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ebay-Recht: Wenn die Themen "Abbruchjäger" und "shill bidding" zusammenkommen! - Entscheidung des LG Münster

Das Landgericht Münster hatte in einem von uns vertreten ebay-Rechtsstreit über mehrere Themen zu entscheiden. So setzte es sich mit dem Rechtsmissbrauch eines "Abbruchjägers" und eines "Hochbieters" (shill bidding) auf der anderen Seite auseinander. (LG Münster, Urteil vom 06.05.2019 - 010 O 130/18)


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Unser Mandant bot bei ebay ein Wagen als Verkäufer an. Hierbei benutze er de Account seines Vater. Er starte die Auktion mit 1 €. Um einen gewissen mindestpreis zu sichern, setze er über seinen eigenen (Zweit-)Account ebenfalls Gebote ab. Während der Auktionslaufzeit wurde er von einem Dritten gewahrnt, dass bei der Auktion vermutlich deutschlands größter "Abbruchjäger" mitbiete vor dem bereits auf RTL gewarnt wurde. Aus Angst betrogen zu werden, brach der Mandant sodann die Auktion zu einem Zeitpunkt ab, als er mit seinem Zweitaccount Höchstbieter war. Da unser Mandant sich weigerte, an die Gegenseite den Wagen für 3,50 € zu übereignen, kam es wie es kommen musste:

 

Die Gegenseite machte ihreAnsprüche geltend und führte ein Verfahren gegen den Inhaber des Verkäufer-Accounts, also gegen den Vater unseres Mandanten. Diesen Vorprozess verlor die Gegenseite, weil sienämlich den falschen verklagte: den Vater unseres Mandanten.

 

In einem zweiten Prozess verklagte der Käufer nunmehr unseren Mandanten auf Schadensersatz wegen des nicht übereigneten Wagen und auch auf Zahlung der Kosten, die der Gegenseite in diesem Vorprozess entstanden sind.

LG Münster: Hohe Voraussetzungen um jemanden der Abbruchjagd zu überführen!

Wir argumentierten, dass die Gegenseite ein Abbruchjäger sei und es dem mutmaßlichen Abbruchjäger gar nicht um den Kauf ginge, sondern nur darum Schadensersatzansprüche bei einem vorzeitigen Abbruch zu generieren. Obwohl wir darlegten, dass die Gegenseite pro Jahr unzählige Gebote im Gesamtvolumen von mehreren Millionen Euro bot und bei Abbrüchen sodann regelmäßig Rechtsstreits führt, die sich im Jahre 2013 und 2014 auf ingesamt rund 160.000 € belaufen haben, vermochte das LG Münster unsere Einschätzung nicht teilen.

 

Es stellte fest, dass die Gegenseite, also der Kläger trotz alldem kein "Abbruchjäger" sei. Im Übrigen sei unser Mandant ohnehin nicht schutzbedürftig, weil er die Auktion widerrechtlich mittels eines Zweitaccounts hochgeboten habe.

 

Das Gericht traf folgende Aussagen:

"Im Ergebnis kann diese Frage dahinstehen. Der Beklagte kann sich vorliegend jedenfalls aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht auf eine eventuelle Nichtigkeitsfolge berufen, da er seinerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen hat, vgl. § 242 BGB.

 

[...]

 

Der Beklagte handelte vorliegend selbst rechtsmissbräuchlich. Rechtsmissbrauch ist eine anerkannte Fallgruppe des Grundsatzes von Treu und Glauben (a.a.O., Rn. 128). So hat der Beklagte durch die Abgabe von Geboten auf das durch ihn selbst angebotene Fahrzeug mit einem anderen Account gegen § 3 Nr. 3 der eBay-AGB verstoßen, wonach „es verboten [ist] durch Verwendung mehrerer eBay-Konten oder im Zusammenwirken mit anderen Nutzern die Preise eigener oder fremder Angebote zu manipulieren oder eigene Artikel zu kaufen". Dabei ist es letztlich unerheblich, dass diese Gebote nach rechtlicher Wertung unwirksam sind und bei einer gerichtlichen Geltendmachung gerade nicht den Kaufpreis erhöhen. So ist der Regelung eine präventive Grundausrichtung zu entnehmen. Es soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass solche Eigengebote - wie vorliegend – nach außen in der Regel zunächst nicht erkennbar sind und sich das Risiko einer gerichtlichen Geltendmachung in einem unbilligen Maße in die Sphäre des Vertragspartners verlagert. Weiterhin ist zu beachten, dass Eigengebote sich auch gegenüber anderen Auktionsteilnehmern und eBay-Nutzern auswirken können, die am Ende nicht Vertragspartner werden, etwa indem sie durch die Abgabe höherer Gebote abgeschreckt werden. Der Beklagte hat vorliegend selbst vorgetragen, dass die Eigengebote gerade zu dem Zweck abgegeben wurden, die Auktion für den Kläger durch höhere Gebote uninteressant zu machen."

 

- LG Münster, Urteil vom 06.05.2019 - 010 O 130/18

(Die gerichtliche Entscheidung finden Sie unten auf dieser Seite!)

 

Gegen die vorbezeichnete Entscheidung des LG Münster legte der Beklagte Berufung ein. Das Berufungsurteil des OLG Hamm finden Sie hier:


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Das Urteil des LG Münster (Urteil vom 06.05.2019 - 010 O 130/18) gibt es hier:

 Tenor:

  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.796,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.03.2015 aus einem Betrag i.H.v. 4.000 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem weiteren Betrag i.H.v. 796,50 EUR seit dem XX.07.2018 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 444,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.07.2018 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 413,64 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.07.2018 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.682,42 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.04.2018 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.349,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.02.201 8 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 538,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem X.02.2018 zu zahlen.
  • Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Gronau vom XX.11.2017 (AZ: 12 C 60114) herauszugeben.
  • Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
  • Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem nicht durchgeführten Kaufvertrag nach einer eBay-Auktion sowie wegen auf dieser Grundlage vom Kläger gegen einen Prozessgegner, der nicht Partei dieses Kaufvertrages war, erfolglos - auf Erfüllung gerichtete -geführter Rechtsstreitigkeiten.

 

Der Beklagte bot am XX.09.2014 auf der Online-Auktionsplattform eBay unter dem Account seines Vaters, Herrn XXX XXX, mit dem Pseudonym „XXX“ und der Artikelnummer XXXXX ein Fahrzeug der Marke Audi TT 1,8T quattro zum Verkauf an. Der Wert des Fahrzeugs betrug zu diesem Zeitpunkt 4.800 EUR.

 

Der Startpreis betrug 1,00 EUR. Einen Mindestpreis legte der Beklagte nicht fest. Der Kläger, jedenfalls zwischenzeitlich Inhaber mehrerer Accounts auf Ebay, gab unter dem Benutzernamen „XXX“ ein sogenanntes Maximalangebot von 4.797,00 EUR ab. Dieses Angebot stellte den Höchstpreis dar, den der Kläger zu zahlen bereit war. Dieser wurde jedoch nicht von Anfang an geboten, sondern durch das automatische System von eBay in vorgegebenen Schritten, deren Größe abhängig von der gebotenen Summe ist, erhöht, sobald ein anderes höheres Gebot vorliegt.

 

Ein Dritter gab unter dem anonymisierten Pseudonym „p***p" ein Gebot von 3,00 EUR ab. Unter Einbeziehung des automatischen Erhöhungsschrittes erhöhte sich das Gebot des Klägers daraufhin auf 3,50 EUR. Der Beklagte wurde - was der Kläger mit Nichtwissen bestreitet - von einem anderen Ebay-Nutzer davor gewarnt, dass es sich beim Kläger um einen sogenannten „Abbruchjäger" handelt, der aus einem unberechtigten Abbruch der streitgegenständlichen Auktion Schadensersatzansprüche herleiten will.

 

 

Daraufhin gab der Beklagte unter seinem anonymisiert dargestellfen Account „p*"l" ein höheres Gebot für das von ihm selbst angebotene Fahrzeug ab. In der Folge überboten sich Kläger und Beklagter solange, bis das Maximalgebot des Klägers übertroffen und der Beklagte selbst mit einem Gebot von 4.807,00 EUR Höchstbietender war. Sodann brach der Beklagte - was der Kläger ebenfalls bestreit -die Auktion vorzeitig ab.

 

Gemäß der während der Auktion gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay „gibt ein Verkäufer durch das Einstellen eines Artikels im Auktionsformat ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags Ober diesen Artikel ab" (§ 6 Nr. 2). Gem. 5 6 Nr. 5, 6 „nimmt der Käufer das Angebot durch Abgabe eines Gebots an. Die Annahme erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Käufer nach Ablauf der Angebotsdauer Höchstbietender ist. Ein Gebot erlischt, wenn ein anderer Käufer während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Verkäufer kommt zwischen diesem und dem Höchstbietenden ein Vertrag zustande, es sei denn der Verkäufer war dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen".

 

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten in § 3 Nr. 3 und § 4 Nr. 5 Regelungen zur Abgabe von Geboten auf selbst eingestellte Waren und für den Fall der Sperrung eines Nutzers, auf die in den Entscheidungsgründen näher eingegangen werden soll. Die Anmeldung erfolgt gern. § 2 Nr. 1 durch Einrichtung eines Benutzerkontos. Bei der Anmeldung sind die eigenen Personalien anzugeben. Eine generelle Überprüfung dieser Daten durch eBay erfolgt nicht.

 

In der Folge forderte der Kläger den Inhaber des Accounts „XXX“, der das Fahrzeug angeboten hatte, unter Verweis auf das in den AGB festgeschriebene Verbot, Gebote auf selbst angebotene Artikel abzugeben, unter Fristsetzung zur Erfüllung des Kaufvertrages auf. Die Differenz zwischen dem Wert des Fahrzeugs (4.800 EUR) und dem Höchstgebot des Klägers unter Herausrechnung der Erhöhung durch Gebote des Beklagten (3,50 EUR) betrug 4.796,50 EUR Dabei ging der Kläger davon aus, mit dem Namensträger des Accounts, also Herrn XXX dem Vater des hiesigen Beklagten, zu kommunizieren. Der Beklagte klärte zu diesem Zeitpunkt und auch während der Verfahren vor dem AG Gronau und LG Münster nicht darüber auf, dass er selbst der Anbieter des Fahrzeugs war. Das Fahrzeug wurde in der Folge nicht an den Kläger übergeben und übereignet.

 

Daraufhin erhob der Kläger vor dem Amtsgericht Gronau am XX.10.2014 Klage auf Erfüllung des Kaufvertrages gegen den Vater des hiesigen Beklagten, Herrn XXX, auf dessen Namen der Account des Anbieters des Fahrzeuges lautete. Der Kläger erklärte innerprozessual mit Schreiben vom XX.12.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem hiesigen Beklagten wurde mit Schriftsatz vom XX.01.2015 der Streit verkündet und mit Schriftsatz vom XX.02.2015 außergerichtlich der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.

 

Der Vater des Beklagten wurde durch das AG Gronau zunächst antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz sah es das LG Münster (AZ: 3 S 291/16) jedoch als

erwiesen an, dass nicht der Vater des hiesigen Beklagten, Herr XXX, sondern der hiesige Beklagte selbst das Fahrzeug angeboten hatte und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das AG Gronau zurück. Dieses wies die Klage gegen Herrn XXX folglich mit Schlussurteil vom XX.06.2017 ab.

 

Dem Kläger entstanden folgende Kosten:

 

- Anwaltskosten für die Verfahren vor dem AG Gronau und LG Münster i.H.v. 1.682,42 EUR. Der Kläger hat den Beklagten diesbezüglich mit Schriftsatz vom XX.02.201 8 unter Fristsetzung bis zum XX.04.201 8 zur Zahlung aufgefordert.

 

- außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zur Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag gegenüber dem hiesigen Beklagten i.H.v. 413,64 EUR.

 

- Gerichtskosten für das Verfahren vor dem AG Gronau i.H.v. 534,00 EUR. Der Kläger hat den Beklagten diesbezüglich mit Schriftsatz vom XX.02.2018 unter Fristsetzung bis zum XX.02.201 8 zur Zahlung aufgefordert.

 

- Zahlung an den Vater des hiesigen Beklagten aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Gronau vom XX.01.2018 i.H.v. 1.349,66 EUR. Der Kläger hat den Beklagten diesbezüglich mit Schriftsatz vom XX.01.2018 unter Fristsetzung bis zum XX.02.201 8 zur Zahlung aufgefordert.

 

Gegenüber einer durch Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Gronau vom XX.11.2017 (AZ: s. oben) festgesetzten Zahlung des Klägers von 1.747,64 EUR an den Beklagten des hiesigen Verfahrens hat der Kläger die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegen diesen in gleicher Höhe erklärt.

 

Der Kläger hat am XX.07.2018 Klage erhoben.

 

Der Kläger ist der Ansicht, zwischen dem Beklagten und ihm sei ein Kaufvertrag über das vorbenannte Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 3,50 EUR zustande gekommen. Die durch den Beklagten auf das von ihm selbst angebotene Fahrzeug abgegebenen Gebote seien unwirksam (sogenanntes „shill bidding"). Der Kläger behauptet weiterhin, ihm seien erstmalig und einmalig am 02.12.2014 - und damit erst einige Monate nach Abschluss der streitgegenständlichen Auktion - drei von ihm geführte Accounts durch eBay gesperrt worden. Möglicherweise vor der Auktion gesperrte Accounts seien weder von ihm angelegt noch genutzt worden.

 

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, der Beklagte müsse für die aus den Rechtsstreitigkeiten vor dem AG Gronau und LG Münster resultierenden Kosten aufkommen. Hierzu trägt er vor, der Beklagte habe die wahre Identität des Accountinhabers auf Anbieterseite bewusst verschleiert und dadurch rechtswidrig und treuwidrig einen Rechtsstreit gegen den vermeintlichen Accountinhaber, seinen Vater Herrn XXX, provoziert. Er behauptet ferner, ihm seien durch die mündlichen Verhandlungen vor dem AG Gronau und LG Münster durch Anfahrt und Verdienstausfall für den XX.03.2015 und XX.12.2016 Kosten von 864,00 EUR entstanden.

 

Der Kläger beantragt,

 

  1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag i.H.v. 4.796,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.03.2015 aus einem Betrag i.H.v. 4.000 EUR sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem weiteren Betrag i.H.v. 796,50 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  2.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i.H.v. 864,00EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  3.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i.H.v. 413,64 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  4. den Beklagten 'zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i.H.v. 1.682,42 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.04.2018 zu zahlen,
  5.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i.H.v. 1.349,66 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.02.2018 zu zahlen,
  6.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag i.H.v. 538,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.02.2018 zu zahlen,
  7.  den Beklagten zu verurteilen, an ihn die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Gronau vom XX.11.201 7 (AZ: 12 C 60/14) herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Der Beklagte ist der Ansicht, seine Gebote auf das von ihm selbst angebotene Fahrzeug seien wirksam. Hierzu trägt er vor, die Gebote seien nicht in Bereicherungsabsicht abgegeben worden, um den Kaufpreis für das Fahrzeug zu erhöhen. Vielmehr hätten die Gebote dem eigenen Schutz vor dem Geschäftsmodell des Klägers gedient. Demnach sei der Kläger bei Abbruch der Auktion nicht Höchstbietender gewesen. Der Beklagte ist daher der Ansicht, zwischen dem Kläger und ihm sei kein Kaufvertrag über das Fahrzeug zustande gekommen.

 

Der Beklagte behauptet, die Accounts „CXXXl“ und „PsyXX3" seien vom Kläger genutzt und bereits am XX.10.2009 bzw. am XX.05.2009 durch Ebay gesperrt worden. Er ist der Ansicht, dass die Abgabe von Geboten durch einen bereits gesperrten Nutzer - auch mit anderen Accounts - aufgrund eines Verstoßes gegen die AGB von eBay generell unwirksam sei. Dies gelte insbesondere auch für die durch den Kläger bei der streitgegenständlichen Auktion im Jahr 2014 abgegebenen Gebote.

 

Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich und könne sich jedenfalls aus diesem Grund nicht auf Ansprüche aus der streitgegenständlichen Auktion berufen. Hierzu trägt er vor, es handele sich beim Kläger um einen sogenannten „Abbruchjäger", der bei Ebay-Auktionen Gebote auf eine Vielzahl von angebotenen Waren abgebe und dem es, in der Hoffnung auf vorzeitige unberechtigte Abbrüche der Auktionen durch die Anbieter, lediglich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ankomme. Allein durch eigene Recherche habe der Beklagte für die Jahre 2013 und 2014 demnach eine Reihe von Anbietern ermitteln und kontaktieren können, gegen die der Kläger Rechtsstreitigkeiten mit einem Gesamtstreitwert von Ca. 161.000 EUR führte. Der Beklagte ist aus diesem Grund auch der Ansicht, dass der Kläger im Hinblick auf eventuelle Kaufverträge schon gar keinen Rechtsbindungswillen aufgewiesen habe. Im Übrigen erklärte er die Anfechtung des Kaufvertrags.

 

Der Beklagte ist weiterhin der Ansicht, er müsse für die aus den Rechtsstreitigkeiten vor dem Amtsgericht Gronau und dem Landgericht Münster resultierenden Kosten nicht einstehen. Hierzu trägt er vor, die Auswahl der passivlegitimierten Partei eines Rechtsstreits liege allein im Verantwortungsbereich des Klägers, sodass sich eine falsche Auswahl als allgemeines Lebensrisiko darstelle.

 

 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

 

I.

 Der Antrag zu 1) ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 4.796,50 EUR als Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn er ist bei der eBay-Auktion mit seinem im Auktionsverlauf nicht mehr (wirksam) übertroffenen Gebot von 3,50 € Meistbietender gewesen. Dadurch ist zu diesem Preis über das angebotene Fahrzeug zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande gekommen, dessen gemäß $ 433 Abs. 1 BGB geschuldete Erfüllung der Beklagte trotz Fristsetzung unberechtigt verweigert hat. Kläger und Beklagter haben durch die vorbezeichnete eBay-Auktion einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB über das streitgegenständliche Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 3,50 EUR geschlossenen.

 

Nach gefestigter Rechtsprechung kommt ein Kaufvertrag im Rahmen einer bei eBay durchgeführten lnternetauktion nicht gemäß § 156 BGB durch einen auf ein abgegebenes Gebot erst noch eigens erklärten Zuschlag, sondern gemäß §§ 145 ff. BGB durch aufeinander bezogene korrespondierende Willenserklärungen der Parteien, Angebot und Annahme, bei Auktionsende zustande (vgl. BGH VIII ZR  13/01, BGH VIIIZR 375/103). Dabei richtet sich der Erklärungsgehalt der zu beurteilenden Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) auch nach den Bestimmungen über den Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der Teilnahme an der lnternetauktion zugestimmt haben (vgl. BGH VIII ZR 305110, BGH VIII ZR 244110).

 

Der Beklagte hat durch das Inserieren und Starten der Online-Auktion ein verbindliches Angebot zum Verkauf des vorbenannten Fahrzeuges i.S.d. § 145 BGB abgegeben, das auch für und gegen ihn selbst wirkt.

 

Dass dem Handeln des Beklagten nach dem objektiven Empfängerhorizont ein solcher Erklärungswert entnommen werden kann, zeigt auch ein Rückgriff auf § 6 Nr.2 der eBay-AGB, wonach das Einstellen eines Artikels rechtsverbindlichen Charakter haben soll. Diese Regelung ist maßgeblich zu berücksichtigen. Denn alle eBay-Nutzer nehmen sie praktisch rechtlich in ihren Willen auf, indem sie den AGB für die Freischaltung ihres Accounts zustimmen. Die Wirksamkeit des Angebots wird in einem solchen Fall nicht dadurch beeinträchtigt, dass erst mit Beendigung der Auktion der Vertragspartner feststeht. Es handelt sich insoweit um eine Willenserklärung an unbestimmte Personen („ad incertas personas", vgl. BGH NJW,2002, 363).

 

Das Angebot wirkt auch für und gegen den Beklagten selbst. Indern er das Fahrzeug über einen Account anbot, der den Namen seines Vaters, Herr XXX, als Inhaber auswies und damit ,,unter fremdem Namen" handelte, hat er gerade nicht diesen über die Regeln der Stellvertretung gern. §§ 164 ff. BGB verpflichtet. Diese sind im vorliegenden Fall einer Identitätstäuschung zwar anwendbar. Denn der Vertragspartner hat bei einer eBay-Auktion insbesondere aufgrund der systemintern abgegebenen Bewertungen, die u.a. Rückschlüsse auf die Verlässlichkeit eines Nutzers zulassen können, ein rechtliches Interesse an der Identität des Vertragspartners (vgl. BGH VIII ZR 289/09). Der Beklagte handelte hinsichtlich seines Vaters jedoch nicht mit Vertretungsmacht. Eine solche ergibt sich weder aus rechtsgeschäftlicher Vollmacht noch kraft Rechtsscheins. Insbesondere ist auch keine nachträgliche Genehmigung seitens des Vaters des Beklagten gegeben. Dieser hat - nach dem insoweit unbestrittenen - Vortrag des Klägers selbst in dem gegen ihn geführten Prozess vor dem AG Gronau mit dem grundlegenden Bestreiten von gegen ihn gerichteten Ansprüchen gerade deutlich gemacht, das Geschäft nicht gegen sich gelten lassen zu wollen.

 

Dieses Angebot auf Abschluss des Kaufvertrages hat letztlich auch der Kläger zu einem Kaufpreis von 3,50 EUR wirksam angenommen.

 

Zwar hat der Beklagte über seinen eigenen Account mit der Kennung „9***1“ n bei  vorzeitigem Abbruch der Auktion mit 4.807,00 EUR das Höchstgebot auf das von ihm selbst angebotene Fahrzeug abgegeben. Dieses Gebot ist jedoch -wie alle anderen vorliegend mit Bezug auf seinen eigenen Artikel abgegebenen Willenserklärungen - nicht wirksam.

 

Unter Berücksichtigung von § 6 Nr. 6 der AGB wäre an sich der Kaufvertrag mit dem Beklagten als zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden zustande gekommen. Insbesondere war der Anbieter auch nicht zum vorzeitigen Abbruch der Auktion berechtigt. Ein sich aus dem Anhang zur vorgenannten Bestimmung ergebender Grund, wie z.B. der Verlust des angebotenen Artikels, ist vorliegend nicht gegeben. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus dem pauschalen Vortrag, dass es sich bei dem Kläger um einen bekannten ,,Abbruchjäger" handele, der nur darauf spekuliere, den Abschluss eines Vertrages behaupten zu können. Letztlich ist dies die rechtliche Einordnung derartiger Online-Auktionen, die eBay durch die AGB näher ausgestaltet hat. Im Übrigen ergäbe sich nichts anderes bei einem regulären Auslaufen der Auktion.

 

Letztlich ist dieses Höchstgebot des Beklagten jedoch -wie alle anderen von ihm in der streitgegenständlichen Auktion abgegebenen Gebote - unwirksam. So ist nunmehr höchstgerichtlich entschieden worden, dass das auf der eBay-Internetplattform mit Eröffnung der Auktion erklärte Angebot eines Anbieters darauf angelegt sei, "einem anderen" als dem Anbieter die Schließung eines Vertrages anzutragen. Das Angebot kann deshalb nur durch einen vom Anbieter personenverschiedenen Bieter angenommen werden. Das über ein zweites Mitgliedskonto unzulässig auf ein eigenes Angebot abgegebene Gebot eines Anbieters (sog. „shill bidding") ist unwirksam und bleibt in der Reihe der abgegebenen Gebote unberücksichtigt. Ein regulärer Bieter muss es deshalb auch nicht übertreffen, um Meistbietender zu werden oder zu bleiben (vgl. BGH VIIII ZR 100/15). Eine andere Beurteilung ist vorliegend auch nicht aufgrund des daraufhin ausgerichteten Beklagtenvortrages geboten, dass die Abgabe der Gebote nicht dazu gedient habe, den Kaufpreis in die Höhe zu treiben und er daher nicht in Bereicherungsabsicht gehandelt habe, sondern es ihm vielmehr um den Schutz

eigener Interessen vor den „Machenschaften des Klägers als Abbruchjäger“ gegangen sei. So hat der BGH die Entscheidung insbesondere auch im Hinblick auf die vorbenannte rechtsdogmatische Erwägung des Erfordernisses einer Personenverschiedenheit von Verkäufer und Bieter gestützt. Für eine Betrachtung der inneren Beweggründe für die Abgabe solcher Gebote auf eigene Artikel bleibt dementsprechend kein Raum.

 

Der Kläger hat zu einem Kaufpreis von 3,50 EUR jedoch wirksam die Annahme erklärt. Nach obigen Ausführungen waren vorliegend neben allen Geboten des Beklagten auch alle durch den Kläger abgegebenen und über das Gebot von 3,50 EUR hinausgehenden Gebote unwirksam. Der Kläger musste die Gebote des Beklagten aufgrund von deren Unwirksamkeit gerade nicht kaufpreiserhöhend überbieten.

 

Der Kläger handelte bei der Abgabe des Gebotes mit Rechtsbindungswillen. Dies gilt insbesondere auch für den Fall, dass der Vortrag des Klägers dahingehend zugrunde zu legen wäre, dass es dem Kläger lediglich auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Folge einer unberechtigt abgebrochenen Auktion und gerade nicht um den Abschluss und die Durchführung eines Kaufvertrages ging. Eine Unwirksamkeit ergibt sich auch in diesem Fall nicht aus § 117 Abs. 1 BGB. Die Willenserklärung des Klägers wurde schon nach dem Vortrag des -für einen solchen Umstand darlegungs- und beweisbelasteten - Beklagten nicht in beiderseitigem Einvernehmen nur zum Schein abgegeben. Auch ergibt sich eine Unwirksamkeit nicht aufgrund eines Mangels an Ernstlichkeit aus § 118 BGB. Der Kläger konnte insbesondere auch aufgrund des Hinweises auf die Verbindlichkeit der Annahme in §

6 Nr. 5 der als Auslegungshilfe heranzuziehenden eBay-AGB nicht davon ausgehen, dass der Beklagte als Vertragspartner einen Mangel an Ernstlichkeit nicht verkennen würde. Außerdem setzt ein Auftreten als sogenannter „Abbruchjäger" durch Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gerade den Abschluss eines Schuldverhältnisses und damit die Rechtswirksamkeit der Willenserklärung voraus (vgl. OLG Hamm 28 U 199/13).

 

Der Wirksamkeit der Willenserklärung des Klägers steht vorliegend auch nicht die vom Beklagten vorgetragene vorherige Sperrung anderer dem Kläger zuzuordnender eBay-Accounts entgegen.

 

Im Ergebnis kann diese Frage dahinstehen. Der Beklagte kann sich vorliegend jedenfalls aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht auf eine eventuelle Nichtigkeitsfolge berufen, da er seinerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen hat, vgl. § 242 BGB.

 

Die Gebote des § 242 BGB stützen sich auf rechtsethische Anforderungen, insbesondere die Rechtstugenden der Verlässlichkeit und Redlichkeit (s. Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242, 1956, 20 Fn 39; BGH NJW 1987, 2808ff). Das Verhalten von Personen entspricht den Anforderungen von Treu und Glauben, wenn jede Partei so handelt, wie redlich und anständig denkende Menschen unter Beachtung der im konkreten Fall einschlägigen Verkehrssitte zu handeln pflegen. Jede Partei hat der anderen die „Treuen zu halten und deren gerechtfertigtes Vertrauen nicht zu enttäuschen oder zu missbrauchen (Böttcher in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 242 BGB, Rn.3).

 

Der Beklagte handelte vorliegend selbst rechtsmissbräuchlich. Rechtsmissbrauch ist eine anerkannte Fallgruppe des Grundsatzes von Treu und Glauben (a.a.O., Rn. 128). So hat der Beklagte durch die Abgabe von Geboten auf das durch ihn selbst angebotene Fahrzeug mit einem anderen Account gegen § 3 Nr. 3 der eBay-AGB verstoßen, wonach „es verboten [ist] durch Verwendung mehrerer eBay-Konten oder im Zusammenwirken mit anderen Nutzern die Preise eigener oder fremder Angebote zu manipulieren oder eigene Artikel zu kaufen". Dabei ist es letztlich unerheblich, dass diese Gebote nach rechtlicher Wertung unwirksam sind und bei einer gerichtlichen Geltendmachung gerade nicht den Kaufpreis erhöhen. So ist der Regelung eine präventive Grundausrichtung zu entnehmen. Es soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass solche Eigengebote - wie vorliegend – nach außen in der Regel zunächst nicht erkennbar sind und sich das Risiko einer gerichtlichen Geltendmachung in einem unbilligen Maße in die Sphäre des Vertragspartners verlagert. Weiterhin ist zu beachten, dass Eigengebote sich auch gegenüber anderen Auktionsteilnehmern und eBay-Nutzern auswirken können, die am Ende nicht Vertragspartner werden, etwa indem sie durch die Abgabe höherer Gebote abgeschreckt werden. Der Beklagte hat vorliegend selbst vorgetragen, dass die Eigengebote gerade zu dem Zweck abgegeben wurden, die Auktion für den Kläger durch höhere Gebote uninteressant zu machen.

 

Der Beklagte hatte auch kein rechtlich schutzwürdiges Interesse für die Abgabe der Gebote auf einen eigenen Artikel. Der Einwand, es sei darum gegangen, sich „vor den Machenschaften des Klägers als Abbruchjäger zu schützen" greift im Ergebnis nicht durch. Ein bewusster Verstoß gegen die AGB des Nutzungsdienstes zur Umgehung der, wenn sie auch unerwünscht sein mögen, vorgesehenen Rechtsfolge vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dies gilt umso mehr deshalb, weil der Anbieter eines Artikels im Fall einer Online-Auktion nicht einseitig schutzwürdig ist. Vielmehr hat der Beklagte als Anbieter vorliegend das Risiko der Vereinbarung eines deutlich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreises selbst bewusst geschaffen, indem er von der Möglichkeit des Setzens eines Mindestpreises keinen Gebrauch machte. Auch hat er wirksame höhere Gebote durch die Abgabe der eigenen unwirksamen Gebote, die für das Halten des Höchstgebotes nach obigen Ausführungen nicht überboten werden mussten, sowie den vorzeitigen unberechtigten Abbruch der Auktion, verhindert (vgl. OLG Hamm 28 U 199/13).

 

Anfechtungsgründe sind nicht ersichtlich.

 

Der Beklagte hat vorliegend durch die nicht erfolgte Übergabe und Übereignung seine Leistungspflicht aus § 433 Abs. 1 BGB durch Nichtleistung verletzt. Der Kläger erklärte mit außergerichtlichem Schreiben vom XX.02.2014 gegenüber dem hiesigen Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Eine Fristsetzung war - nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag- wegen endgültiger Leistungsverweigerung gem. § 326 Abs.2 Nr.1 BGB entbehrlich. Die Geltendmachung von Schadensersatz ist durch den Rücktritt gerade nicht ausgeschlossen, vgl. § 325 BGB.

 

Der Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Gem. § 276 Abs. 1 S. 1 BGB umfasst das Vertretenmüssen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Das Vertretenmüssen wird vermutet, vgl. § 280 Abs. 1 S.2 BGB. Eine Exkulpation gelingt dem Beklagten vorliegend nach obigen Ausführungen nicht.

 

Der Kläger hat durch die Nichtleistung auch einen Schaden i.H.v. 4.796,50 EUR erlitten. Ein Schaden ist jede unfreiwillige Vermögenseinbuße. Diese ist im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB nach der sogenannten Differenzhypothese zu ermitteln, bei der die bestehende Güterlage einschließlich des schädigenden Ereignisses der hypothetisch ohne schädigendes Ereignis bestehenden Güterlage gegenübergestellt wird. Im Ergebnis kann der Kläger somit den Betrag verlangen, den das Fahrzeug bei einer fristgerechten Übereignung gehabt hätte (4.800,OO EUR), abzüglich des Kaufpreises, den er als zuletzt Höchstbietender hätte aufbieten müssen (3,50 EUR), mithin 4.796.50 EUR.

 

Der Anspruch ist auch nicht ausgeschlossen, insbesondere nicht aufgrund eines Verstoßes gegen Treu und Glauben, § 242 BGB. Zwar ist es durchaus denkbar, dass der klageweisen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen bei nicht berechtigter vorzeitiger Beendigung der Auktion unter Umständen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden kann, wenn es dem Teilnehmer der Auktion nicht um den Abschluss eines Kaufgeschäftes, sondern um die „Generierung“ von Schadensersatzansprüchen geht (vgl. OLG Rostock 1 U 90/13). Die bei dieser Entscheidung aufgestellten Maßstäbe sind auf den vorliegenden Fall jedoch nicht umfänglich übertragbar. Der Beklagte muss sich nach obigen Ausführungen seinerseits den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten lassen, da er durch die Abgabe von Geboten auf seinen eigenen Artikel bewusst und in erheblicher Weise gegen die Nutzungsbedingungen der Auktionsplattform verstoßen hat. Zudem war der Beklagte nicht einseitig schutzbedürftig, da er sich, z.B. durch das Setzen eines Mindestpreises, gegen das Risiko eines stark unter dem Marktwert liegenden Kaufpreises in ausreichendem Maße hätte schützen können (vgl. OLG Hamm 28 U 199/13).

 

Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.000,00 EUR seit dem 12.03.2015 ergibt sich gem. 288 Abs.1, 286 BGB. Der Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 796,50 EUR seit dem XX.07.2018 folgt aus § 291 S.l, 2 i.V.m. § 288Abs. 1 S. 2 BGB.

 

II.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten in Höhe von 444,00 EUR wegen der im Klageantrag zu 2) geltend gemachten Ansprüche aus §§ 280 Abc. 1, 241 Abs. 2 BGB.

 

Wie bereits oben festgestellt, ist zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag

zustande gekommen.

 

Nach § 241 Abs. 2 BGB sind die Beteiligten an einem Schuldverhältnis verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgütern und Interessen des anderen Teils zu nehmen. Der Beklagte hat durch die Nichtaufklärung über die Identität der das eBay-Benutzerkonto „XXX" nutzenden Person zum Anbieten des Fahrzeugs in der streitgegenständlichen Auktion ab dem XX.09.2014 und der unterlassenen Aufklärung des Beklagten in den Prozessen vor dem Amtsgericht Gronau und dem Landgericht Münster gegen diese Pflichten verstoßen. Bei der Anmeldung eines Nutzers bei eBay werden Angaben zur Person, wie etwa der Name, abgefragt. Diese sind für andere Nutzer über das jeweilige Konto auch einsehbar. Eine allgemeine Prüfung der Angaben durch eBay erfolgt dabei nicht. Für andere Nutzer muss es sich deshalb bei Fehlen anderweitiger Umstände so darstellen, dass die Person mit der angegebenen Identität hinter dem Benutzerkonto im Allgemeinen und einer konkreten Auktion im Besonderen steht. Eine eigene Nachprüfungsmöglichkeit besteht insoweit generell nicht. Für den Kläger war daher nicht erkennbar, dass das auf den Namen des Vaters des Beklagten lautende Benutzerkoto hier durch den Beklagten selbst genutzt wurde. Von einer Aufklärungspflicht ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich -wie vorliegend - ein anderer Nutzer meldet, um Ansprüche geltend zu machen. Möchte ein eBay-Nutzer Rechtsgeschäfte mittels einer Online- Auktion abschließen, trifft ihn auch die Verantwortlichkeit, seine Identität gegenüber Vertragspartnern offenzulegen. Die Aufklärung wäre dem Beklagten auch möglich und zur Vermeidung der gerichtlichen Geltendmachung gegenüber einer Person, die am Rechtsgeschäft letztlich nicht beteiligt war, vor dem AG Gronau und dem LG Münster als Berufungsinstanz auch zumutbar gewesen.

Der - im Kern durchaus zutreffende - Einwand des Beklagten, dass die Wahl der richtigen passivlegitimierten Partei eines Rechtsstreits grundsätzlich im Risikobereich des Klägers liegt, greift vorliegend nicht durch. Die Klage gegen eine Person, mit der kein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zustande gekommen ist, nämlich den Vater des hiesigen Beklagten, stellt vorliegend nicht die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos dar. Den Beklagten traf nach obigen Ausführungen nämlich eine Aufklärungspflicht über die wahre Identität. Die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus Online-Auktionen darf - mangels eigener Nachprüfbarkeit der wirklichen Identität von Vertragspartnern - insbesondere bei bewusstem Handeln unter dem Namen eines anderen nicht zum Nachteil eines Nutzers gereichen.

 

Der Kläger hat die Pflichtverletzung zu vertreten, da er bewusst über seine Identität getäuscht hat.

 

Dem Kläger ist in Folge ein Schaden entstanden. Dieser umfasst die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 420,oo EUR zu den Verhandlungen am XX.03.2015 und 06.12.2016 vor dem AG Gronau und LG Münster. Diese – vom Beklagten insoweit unbestrittenen - Kosten sind gem. § 91 Abcs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 5, 19 JVEG auch in diesem Umfang ersatzfähig. Dies gilt auch für die pauschale Aufwandsentschädigung für die beiden Tage in Höhe von 24,00 EUR. Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 S. 1, 2 i.V.m.§ 288 Abs. 1 S.1 BGB.

 

Der geltend gemachte Verdienstausfall in Höhe von 420,00EUR für diese beiden Tage ist hingegen zwar grundsätzlich gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 19, 22 JVEG, jedoch nicht im vorliegenden Fall ersatzfähig. Der Kläger hat insoweit über die reine Nennung seiner Tätigkeit als psychologischer Berater schon nicht substantiiert vorgetragen, dass er tatsächlich im entsprechenden Umgang einer solchen Tätigkeit nachgeht und ihm an diesen beiden Tagen ein entsprechender Verdienstausfall entstanden sein soll. Selbst wenn man hierfür den Nachweis einer Wahrscheinlichkeit genügen lässt, ist dieses Maß nach richterlicher Überzeugung vorliegend nicht erreicht. Dagegen spricht auch, dass mit jeweils zehn Arbeitsstunden ein identischer und hoher Wert und mit 21,00 EUR pro Stunde der gem. § 22 JVEG maximale Verdienstausfall pro Stunde angegeben wurden.

 

III.

Der Antrag zu 3) auf Zahlung von 413,64 EUR ist begründet. Die vorgetragenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind als Verzugsschaden i.S.v. § 286 BGB erstattungsfähig. Der Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Beauftragung im Verzug mit der Leistungserbringung. Insbesondere war eine Mahnung gem. § 286 Abs. 3 Nr. 3 BGB entbehrlich. Der geltend gemachte Betrag ist nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgerechnet worden und damit ersatzfähig. Der Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem XX.07.2018 ergibt sich aus § 291 S.1, 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

 

IV.

Der Antrag zu 4) auf Zahlung von 1.682,42 EUR als Rechtsanwaltskosten für die Rechtsstreitigkeiten vor dem AG Gronau und LG Münster ist begründet. Der Anspruch ergibt sich nach obigen Ausführungen dem Grunde nach aus §§ 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB. Die Kosten sind im geltend gemachten Umfang ersatzfähig. Insbesondere war die Hinzuziehung eines Unterbevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich (§ 91 ZPO), weil dessen Kosten die fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH X ZB 40/04). Die Zinsentscheidung folgt aus 55 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S.1 BGB.

 

V.

Der Antrag zu 5) auf Zahlung von1.349,66 EUR in Folge der Zahlung an den Vater des hiesigen Beklagten aufgrund des Kostenfeststellungsbeschlusses des Amtsgerichts Gronau vom XX.01.2018 (AZ: 12 C 60/14) ist begründet. Ein solcher Anspruch ergibt sich gemäß obigen Ausführungen ebenfalls aus §§ 280 Abs. 1,241 Abs. 2 BGB. Der Kläger hat durch die Nichtaufklärung über die Identität des Accountnutzers seitens des Beklagten und den aufgrund dessen gegen eine nicht am streitgegenständlichen Kaufvertrag beteiligte passivlegitimierte Partei angestrengten Rechtsstreits einen Vermögensschaden erlitten. Denn der Kläger hat aufgrund des gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschlusses den genannten Geldbetrag an den Vater des hiesigen Beklagten gezahlt. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S.1 BGB.

 

VI.

Der Antrag zu 6) auf Zahlung von 538,00 EUR als Gerichtskosten des vor dem Amtsgericht Gronau gegen den Vater des hiesigen Beklagten geführten Rechtsstreits ist begründet. Auch dieser ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aufgrund der durch die Nichtaufklärung über die Identität des den betreffenden Account für das Anbieten des Fahrzeugs Nutzenden gegen die falsche passivlegitimierte Partei angestrengten Rechtsstreits. Die Gerichtskosten sind als allgemeine Verfahrensgebühr und Zeugenentschädigung in dem geltend gemachten Umfang nach dem RVG und GKG ersatzfähig. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S.1 BGB.

 

VII.

Der Antrag zu 7) auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Gronau vom 24.1 1.201 7 (AZ: 12 C 60/1 4) ist begründet. Der Anspruch folgt vorliegend aus § 371 BGB analog. Die Schuld des Klägers ist vorliegend durch die mit Schriftsatz vom XX.12.2017 außergerichtlich gegenüber dem Beklagten erklärte wirksame Aufrechnung mit einem eigenen Schadensersatzanspruch gegen diesen in selbiger Hohe vollumfänglich erloschen.

 

 

Eine Aufrechnungslage war im Zeitpunkt der Erklärung gegeben. Die Forderungen zwischen Kläger und Beklagtem waren zu diesem Zeitpunkt als Geldforderung insbesondere gleichartig und gegenseitig. Der Beklagte hatte aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschluss einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.747,64 EUR. Der Kläger hatte nach obigen Ausführungen durch die auf Seiten des Beklagten unterlassene Aufklärung über die eigentliche Identität des Anbieters des streitgegenständlichen Fahrzeuges und die darauf beruhende Auswahl des falschen Prozessgegners in den vor dem hiesigen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Gronau und dem Landgericht Münster geführten Rechtsstreitigkeiten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der durch den Beschluss festgesetzten Zahlung an den hiesigen Beklagten in Höhe von 1.747,64 EUR gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Die (Haupt-)Forderung des Beklagten war erfüllbar und die (Gegen-)Forderung des Klägers fällig und durchsetzbar.

 

Ein Ausschlussgrund, der einer Aufrechnung entgegensteht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

 

VIII.

Die Nebenentscheidungen zu Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92 Abc. 2 Nr. 1,709 ZPO.


(Anmerkung: Die vorbezeichnete Entscheidung ist anonymisiert, um die Prozessbeteiligten unkenntlich zu machen.)


Das Urteil zum Download gibt es Hier:

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LG Münster, Urteil vom 06.05.2019 - 010 O 130/18
veröffentlicht von Rechtsanwalt Sven Nelke
LG Münster, Urteil vom 6.5.19 - 010 O 13
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