubwürdig belegt, hat die C für diese Therapie nie erstellt"

 

den Eindruck zu verbreiten und / oder verbreiten zu lassen, ein solches Gutachten gebe es nicht.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Er trägt vor, er habe den streitgegenständlichen Fernsehbeitrag des Z nicht öffentlich zugänglich gemacht oder verbreitet, er selbst habe den Beitrag nicht zum Abruf bereit gehalten. Er hafte allenfalls als sog. mittelbarer Störer, soweit er Prüfpflichten verletzt habe, unabhängig davon, ob er als sog. technischer oder intellektueller Verbreiter anzusehen sei. Auch das Setzen von Hyperlinks unterfalle dem Schutzbereich des Art. 5 Abs.1 GG. Wenn Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichterten, dürften an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. In solchen Fällen käme eine Störerhaftung nur im Falle der Offensichtlichkeit einer Rechtsverletzung in Betracht. Die Annahme, bei einem Verweis auf einen Fernsehbeitrag des Z| habe er die Rechtswidrigkeit des Beitrags ohne Weiteres erkennen können, sei äußert fernliegend. Als Außenstehender habe er den Wahrheitsgehalt von im Rahmen der Berichterstattung aufgestellten Tatsachenbehauptungen nicht ohne Weiteres nachprüfen können. Er habe sich den Beitrag des Z nicht zu Eigen gemacht. Der fremde Inhalt sei ohne Weiteres als Drittinhalt erkennbar.

 

Darüber hinaus meint der Beklagte, der Filmbeitrag des Z sei rechtmäßig. Das geschäftliche Verhalten des Klägers gefährde die Gesundheit und das Leben von Menschen. Vor diesem Hintergrund bestehe vorliegend ein überragendes Berichterstattungsinteresse demgegenüber der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers, der lediglich in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit gezeigt werde, nicht erheblich ins Gewicht falle. Die vom Z aufgestellte Tatsachenbehauptung, der Kläger würde Eigenblutpräparate an seine Patienten aushändigen, sei wahr. Insoweit beruft sich der Beklagte auf die Zeugen w B, M H und J S. Im Übrigen käme es auf den vollen Wahrheitsbeweis gar nicht an, entscheidend sei, ob die journalistische Sorgfalt gewahrt worden sei. Das sei hier der Fall.

 

Der Beklagte trägt weiter vor, er habe als Laie davon ausgehen dürfen, dass der Inhalt der Berichterstattung des Z zulässig sei.

 

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2012 Bezug genommen.    

  • Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

 

Dem Kläger stehen gegen den Beklagten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 823 Abs.1, 1004 Abs.1 S.2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs.1, 1 Abs.1 GG zu. Der Beklagte haftet für die beanstandete Veröffentlichung, die den Kläger bei bestehender Wiederholungsgefahr in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

 

1. Der Fernsehbeitrag mit dem Titel "W" verletzt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Der Beitrag erweckt sowohl die vom Kläger angegriffenen Eindrücke, die unwahr sind, als auch zeigt er rechtswidrig die Veröffentlichung der Aufnahmen aus den M Praxisräumen des Klägers.

 

a) Der mit dem Antrag zu Ziffer 2. beanstandete Eindruck, der Kläger habe in seiner M Praxis Patienten Eigenblutpräparate mit nach Hause gegeben, wird durch die Bezugnahme auf eben die M Praxisräume erweckt. Dieser Eindruck hat jedenfalls prozessual als unwahr zu gelten. Der Kläger bestreitet diesen Vorwurf. Darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der Wahrheit des Eindrucks ist nach der als Beweislastregel in das Zivilrecht transformierten Vorschrift des § 186 StGB der Beklagte. Danach trägt abweichend von dem Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen Voraussetzungen darlegen und ggf. beweisen muss, der Äußernde die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der Äußerung, wenn diese geeignet ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst wie seinen sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen (Soehring, Presserecht 4. Auflage. 2010, § 30 Rn 24, Prinz/Peters Medienrecht 1999, Rn 381).

 

So liegt es auch hier. Jedenfalls im Gesamtkontext der Berichterstattung ist der streitgegenständliche Eindruck ehrenrührig, da in dem Beitrag erklärt wird, dass man wegen der Abgabe von Eigenblutpräparaten an Patienten nach Hause die Aufsichtsbehörde aufmerksam gemacht habe, und da ein Mitarbeiter der Regierung von Oberbayern in dem Beitrag erklärt: "Wenn hier jemand ohne diese entsprechenden Erlaubnisse handelt, dann (ist) sind das entweder Ordnungswidrigkeitentatbestände oder bei Vorsatz sogar Straftatbestände." (Anlage K5, Seite 2), so dass dem Kläger der Vorwurf ordnungswidrigen bzw. sogar strafbaren Verhaltens gemacht wird.

 

Der Beklagte trägt zwar vor, die Behauptung, der Kläger händige Eigenblutpräparate an seine Patienten aus, sei wahr. Eine solche Äußerung ist aber gar nicht streitgegenständlich. Der Kläger beanstandet nicht die pauschale Aussage, er händige Eigenblutpräparate an Patienten aus, unabhängig davon, wo dies erfolgen soll, sondern bezieht sich ausdrücklich auf eine Abgabe in seiner M Arztpraxis. Ob der Kläger also möglicherweise in seiner S Praxis Eigenblutpräparate Patienten mit nach Hause gibt, ist weder Gegenstand der angegriffenen Berichterstattung noch des Antrags des Klägers. Bereits aus diesem Grund war dem angebotenen Zeugenbeweis des Beklagten nicht nach zu gehen. Aber auch darüber hinaus ist der Beweisantritt unsubstantiiert, so dass eine Vernehmung der Zeugen auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausliefe. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass der Beklagte seine Beweisbehauptung darauf bezieht, dass der "Kläger bzw. dessen Mitarbeiter" die Ampullen an Patienten aushändigten. Der Beklagte lässt in seinem Beweisantritt also selbst offen, ob tatsächlich der Kläger die Eigenblutpräparate den Patienten mit nach Hause gibt. Hier auf kommt es jedoch gerade entscheidungserheblich an, da nur eine solche Behauptung streitgegenständlich ist.

 

Soweit sich der Beklagte für die Rechtmäßigkeit des Beitrags auf die Widerspruchsschrift vom 26.1.2012 in dem Verfahren des Klägers gegen das Z, Az. 324 O 657/10, sowie auf den Schriftsatz der dortigen Antragsgegnerin vom 9.3.2012 bezieht und sich deren Inhalt zu Eigen macht, so ersetzt eine derart pauschale Bezugnahme keinen substantiierten Vortrag des Beklagten. Es bleibt offen, worauf sich der Beklagte konkret beziehen will. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich zu überlegen und auszusuchen, welcher Vortrag aus dem Verfahren 324 O 657/10 für die Wahrheit des hier in Rede stehenden Eindrucks bedeutsam sein könnte, und welchen Beweis der Beklagte eventuell antreten möchte, zumal in dem dortigen einstweiligen Verfügungsverfahren die Antragsgegnerin die Wahrheit lediglich glaubhaft zu machen hatte, während der Beklagte im hiesigen Verfahren den Vollbeweis führen muss. Auch dem Antrag des Beklagten, die Verfahrensakte 324 O 657/10 beizuziehen, war mangels hinreichender Substantiierung nicht nachzugehen. Der Beklagte hätte jedenfalls vortragen müssen, welche streitige Tatsachenbehauptung wodurch bewiesen werden soll.

 

b) Auch der mit dem Antrag zu Ziffer 3. gerügte Eindruck wird erweckt. Die in dem Fernsehbeitrag gezeigte Abbildung einer Pressemitteilung der C bestreitet ausdrücklich die Existenz eines Gutachtens zur Wirksamkeit der Therapien. Dieser Eindruck wird durch den vom Beklagten verfassten Text, der unterhalb des Videos mit dem Z-Beitrag zu sehen ist, nicht revidiert. Dort heißt es lediglich, dass der Kläger "stets mit einem vierseitigen Gutachten der C argumentiere. Es bleibt danach offen, ob es ein solches Gutachten tatsächlich gibt oder nicht, da nur gesagt wird, dass der Kläger damit "argumentiere". Wenn im Folgenden davon die Rede ist, dass "der Gutachter" aus der C geflogen sei und dabei das Wort Gutachter in Anführungsstriche gesetzt wird, wird dem Leser sogar nahe gelegt, dass es sich hierbei nicht um eine Person handelt, die als Gutachter bezeichnet werden könne, so dass der Eindruck, es gebe in Wirklichkeit das Gutachten, auf das sich der Kläger berufen will, gar nicht, verstärkt wird.

 

Der so erweckte Eindruck ist unwahr. Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien existiert die als Anlage K1 vorgelegte gutachterliche Stellungnahme der C zur Wirksamkeit des Arzneimittels Eigenblutzytokine in der Tumormedizin. Da an der Verbreitung unwahrer Tatsachen keine berechtigten Interessen bestehen, überwiegt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers das Berichterstattungsinteresse.

 

c) Schließlich verletzt auch die Verbreitung der heimlich erstellten Aufnahmen aus den Münchener Praxisräumen den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

 

Die Kammer hat zu dieser Frage im Urteil betreffend das einstweilige Verfügungsverfahren des Klägers gegen das ZDF, Az. 324 0 657/10, ausgeführt:

 

Die Ausstrahlung der Filmaufnahmen, die innerhalb der Praxisräume des Antragstellers entstanden sind, verletzt den Antragsteller in seinem Hausrecht als besondere Ausprägung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, denn sie sind auf rechtswidrige Weise zustande gekommen (aa), und der Inhalt des ausgestrahlten Beitrags begründet keine ausnahmsweise Zulässigkeit der Ausstrahlung des rechtswidrig erlangten Materials (bb).

 

aa) Die Aufnahmen sind auf rechtswidrige Weise unter Verletzung des Hausrechts des Antragstellers als Ausfluss seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts entstanden. Zwar handelt es sich bei einer Arztpraxis nicht um Räumlichkeiten, die der Privatsphäre des Antragstellers zuzurechnen wären. Es handelt sich indes um Räumlichkeiten, in denen es ihm als Hausrechtsinhaber frei steht, Filmaufnahmen zuzulassen oder nicht. Grundsätzlich braucht ein Hausrechtsinhaber es nicht hinzunehmen, dass gegen seinen Willen in dem seinem Hausrecht unterliegenden Bereich Film- und Fotoaufnahmen gefertigt werden (vgl. hierzu etwa Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung 5. Aufl. 2003, 7. Kapitel Rn 26 und 92 mit weiteren Nachweisen).

 

Insbesondere aber - und das unterscheidet die Arztpraxis des Antragstellers von sonstigen Räumlichkeiten, an denen ein Hausrecht besteht - handelt es sich bei einer Arztpraxis für Krebskranke wie im vorliegenden Fall um einen insoweit besonders geschützten Raum, als sich Patienten innerhalb der Praxisräume lediglich einer begrenzenden Öffentlichkeit - die regelmäßig an derselben schweren Krankheit leidet - ausgesetzt sehen, wenn sie die Praxis aufsuchen. Gerade vor diesem Hintergrund handelt es sich um Räumlichkeiten, hinsichtlich derer dem Hausrecht ein besonderes Gewicht zukommt. Wenn durch Medien heimliche Filmaufnahmen innerhalb einer Arztpraxis erstellt werden, stellt dies einen schwerwiegenden Eingriff in das Vertrauen dar, das die Patienten in die Beschränktheit der Öffentlichkeit dieser Räumlichkeiten haben. Auf dieses Vertrauen seiner Patienten in die Beschränktheit der Öffentlichkeit der Arztpraxisräume und das Vertrauen in die Abwesenheit von Massenmedien ist aber insbesondere ein Arzt angewiesen, der Patienten mit besonders schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen behandelt wie im vorliegenden Fall. Jedenfalls in einem solchen Fall liegt in dem Umstand, sich über das Hausrecht des Inhabers hinweg zu setzen, zugleich eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

 

So liegt es auch im vorliegenden Fall. Die Mitarbeiter der Antragsgegnerin haben sich bewusst über das Hausrecht des Antragstellers hinweggesetzt. Sie haben ihn als Hausrechtsinhaber gerade nicht um Erlaubnis gebeten, innerhalb seiner Praxisräume Aufnahmen erstellen zu dürfen. Angesichts des Umstandes, dass er nicht einmal bereit war, ihre kritischen Fragen zu beantworten, lag auch in keiner Weise nahe, dass er dies getan hätte. Die Mitarbeiter der Antragsgegnerin haben sich unstreitig der Wahrheit zuwider als Angehörige eines Krebskranken ausgegeben und so einen Termin beim Antragsteller in dessen m Praxis erhalten. Anlässlich dieses Termins haben sie mit versteckter Kamera Aufnahmen innerhalb der Arztpraxis erstellt und dabei jedenfalls auch eine Patientin gefilmt. Dies geschah gerade zu dem Zweck, diese Filmaufnahmen gegen den Antragsteller zu verwenden, nämlich im Rahmen einer Berichterstattung, in der ihm rechtswidriges Verhalten nachgewiesen werden sollte. In dem Beitrag selbst ist schließlich zu sehen, dass das Team der Antragsgegnerin - als es sich zu erkennen gibt - nicht einmal in das Gebäude eingelassen wird (Anlage ASt 4).

 

Den Mitarbeitern der Antragsgegnerin war daher bewusst, dass sie die Aufnahmen entgegen dem Willen des Antragstellers als Haurechtsinhabers mittels Täuschung über ihren Besuchszweck heimlich anfertigten. Die Art und Weise der Entstehung der Aufnahmen in der Praxis des Antragstellers verletzt damit dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht, da ihm die Möglichkeit genommen wird, frei selbst darüber zu entscheiden, ob er entsprechende Aufnahmen zulassen möchte. Die Mitarbeiter der Antragsgegnerin haben gerade das Vertrauen missbraucht, das der Antragsteller darin haben durfte, mit ihnen lediglich als Angehörigen eines potenziellen Patienten zu sprechen und ihnen als solchen Einlass in die Praxisräume zu gewähren. Auch dem Patienten darf der Arzt das Vertrauen entgegen bringen, dass er sich nur zwecks Behandlung in seine Obhut begibt und nicht zum Ausspionieren seiner geschäftlichen Verhältnisse (LG Berlin, Urteil vom 14. 5. 2009, Az. 27 0 250/09, Juris Abs. 49 in einem insoweit vergleichbaren Fall).

 

bb) Zwar führt die rechtswidrige Erstellung von Filmaufnahmen nicht dazu, dass deren Ausstrahlung per se rechtswidrig wäre. Indes sind an die Rechtmäßigkeit der Ausstrahlung rechtswidrig mittels Täuschung entstandener Aufnahmen höhere Anforderungen zu stellen, als an rechtmäßig entstandene. Grundlegend hat das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Zulässigkeit der Veröffentlichung von widerrechtlich, etwa durch Täuschung erlangten Informationen folgendes ausgeführt:

 

Soweit hiernach bei der Konkretisierung offener Normen Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist, wird der Stellenwert dieser Gewährleistung vor allem durch zwei Faktoren bestimmt. Auf der einen Seite kommt es auf den Zweck der strittigen Äußerung an: Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit kommt um so größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigennütziger Ziele, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (BVerfGE 7, 198 (212), st. Rspr.; vgl. etwa noch BVerfGE 61,1 (11)). Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird, in Fällen der vorliegenden Art also die Veröffentlichung einer durch Täuschung widerrechtlich beschafften und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendeten Information - nicht etwa nur die Verbreitung einer wertenden Äußerung. Ein solches Mittel indiziert in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich eines anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist; darüber hinaus gerät es in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage hat die Veröffentlichung grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die (tatsächliche) Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muß. Das wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, daß es sich nicht um Mißstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 25. 1. 1984 Az. 1 BvR 272/81 -Wallraff, Juris Abs. 57)

 

Diese Grundsätze sind von allgemeiner Bedeutung und beanspruchen auch Geltung für die heimliche Erstellung von Filmaufnahmen, die gerade besonders intensiv und unmittelbar in die Rechte des Getäuschten eingreift (ebenso bezüglich Filmaufnahmen im Ergebnis LG Berlin aaO, Juris Abs. 49 ff.). Zwar kommt der Meinungsfreiheit im vorliegenden Fall ein hohes Gewicht zu, da es sich bei der Berichterstattung der Antragsgegnerin um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt. Auf der anderen Seite haben die Mitarbeiter der Antragsgegnerin aber wie dargestellt zur Verfolgung dieses Zwecks durch Täuschung widerrechtlich beschaffte Informationen zu einem Angriff gegen den Antragsteller als Getäuschtem verwendet, was einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich des Antragstellers indiziert. Dies gilt umso mehr, als es hier um eine Arztpraxis für Krebskranke geht, also einem Raum, der auch wenn er der Sozialsphäre zuzurechnen ist, einen besonders sensiblen Bereich darstellt.

 

Ein Fall, in dem dennoch ausnahmsweise die Verbreitung zulässig wäre, liegt hier nicht vor. Dies setzt nach den vom Bundesverfassungsgericht allgemein aufgestellten Grundsätzen voraus, dass die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen nach sich ziehen muss. Nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen ist dies in der Regel dann nicht der Fall, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits rechtswidrig sind; da dies darauf hindeutet, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht.

 

Derartige Missstände wurden mit der Berichterstattung der Antragsgegnerin indes gerade nicht aufgedeckt. Der in der Berichterstattung der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller erhobene Vorwurf rechtswidrigen Handelns betrifft allein die Abgabe von Eigenblutpräparaten in seiner Ml Praxis an Patienten zur Mitnahme nach Hause. Dieser Vorwurf hat indes prozessual als unwahr zu gelten (s. o. unter Ziffer 1)). Mithin deckt die Berichterstattung auch insgesamt keinen Missstand von erheblichem Gewicht auf, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse bestünde, das die Ausstrahlung des rechtswidrig erlangten Bildmaterials rechtfertigen könnte (ebenso für Filmaufnahmen in einem vergleichbaren Fall: LG Berlin aaO, Juris Abs. 51/ 52).

 

Diese Ausführungen gelten unverändert auch im vorliegenden Fall, so dass sich die Kammer zur Begründung auf diese bezieht.

 

2. Der Beklagte haftet als Verbreiter des streitgegenständlichen Fernsehbeitrags.

 

Indem er einen Hyperlink auf eine sich auf einem externen Server befindliche Fernsehberichterstattung über den Kläger im Rahmen einer eigenen redaktionellen Berichterstattung über den Kläger integrierte, verbreitete er diesen Fernsehbeitrag.

 

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in dem Setzen eines Hyperlinks kein öffentliches Zugänglichmachen des Beitrags liege. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem sog. Paperboy-Urteil (Urteil vom 17.7.2003, Az. I ZR 259/00), auf die sich der Beklagte beruft, sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist dem hier vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Die genannte Entscheidung betraf die Frage, ob ein "urheberrechtliche (r) Störungszustand" (BGH, a.a.O., Juris Absatz Nr. 51) durch das Setzen von Hyperlinks geschaffen wird, wenn der Berechtigte selbst ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahme im Internet öffentlich zugänglich macht. Die Entscheidung befasst sich mit der Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte durch Setzen eines Hyperlinks. Dabei handelt es sich um eine gänzlich anders gelagerte Fragestellung als bei der äußerungsrechtlichen Verbreitungshandlung. Der Kläger ist Drittbetroffener, er hat nicht etwa ein eigenes Werk im Internet verbreitet und so selbst eine 'Gefahrenquelle' geschaffen, wie es aber in dem vom Bundesgerichtshof entschiedene Sachverhalt zum Urheberrecht der Fall war. Der Beklagte leistet hier einen Beitrag für den Abruf des Fernsehbeitrags. Er verlinkt gezielt und konkret im Rahmen einer eigenen Berichterstattung auf den streitgegenständlichen Beitrag und nicht lediglich auf eine Internetseite, von der aus der Nutzer weitere Rechercheschritte unternehmen müsste, um den konkreten Beitrag aufzufinden. Er eröffnet dem Nutzer aber nicht nur eine zusätzliche Möglichkeit, den Beitrag aufrufen zu können. Darüber hinaus dient der Link dem Beklagten insbesondere als Verweisungsfunktion auf weiterführende Informationen, was insbesondere an der Formulierung seines eigenen Beitrags "Zu den zähesten Dauerkunden der Medienjurisprudenz darf sich der Krebsarzt Dr. N K zählen, der heute mal wieder Termin vor dem LG Hamburg hat, diesmal gegen das Z wegen dem obigen W Beitrag" (Unterstreichung von der Kammer) deutlich wird. Er schafft so einen eigenständigen Anreiz, den Z-Beitrag ausgehend von seinem Internetauftritt aufzurufen. Sowohl graphisch als auch inhaltlich ist der Z-Beitrag in die von ihm verfasste Berichterstattung eingebunden.

 

Für diese Verbreitungshandlung haftet der Beklagte. Es kann offen bleiben, ob er sich den Inhalt des Fernsehbeitrags zu Eigen gemacht hat. Dafür spricht, dass er den Beitrag in eine eigene Berichterstattung über den Kläger integriert hat und dabei auf den Z-Beitrag Bezug nimmt. Er kommentiert das Verhalten des Klägers als "zähesten Dauerkunden der Medienjurisprudenz" und weist darauf hin, dass er aktuell gegen das Z wegen des Beitrags vorgehe. Gegen ein Zu-Eigen-machen spricht jedoch, dass er sich nicht inhaltlich mit dem Beitrag auseinandersetzt. Er kommentiert zwar allgemein das Verhalten des Klägers, geht dabei aber nicht konkret auf die Berichterstattung des Z ein. Der Beklagte haftet jedoch jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Die Kammer verkennt nicht, dass - selbst wenn man den Schwerpunkt der Veröffentlichung des Beklagten in dem Setzen des Hyperlinks sieht - zugunsten des Beklagten Art. 5 Abs.1 Satz 1,2 GG zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1.4.2004, I ZR 317/01; Urteil vom 14.10.2010, I ZR 191/08 Rz. 19ff., BVerfG, Beschluss vom 15.12.2011. 1 BvR 1248/11 Rz. 31). Der Beklagte hat für die von ihm verbreitete Berichterstattung nicht uneingeschränkt einzustehen, sondern nur soweit er dabei die ihm zumutbaren Prüfpflichten verletzt hat. Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die Webseite, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dient, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen (BGH, Urteil vom 1.4.2004, I ZR 317/01, Rz. 35). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Beklagte die ihn treffenden Prüfungspflichten verletzt.

 

Dem Beklagten war zu dem Zeitpunkt, als er den Hyperlink auf den streitgegenständlichen Z-Beitrag setzte, bekannt, dass der Kläger gerichtlich gegen den Beitrag vorging. Er durfte deswegen nicht darauf vertrauen, dass der Inhalt des Fernsehbeitrags zutreffend war und den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Veröffentlichung ist gerade nicht unwidersprochen geblieben, wovon der Beklagte auch Kenntnis hatte (vgl. zu unwidersprochenen Pressemitteilungen BVerfG, Entscheidung vom 9.10.1991, 1 BvR 1555/88). Der Beklagte ist im Übrigen kein juristischer Laie, sondern Rechtsanwalt, der sich insbesondere auch mit medienrechtlichen Fragen befasst. Zudem wusste der Beklagte, dass der Kläger wiederholt gegen Berichterstattung wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorgegangen ist. Er selbst macht deutlich, dass er die presserechtlichen Verfahren des Klägers verfolgt. Dieser Umstand hätte für den Beklagten zusätzlicher Anlass sein müssen, zu hinterfragen, ob der Beitrag, auf den er verlinkt hat, die Persönlichkeitsrechte des Klägers verletzt. Hinzu kommt, dass dem Beklagten sogar bewusst war, weswegen und mit welchem Argument der Kläger gegen Berichterstattungen in der Vergangenheit vorgegangen ist. So heißt es in dem von ihm verfassten Text "Bei jeder mir bekannten K-Klage argumentiert der gute Mann stets mit einem vierseitigen Gutachten der C von 1999, das angeblich die Wirksamkeit seiner Heilkünste belege". Eben jene Argumentation kommt auch im vorliegenden Fall und im Verfahren gegen das Z Az. 324 O 657/10, zum Tragen. Ihm war also zumindest ein konkreter Umstand bekannt, der nach Ansicht des Klägers in dem Beitrag unwahr dargestellt wird. Wenn er jedoch positive Kenntnis von einem Inhalt des Beitrags hat, gegen den sich der Kläger zur Wehr setzt, so bestand für den Beklagten konkreter Anlass auch den übrigen Beitrag kritisch im Hinblick auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zu hinterfragen und eigene Recherchen zu unternehmen. Dies hat nicht zwangsläufig zu bedeuten, dass der Beklagte die Tatsachenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin wie einen eigenen Beitrag zu überprüfen hätte. Besteht jedoch wie hier für den Beklagten konkreter Anlass an der Wahrheit der in dem verbreiteten Beitrag enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu zweifeln, so hätte er jedenfalls vor einer weiteren Verbreitung bei dem Betroffenen nachfragen müssen. Indem er dieses sowie auch jede anderweitige Prüfung des Beitrags auf seine Rechtmäßigkeit unterließ, hat der Beklagte die ihm nach den konkreten Umständen des Einzelfalls aufzuerlegenden Prüfungspflichten verletzt.

 

Dieses gilt insbesondere, wenn - wie im vorliegenden Fall - gleichzeitig jegliche Distanzierung von der verbreiteten Berichterstattung unterbleibt. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass eine Recherchepflicht in Bezug auf wiedergegebene Tatsachenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin jedenfalls dann maßgeblich auf den Kommunikationsprozess einwirkten, wenn zugleich hohe Anforderungen an eine haftungsbefreiende Distanzierung gestellt würden (BVerfG, Beschluss vom 25.6.2009, 1 BvR 134/03, juris Absatz Nr. 67). Es ist danach davon auszugehen, dass eine hinreichende Distanzierung eine eigene Recherchepflicht entbehrlich machen kann. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch auch an einer hinreichenden Distanzierung. Für den Leser des Blogs des Klägers "Dr. N K - Klagen bis der Arzt kommt" ist zwar erkennbar, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Beitrag nicht selbst verfasst hat. Allein dies reicht vorliegend jedoch angesichts dessen, dass der Beklagte den Fremdbeitrag in einen eigenen Beitrag über den Kläger integriert, nicht aus. Der Beklagte beschränkt sich gerade nicht allein auf die Wiedergabe eines Fremdberichts. Er stellt den Fernsehbeitrag auch nicht etwa einer eigenen Position gegenüber, er dient ihm vielmehr als Anlass für einen weiteren Bericht über den Kläger. Er greift den Fernsehbeitrag auf, um so das Verhalten des Klägers kritisch  zu  kommentieren.   Damit  unterscheidet  sich  der vorliegende Sachverhalt entscheidend von einer Presseschau, in der einem "Markt der Meinungen" gleich verschiedene Positionen dargestellt werden, und von der unkommentierten Veröffentlichung von  Leserbriefen.  Aus der äußeren  Form  der Darstellung  ergibt sich für den durchschnittlichen Leser gerade nicht, dass lediglich ein Fremdbericht wiedergegeben wird. Der Beklagte tritt zudem als fachkundig in Bezug auf die medienrechtlichen Streitigkeiten des Klägers auf, der ihn und seine rechtliche Argumentation kritisch begleitet. Vor diesem Hintergrund wäre vorliegend eine ausdrückliche und ernsthafte Distanzierung vom Inhalt der Berichterstattung erforderlich gewesen.

 

3. Es besteht schließlich auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Sie wird durch die Erstbegehung indiziert. Die vom Beklagten abgegeben Unterlassungsverpflichtungserklärungen haben die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lassen. Beide vom Beklagten abgegebenen Erklärungen (Anlagen K10 und K12) sind unter auflösenden Bedingungen gestellt ("während der Dauer des Bestandes der einstweiligen Verfügung in Sachen K ./. Z_", "während der Rechtskraft der Unterlassungsverfügung wie einstweilig ergangen am 18.1.2011... sowie in der möglichen Hauptsache diesbezüglich"). Der Wirksamkeit einer Unterlassungsverpflichtungserklärung steht in der Rege! zwar nicht entgegen, "wenn sie unter der auflösenden Bedingung einer allgemeinverbindlichen, auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden eindeutigen Klärung des zu unterlassenden Verhaltens als rechtsmäßig abgegeben wird" (BGH, Urteil v. 1.10.1996, VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 127f). Eine solche Bedingung hat der Beklagte jedoch nicht formuliert. Die erste scheitert schon daran, dass es beim einstweiligen Verfügungsverfahren keine allgemeinverbindliche höchstrichterliche Rechtsprechung geben kann. Aber auch die zweite ist in sich bereits unklar, da eine einstweilige Verfügung nicht rechtskräftig wird, und es völlig ungewiss ist, ob es in dem in Bezug genommenen Verfahren eine Hauptsache geben wird.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1, 2 ZPO.

 

Der Festsetzung des Streitwerts liegt § 3 ZPO zugrunde.

Quelle: ZUM-RD 2012, 544-550 (red. Leitsatz und Gründe)



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