Ausnahmsweise kann auch bei einer Vielzahl von Verkäufen ein Verkäufer bei Ebay (-Kleinanzeigen) als Privatverkäufer gelten, wenn er nur hobbymäßig verkauft.
Nichtamtlicher Leitsatz des LG München I (Urteil vom 07.08.2008 - 34 S 20431/04):
Ein Verkäufer bei eBay gilt noch als Privatverkäufer und nicht als gewerblicher Unternehmer, wenn er nur hobbymäßig verkauft und bisher nur insgesamt 82 Verkäufe getätigt hat, selbst wenn es sich um gleichartige Artikel handelt.
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Das Urteil (LG München I, Urteil vom 07.08.2008 - 34 S 20431/04) gibt es hier:
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 20.10.2004 wird zurückgewiesen.
- Der Berufungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens BGH VIII ZB 116/05.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Ersturteil Bezug genommen.
Der Berufungskläger verfolgt weiterhin die in der ersten Instanz abgewiesenen Forderungen auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 17.8.2003 für ein Toilettenhäuschen, das er bei dem Internetauktionshaus ebay von dem Beklagten zum Preis von Euro 2.247,00 ersteigert hat.
Er rügt mit seiner Berufung, dass das Amtsgericht München die Behauptung des Klägers, es handle sich um eine Nachahmung des Originals, als verspätet zurückgewiesen und kein Gutachten erholt habe. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags ist der Kläger der Ansicht, dass es sich um ein Fernabsatzgeschäft, bei dem der Beklagte als gewerblicher Händler aufgetreten sei, gehandelt habe und dass dieses mit Schreiben vom 7.9.03 wirksam widerrufen worden sei.
Außerdem weise das verkaufte Modellhäuschen Sachmängel auf. Es sei als Original verkauft worden. Tatsächlich handle es sich um einen Nachbau, der nicht von Märklin stamme. Es handle sich bei diesem Objekt um eine Fälschung, die nicht älter als 5 Jahre gewesen sei und die nachlackiert worden sei.
Im Übrigen sei der Kaufvertrag wegen Wuchers nichtig, da der bezahlte Preis völlig außer Verhältnis zum Marktwert stehe.
Der Berufungskläger beantragt,
- den Berufungsbeklagten unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts München vom 20.10.2004 zu verurteilen, an den Kläger Euro 2.247,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.9.2003 Zug um Zug gegen Herausgabe des Toilettenhäuschens mit Inneneinrichtung Märklin gem. dem als Anlage K1 vorliegendem Photo zu bezahlen. - hilfsweise: Die Revision wird zugelassen.
- Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte hinsichtlich der Herausgabe des Toilettenhäuschens mit Inneneinrichtung Märklin gem. Anlage K1 in Verzug befindet.
- Es wird festgestellt, dass die unter Ziffer 1 titulierte Forderung eine Forderung aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 850 f II ZPO darstellt.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen.
Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verweist er darauf, dass der Kläger selbst Unternehmer und kein Verbraucher sei. Der Kläger betreibe ein Gewerbe mit dem Handel von historischem Spielzeug. In ebay sei er vom 23.1.2001 bis 4.5.05 mit 1.212 Käufen und Verkäufen verzeichnet gewesen. Weiterhin trägt der Beklagte vor, dass er selbst nicht als Händler beteiligt gewesen sei. Er sei lediglich Kfz.-Händler, ein Zusammenhang mit dem ebay-Angebot bestehe nicht. Im Übrigen verweist der Beklagte auf die von ihm abgegebene Beschreibung des Objekts. Die vom Kläger behaupteten Eigenschaften habe er nicht zugesichert.
Entscheidungsgründe
Die Berufung war als unbegründet zurückzuweisen, da das Amtsgericht München den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Ergebnis zutreffend gewürdigt hat. Die von dem Kläger vorgetragenen Berufungsgründe rechtfertigen unter Berücksichtigung des in §§ 513, 529 ZPO vorgegebenen Prüfungsumfangs des Berufungsgerichts keine Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts. Auf die Urteilsbegründung des Amtsgerichts München wird Bezug genommen.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegt kein Geschäft nach dem Fernabsatzrecht vor. Der Kläger hat eingeräumt, im Nebenberuf mit antikem Spielzeug zu handeln. Ein Nachweis, dass der Beklagte hier im Rahmen eines Gewerbes aufgetreten ist, wurde nicht geführt. Der Beklagte hat dies in seiner Parteivernehmung vom 20.10.2004 verneint und seine Beschäftigung mit altem Spielzeug als Hobby geschildert. Nach der Anlage K2 war der Beklagte damals bei ebay nur mit 82 Umsätzen registriert. Insgesamt reichen die vorliegenden Umstände nicht für die Annahme aus, dass der Beklagte als Gewerbetreibender das streitgegenständliche Objekt in ebay angeboten hat.
II.
Eine Sachmängelhaftung nach §§ 434 ff BGB liegt nicht vor, da der Beklagte keine falschen Zusicherungen abgegeben hat. Ein arglistiges Handeln ist nicht erkennbar. Ein Haftungsausschluss nach § 444 BGB, wie er üblicherweise allen ebay-Umsätzen zu Grunde liegt, ist hier entsprechend dem Vortrag der Beklagtenseite vom 9.2.04, dem die Klagepartei nicht widersprochen hat, als konkludent vereinbart anzunehmen. Indes kommt es hierauf nicht entscheidend an, wenn man die Artikelbeschreibungen des Beklagten anhand des Sachverständigengutachtens des SV ... überprüft. Der SV ... hat einen kompetenten und sachlichen Eindruck gemacht. Das Gericht ist der Überzeugung, dass seine Begutachtung uneingeschränkt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden kann.
In der Artikelbeschreibung hat der Beklagte das Toilettenhäuschen als "Rarität" und "alt" beschrieben. Der SV ... hat im schriftlich Gutachten und bei seiner mündlichen Erläuterung wiederholt erklärt, dass es bei dem verkauften Objekt zwar um eine Replik aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts handelt, diese aber dennoch wegen ihrer Seltenheit eine Rarität darstellt. Zum Zeitpunkt des Verkaufs war das Toilettenhäuschen ca. 20 Jahre alt, es konnte daher als "alt" bezeichnet werden.
Die Tatsache, dass es sich ein Originalteil aus der Märklin-Produktion handelt, wurde von dem Beklagten nicht zugesichert. In der Titelzelle hat er hinter das Wort "Märklin" ein Fragezeichen gesetzt. Im weiteren Text ist nur von "vermutlich Märklin" die Rede. Hinzu kommt, dass der Beklagte auf die eMail-Nachfrage des Klägers vom 16.8.2003 am gleichen Tage vor Auktionsende mitgeteilt hat, dass er "sich mit Märklin nicht auskennt und nicht garantieren könne, dass alles Original ist" (Anlage K3). Weiterhin schrieb der Beklagte, dass ihm nicht bekannt ist, dass irgendetwas nicht Original sei, und dass ihm von Nachlackierungen nichts bekannt sei. Aus diesen Erklärungen des Beklagten ergibt sich eindeutig, dass er nicht für bestimmte Eigenschaften des Objekts einstehen wollte. Nachlackierungen, nach denen der Kläger ebenfalls gefragt hatte, hat der Sachverständige ... nicht bestätigt. Nach seiner Bewertung handelt es sich um einen gelungenen Nachbau im Originalzustand. Sachmängel nach § 434 BGB sind daher nicht nachgewiesen.
III.
Eine Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB besteht nicht. Zum einen fehlt es bereits auf allen subjektiven Elementen des § 138 Abs. 2 BGB bei beiden Vertragsparteien, zum anderen lassen die Besonderheiten einer ebay-Auktion die Annahme eines Missverhältnisses zwischen Leistung und Vermögensvorteilen nicht zu. Ausweislich der Anlage K2 hat der Beklagte das Toilettenhäuschen mit einem Startpreis von einem Euro angeboten. Außer dem Höchstgebot des Klägers lagen 37 weitere Gebote vor. Alle 38 Gebote haben schließlich ohne Einwirkungsmöglichkeit des Beklagten zu einem Zuschlagspreis von Euro 2.247,00 geführt. Es ist allein der Leichtsinn des Klägers, wenn er für eine Sache, die er nur anhand eines Internet-Fotos und der dürftigen Beschreibung des Verkäufers auf ihren Wert überprüfen kann, ohne Vereinbarung eines Rückgaberechts Euro 2.247,00 bietet. Vor solchen Risikogeschäften kann ihn das Zivilrecht nicht schützen. Im Übrigen hat der Sachverständige ... den Wert im August 2003 auf Euro 800 bis Euro 1.000 geschätzt. Ob sich daraus ein auffälliges Missverhältnis im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB ergibt, kann dahin stehen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Nach der Rechtsbeschwerdeentscheidung des BGH war hier auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden.
V.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10 und 713 ZPO.
VI.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung berührt.
Quelle: ZUM-RD 2009, 360-361 (red. Leitsatz und Gründe)
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