Zur Abgrenzung von Privatverläufern zu gewerblichen Verkäufern bei Ebay(-Kleinanzeigen)! (LG Mainz - 3 O 184/04)

Bei einer hohen Anzahl an Verkäufen sowie die Verwendung eigener AG, kann sich der Verkäufer bei Ebay (-Kleinanziegen) nicht darauf berufen, Privatverkäufer zu sein.


Nichtamtlicher Leitsätze des LG Mainz (Urteil vom 06. 07.2005 – 3 O 184/04):

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  1. Verkauft ein Verkäufer 252 Artikel im Zeitraum von 2 Jahren und 7 Monaten, so kann er sich nicht darauf berufen, Privatverkäufer zu sein.
  2. Für die Gewerblichkeit spricht ferner die Verwendung eigener Vertragsbedingungen (AGB), die u.a. eine Vertragsstrafe vorsehen, da dies im Geschäftsverkehr unter Privatleuten unüblich ist.

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Das Urteil (LG Mainz, Urteil vom 06. 07.2005 – 3 O 184/04) gibt es hier:

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

  

Der Beklagte ersteigerte von dem Kläger am 03.03.2004 über die Firma „e.“, einem Unternehmen, das Auktionen über das Internet durchführt, unter der Artikelnummer 2462347074 einen PKW der Marke Mercedes Benz 270 CDI zu einem Gebotspreis von EUR 23.850,00. In dem Zeitraum Oktober 2001 bis Mai 2004 hatte der Kläger unter dem Account „lotus-esprit 1“ 341 An- und Verkäufe getätigt. Der Kläger benutzte hierbei die Bezeichnung „PowerSeller“. Neben dem genannten Account benutzte der Kläger weitere e.-Accounts mit folgenden Pseudonymen: „style123“ mit insgesamt 28 Bewertungen, „expedient2002“ mit insgesamt 14 Bewertungen und „nnikolass“ mit insgesamt 376 Bewertungen.

 

Neben dem genannten PKW versteigerte der Kläger im Februar und März 2004 einen PKW der Marke Lotus Elise, einen Porsche Boxter 2.7l und einen BMW 528i.

 

In den Verkaufsbedingungen des Klägers hieß es: „Privatverkauf nach aktuellem EU-Recht. Spaßbieter werden nach Ablauf der 5-Tage-Frist rechtlich verfolgt und 20 % des Ersteigerungspreises in Rechnung gestellt!!!“.

 

Nach Besichtigung und einer Probefahrt weigerte sich der Beklagte, das Fahrzeug abzunehmen unter Hinweis auf vorliegende Mängel. Nachdem der Beklagte durch Schreiben des Klägers vom 09.03.2004 aufgefordert worden war, den PKW abzunehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 15.03.2004, er trete von dem Kaufvertrag zurück, weil sich das Fahrzeug nicht in dem vertraglich zugesicherten Zustand befunden habe.


Der Kläger beantragte die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von dem Beklagten gerügten Mängeln.

 

Da der Beklagte sich weiter weigerte, das Fahrzeug abzunehmen, veräußerte es der Kläger anderweitig. Als Schadensersatz macht er den Differenzbetrag zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem letztlich erzielten Kaufpreis geltend.


Der Kläger trägt vor,das Fahrzeug habe nicht die von dem Beklagten gerügten Mängel. Er habe bei dem späteren Verkauf nur einen Kaufpreis von EUR 17.500,00 erzielen können. Dem Beklagten stehe kein Widerrufsrecht nach §§ 355 Abs. 1, 312 d Abs. 1 BGB zu, weil er, der Kläger, kein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sei. Dass er bei seinem eigenen Account von Oktober 2001 bis Mai 2004 341 An- und Verkäufe getätigt habe, lasse nicht grundsätzlich darauf schließen, dass er ein Gewerbe betreibe. Er habe über e. immer wieder Kleinteile und sonstige Gegenstände verkauft, die er selbst in seinem Haushalt nicht mehr benötigt habe. Er sei auch immer wieder von Freunden, Bekannten und Familienangehörigen gebeten worden, über seinen e.-Account Verkäufe für dritte Personen durchzuführen. Die Fahrzeuge habe er für Freunde oder Verwandte verkauft. Er habe in dem fraglichen Zeitraum nur 252 Verkäufe getätigt.

 

Der Kläger beantragt,

  • den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.350,00 und
  • Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 18.03.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, der PKW sei mangelhaft gewesen, so dass er ihn nicht habe abnehmen müssen. Der Kläger sei Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, so dass ihm, dem Beklagten, als Verbraucher ein Widerrufsrecht nach §§ 355, 312 d Abs. 1 BGB zustehe.


Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

  

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Der Beklagte hat den mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag wirksam widerrufen. Der zwischen den Parteien online zustande gekommene Vertrag stellt einen Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB dar. Das Widerrufsrecht ist nicht nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen, da e.-Auktionen keine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB darstellen (BGH NJW 2005, 53).

 

Der Kläger ist als Unternehmer anzusehen. Nach § 14 BGB ist Unternehmer eine natürliche Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Eine gewerbliche Tätigkeit ist eine planvolle, auf gewisse Dauer angelegte, selbstständige und wirtschaftliche Tätigkeit, die nach Außen in Erscheinung tritt. Erfasst wird auch die nur nebenberufliche Tätigkeit (Palandt-Heinrichs, § 14 BGB, Rn. 1). Auf die Absicht einer Gewinnerzielung und auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht entscheidend an. Es genügt vielmehr jedes Verhalten, das überhaupt nur irgendwie inhaltlich dem der unternehmerischen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Dabei kommt es auf die objektive Qualität des Verhaltens an (Bamberger/Roth, § 14 BGB, Rn. 6).

 

Vorliegend spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kläger als Unternehmer gehandelt hat. Das Vorgehen des Klägers lässt auf ein typischerweise planmäßiges und auf Dauer angelegtes Handeln schließen.

   

Der Kläger hat eine Vielzahl von Rechtsgeschäften über die Internetplattform e. getätigt. Es trifft zwar zu, dass derjenige, der regelmäßige über eine Internetplattform Waren anbietet, damit nicht zugleich zwangsläufig dauerhaft planmäßig handelt. Es ist nämlich gerade in Kreisen der jüngeren Bevölkerung verbreitet, private Geschäfte über das Internet abzuwickeln (AG Detmold, Urteil vom 27.04.2004, 7 C 117/04, zitiert nach Juris). Vorliegend spricht der Beweis des ersten Anscheins jedoch dafür, dass der Kläger als Verkäufer gewerbsmäßig handelte. Schon die hohe Anzahl von Verkäufen, mindestens 252 in einem Zeitraum von zwei Jahren und siebe Monaten, kann als –wenn auch nicht als alleiniges - Indiz für ein planmäßiges Handeln gewertet werden. Hinzu kommt, dass der Kläger sich als PowerSeller bezeichnete. Als PowerSeller darf sich bezeichnen, wer kontinuierlich besonders viele Artikel verkauft oder ein hohes Handelsvolumen vorweisen kann. Zusätzlich müssen PowerSeller mindestens 100 Bewertungspunkte erhalten haben, von denen mindestens 98 % positiv sein müssen. Die Teilnahme an dem PowerSeller Programm ist freiwillig und kann jederzeit beendet werden. Der Kläger hat die Bezeichnung als PowerSeller folglich freiwillig gewählt und damit nach Außen den Anschein eines Profiverkäufers erweckt (AG Radolfzell, NJW 2004, 3342; LG Schweinfurt, Urteil vom 30.12.2003, 110 O 32/03, zitiert nach Juris; Teuber/Melber, MDR 2004, 186; Mankowski VuR 2004, 79). Schließlich kommt hinzu, dass der Kläger innerhalb eines kürzeren Zeitraums drei PKWs zum Kauf angeboten hatte. Auch dies indiziert eine planmäßige und auf Dauer angelegte Tätigkeit. Schließlich sind die von dem Kläger verwandten Versteigerungsbedingungen zu berücksichtigen, nach denen bei nicht fristgerechter Abholung eine rechtliche Verfolgung und eine Vertragsstrafe in Aussicht gestellt werden. Gerade Vertragsstrafen werden zwischen privaten Personen typischerweise nicht vereinbart.

 

Der Kläger hat den Anscheinsbeweis nicht erschüttert. Es trifft zu, dass der Anscheinsbeweis dann entkräftet werden könnte, wenn nur Gegenstände des persönlichen Gebrauchs von dem Kläger veräußert worden wären. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden. Der Kläger hat vorgetragen, es sei ihm nicht mehr gelungen, die Gegenstände zusammenzustellen, die er verkauft habe. Er habe jedoch ausschließlich persönliche Dinge verkauft, die er selbst nicht mehr gebraucht habe. Hierzu hat er Zeugenbeweis angeboten. Dem Beweisangebot kann nicht stattgegeben werden. Der Vortrag des Klägers ist insoweit unsubstantiiert. Die Vernehmung der Zeugen liefe auf einen Ausforschungsbeweis hinaus, weil die Art der versteigerten Gegenstände von den Zeugen dargelegt werden müsste. Dies wäre jedoch Aufgabe des Klägers

 

Auch der Hinweis, dass der Kläger weder ein Gewerbe angemeldet habe, noch bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig geführt werde, vermag den Anscheinsbeweis nicht zu erschüttern. Denn es liegt an dem Kläger, ob er sich bei den Behörden anmeldet oder nicht.


Der Widerruf des Kaufvertrages ist nicht verfristet, auch wenn man in der Rücktrittserklärung vom 15.03.2004 einen Widerruf nicht sieht. Der Widerruf ist jedenfalls im Schriftsatz des Beklagten vom 28.10.2004 erklärt worden. Die Frist des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, da dem Beklagten keine Widerrufsbelehrung erteilt wurde.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Quelle: NJW 2006, 783 (Leitsatz und Gründe)



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